Ich liebe Münster. Ich schätze Düsseldorf. Und künftig wird sich auch zu Berlin ein Verhältnis finden. Denn die Hauptstadt ruft nach einem Westfalen und den bekommt sie. Mit meiner unnachahmlich offenen Art, auf Menschen zuzugehen, werde ich ab kommender Woche drei Siebtel meines künftigen Daseins im Schatten der Weltpolitik wirken, ganz im Lichte neuer Scheinwerfer. Ich werde dort ein bewegender Teil von Bewegtbild sein, das auf allen denkbaren Kanälen verfügbar sein wird. „Berlin ruft Seppo“ ist die neue 400-teilige Blog-Saga, die meinen Weg in die Hauptstadt (und die jeweiligen Rückwege) permanent als Live-Ticker begleiten wird. Was wir wissen, was wir vermuten, was wir nicht wissen: hier im seppolog! Ab heute.


Episode I: Kopie eines Lebens

In einer Woche geht es los, im Laderaum eines „Sprinters“ werde ich über die deutsch-deutsche Grenze gebracht, um künftig in Spandau mit meinem Expertenwissen einem großen Team, dessen Mitglied ich sein darf, zur Verfügung zu stehen. Einen Teil der kommenden Wochen und, so Gott will, Monate, Jahre gar!, werde ich zusammen mit vier Kollegen in einem Haus in einem Nobelviertel Berlins leben. Die Details, Hinter- und -Gründe will ich dem Leser bei gegebener Cait mitteilen, denn heute geht es hier um die Vorbereitungen auf diesen halben Umzug; um die Kopie meines Daseins, was einen simplen Grund hat: Ich werde das Leben, das ich in Düsseldorf führe, eins zu eins in Berlin fortsetzen, dort also eine Kopie dessen erstellen. Mit einer Einschränkung: Meine Mitbewohnerin lässt sich leider nicht kopieren, sie bleibt ein Unikat.

Dem Leser dürfte aus den Ohren heraushängen, dass ich Kraftsport mit Fremdgewichten betreibe. Jener mit Eigengewicht ist im Übrigen zwar sinnvoll, aber mitunter – je nach Ziel – überschätzt. Das dem Gewichtstemmen Implizite ist – natürlich – das hohe Gewicht der Gewichte, woraus sich außerhalb des Trainings ein Transportproblem ergibt: Wie transportiere ich jede Woche drei Paar Kurzhanteln, eine Langhantel, eine Kettlebell, drei Biegehanteln, einen Bauchroller, zwei Liegestützgriffe und einen Expander von Düsseldorf nach Berlin und wieder zurück?!

Gar nicht. Man schleppte sich nur tot, ich würde im Grunde von einem nervigen Geraffel sprechen, die Diskussion aber nicht unnötig anheizen wollen.

Vergangene Woche teilte ich meiner Mitbewohnerin also mit:

„Ich brauche dich.“

„Ich dich auch!“

„Nein. Also ja, das auch, aber ich brauche dich am Samstag. Wir fahren in die Stadt, ich kaufe eine komplette zweite Sportgeräte-Kollektion für Berlin. Ich werde da unter cainsten Umständen auf meinen Sport verzichten. Ich brauche dich zum Schleppen.“

Nun kann man ja solche Dinge auch online bestellen und das Schleppen den DHL-Boten überlassen. Nachdem ich jedoch die durch das Gewicht entstehenden Versandkosten kurz überschlagen hatte, war mir klar, ich kaufe doch besser analog. Vergangenen Samstag ging es also darum, drei Hantelpaare à 15 Kilogramm sowie eine Hantelkugel mit 16 Kilogramm an Gewicht zu besorgen. Und sowas kostet, man macht sich keine Vorstellungen. Denn wofür zahlt man eigentlich? Für Dinge, deren einziger Zweck es ist, schwer zu sein. Das allerdings sind einmalige Kosten, sage ich mir in solchen Momenten, Vereinssport ist auf Dauer immer teurer. Also haute ich gestern mein Geld nur so raus.

Warum eigentlich drei Hantelpaare?!, mag sich manch einer fragen und als Antwort bekommen, dass ich ein sehr schweres, ein mittelschweres und ein eher leichtes Paar brauche, die jeweils für unterschiedliche Muskelgruppen beziehungsweise Übungen relevant werden, sodass ich die vorhandenen 36 Hantelscheiben also ungleich auf die einzelnen Paare verteilen werde – und zwar dergestalt, dass ich in meinem Zweitwohnsitz (der formal aber keiner ist) eine ebenbürtige Sportausrüstung haben werde.

Der Einkauf solcher schweren Konsumgüter muss gut durchdacht sein und der Düsseldorfer stationäre Handel kommt mir da sehr entgegen, liegt doch „Karstadt Sport“ oder „Sport Karstadt“ direkt in dem Gebäude des „Kaufhofs“ und nicht im gegenüberliegenden „Karstadt“. Das mag historisch so gewachsen sein oder einfach nur unsinnig, so oder so, es kam mir entgegen, da ich auf dem Dach des Kaufhofs ideal parken, den Aufzug zum Karstadt Sport oder Sport Karstadt nehmen konnte und auf diese Weise kurze Wege ermöglichte, die meine schleppende Mitbewohnerin dann mit Hantelkoffern bepackt zurücklegen musste.

Wegen eines Holzsplitters im rechten Zeigefinger konnte ich selbst sie dabei leider nicht unterstützen, so sehr ich das auch wollte. Doch ganz nutzlos war ich nicht, habe ich sie immerhin tatkräftig angefeuert, als sie unter der Last von insgesamt unhandlichen 50 Kilogramm kurz vor dem rettenden Auto-Kofferraum zusammenbrach. Natürlich half ich sofort, schwang mich ins Auto und setzte das fehlende Stück, das sie nicht mehr zurückzulegen im Stande war, zurück, wo ich sie dann samt Gewichten einlud.

Der Transport dieser Gewichte