Tja, was soll ich sagen?! Ich habe oft überlegt, wie ich es meinen Lesern gegebenenfalls einmal verkaufe, dass sich meine Mitbewohnerin von mir getrennt hat. Würde ich es schwer und öffentlich beweinen? Würde ich es ins Lächerliche ziehen? Würde ich Galgenhumor bemühen? Oder würde ich sie sang- und klanglos im Blog verschwinden lassen, ganz so, wie ich bereits mit anderen verfahren bin?

Wäre ein anderer Mann in ihrem Leben der Grund, würde ich es in meinen Texten sicherlich wutentbrannt, frei von Sinn und Verstand, ausschlachten. Wäre hingegen eine andere Frau in meinem Leben der Grund, würde ich es vermutlich verschweigen, um die dann Ex-Mitbewohnerin nicht noch bloßzustellen, wenn ich moralisch ohnehin auf der falschen Seite stünde, obwohl ein sich neu Verlieben ja rein physikalisch jederzeit möglich und kaum jemandem vorwerfbar ist. Doch das bleibt Theorie, denn die Gründe sind ja ganz andere.

Unsere Schlammschlacht nahm vor etwa zwei Wochen ihren Anfang, als ich die Küche aufräumte und schwer putzte, wie ich es einmal pro Woche tue, da ich Fan keimfreier Hygiene bin. Sterilität ist mein liebstes Habitat, auch wenn ich natürlich weiß, wie das manch Leser kommentieren wird. Ich sage direkt dazu: Ist mir egal. Einmal pro Woche wird alles auf Hochglanz gebracht, innen wie außen, Elektrogeräte entkalkt und durchgespült, sodass beispielsweise der erste Kaffee nach Spüli schmeckt und beim ersten Einschalten des Backofens die komplette Wohnung nach Backofenspray duftet. Erst dann fühle ich mich wieder wohl.

Was mich jedoch immer wieder in die Raserei führt, sind die leeren Marmeladengläser, die meine Mitbewohnerin zwar leert, aber nicht ausspült, bevor sie diese dann neben der Spüle aufgetürmt lagert. Es gibt im Haushalt zwei Handgriffe, die mich aggressiv machen: Das Wegräumen der frisch gewaschenen Bettwäsche in die Schubladen unter dem Bett (was immer ein rechtes Gewühle ist) sowie eben jenes Entfernen der noch auszuspülenden Gläser.

Hausarbeit ist bei uns sagenhaft gerecht aufgeteilt, ich passe hier nicht in das Klischee des Mannes, der Hausarbeit ablehnt. Nebenbei ist statistisch nachgehalten, dass es die Frauen sind, die chaotischer und dreckiger sind. Das hängt vermutlich mit dem miesen Orientierungssinn von Frauen zusammen, die beim Putzen die Orientierung verlieren und dann lieber Beeren sammeln gehen …

„Wenn du das Glas leerst, dann kannst du es doch auch kurz ausspülen und zu unserem Altglas stellen!“, schlug ich meiner Mitbewohnerin also sachlich vor, bevor sich dann der Wind umgehend drehte. Und zwar gegen mich.

„Das tue ich, sobald du die neuen Klorollen in die Halterung packst!“, erwiderte sie.

Verdammich, erwischt. Das tue ich tatsächlich nie, weil es mir zu anstrengend erscheint. Und fünf Jahre lang hat sich ja auch niemand darüber beklagt, dass ich auf der Toilette derart zeitsparend verfahre: Sitze ich also da, fertig und zufrieden, reiße ich mit meiner rechten Hand an dem Klopapier, worauf sich teilweise nur noch ein, zwei Blättchen von der Rolle lösen. Diese leere Rolle lasse ich in der Halterung hängen, da es mir zu unverhältnismäßig erscheint, sie herauszunehmen, um sie zu entsorgen. Im Damen-Mülleimer. Steht alles rechts und links vom Klo, an sich keine langen Wege, die ich da überwinden müsste. Aber! Mein primärer Wunsch ist ja der Abwischvorgang, für den mir eine leere, entsorgte Rolle ja nichts bringt, sodass ich direkt in das Schränkchen unter dem Waschbecken greife, wo großzügig Reserverollen gestapelt sind wie im Nebenraum die leeren Gläser. Und jeder weiß ja, dass es enorm kraftraubend sein kann, den „Anfang“ einer frischen Rolle zu lösen, ohne dass es die komplette Rolle zerfetzt. Habe ich das erst einmal geschafft, fehlt mir schlicht die Kraft, die neue Rolle in die Halterung zu befördern, zumal da ja noch eine alte, leere Rolle rumhängt. Also stelle ich die neue Rolle auf jenes Schränkchen unter dem Waschbecken. Fünf Jahre lang kamen mir in Bezug auf dieses Vorgehen keine Klagen!

Aber so sind Frauen! Sie sehen das, merken sich das – und kramen diesen Vorwurf plötzlich und unerwartet (was ein weißer Schimmel ist) hervor, wenn sie Pulver brauchen, nachdem ihr Gegner, der Mann, seines verschossen hat.

Gut, ich erkannte also, dass aus meiner Offensivposition eine eher defensive geworden ist und so einigten wir uns darauf, dass sie die Gläser ab sofort entsorgt und ich eben die leeren Rollen (Ich lasse jetzt immer ein Blatt übrig, um sagen zu können, sie sei nicht leer gewesen …).

Bis zu diesem Punkt war unsere Beziehung noch nicht gefährdet. Doch dann, dann meinte ich, meine Ernährung umstellen zu müssen, was ungeahnte Folgen haben sollte. Denn ein Aspekt meiner Proteinfresserei ist der Quarkkonsum. Jeden Morgen mische ich mir einen Magerquark an. Mal mit Kirschen, mal mit Mango, manchmal noch gepimpt mit „Impact Whey Protein“ oder „Protein Crispies“. An sich albern, da Quark an sich schon eine Proteinbombe ist, aber viel hilft eben viel. Das ist insgesamt schnell gemacht, zumal ich dadurch Zeit spare, dass ich benutztes Equipment nicht zumindest zum Einweichen in die Spüle lege. Und Quarkreste erweisen sich als erstaunlich hartnäckig einmal angetrocknet.

Das bekomme ich aber nie so richtig mit, denn sie, meine Mitbewohnerin, ist diejenige, die sich dann abends – oder gar am nächsten Morgen – damit konfrontiert sieht. Aber mich nervt es eben, diesen Pürierstab abzuspülen und am nächsten Morgen ist er ja kurioserweise immer wieder sauber, sodass ich die Notwendigkeit gar nicht sehe, da Hand anlegen zu müssen.

Sowas machen Frauen nicht so lange mit wie Männer ungespülte Gläser, was ich gestern Abend erleben durfte:

„Seppo, spül dein Quarkgedöns morgens doch schnell ab, wenn ich das abends immer machen muss, ist das ein ungeahntes Geraffel! Sowas wird schnell mal zu einem Trennungsgrund! Und wenn wir schon einmal dabei sind, könnten wir die Mülltrennung noch einmal durchgehen. Verpackungen und Dosen …“

„Nix Verpackungen und Dosen! Wenn kein ‚Grüner Punkt‘ auf irgend etwas drauf ist, dann werfe ich es auch nicht in den ‚Gelben Sack‘!“

„Aber hier auf dieser Dose zum Beispiel …“

„Da ist kein Grüner Punkt drauf!“

„Doch, weil du ja das Etikett abgemacht hast!“

„Auf dem wiederum war wirklich ein Grüner Punkt! Entsprechend habe ich es entsorgt! Aber auf der Dose selbst war kein Grüner Punkt! Das ist Filigran-Mülltrennung!“

Nun möchte ich unbedingt erwähnen, dass bei uns beiden die Mülltrennung nicht oberste Priorität hat, doch leider haben wir einen Nachbarn, Herrn Fahrgescheit, der die häusliche Mülltrennung unangenehm genau überwacht und entsprechende Hinweiszettel in den Flur hängt. Vor eineinhalb Jahren war das bereits Thema im seppolog, wie hier nachzulesen ist. Damals stand auf einem Zettel an der Tür zum Keller geschrieben:

Liebes Mieter! [sic!] Leider kommt es immer wieder vor, daß der Hausmüll nicht richtig getrennt wird. Die Tonnen werden bei Abfuhr auf ihren Inhalt kontrolliert und bei nicht korrekter Trennung nicht abgeholt. Auf Dauer stapelt sich der Müll und entwickelt unangenehme Gerüche. Bitte achten sie künftig auf richtige Einordnung des Mülls.

Herr Fahrgescheit setzt aber inzwischen auf direkte Ansprache der Mieter, was meine Mitbewohnerin nicht ganz zu Unrecht nervt.

Nach mehr als zwölf Jahren konfliktfreier Beziehung steht diese nun erstmals auf dem Spiel. Es sei denn, mir fällt noch etwas ein, was ich ihr vorwerfen könnte, denn momentan steht es eins zu zwei für sie. Aber ich werde schon etwas finden!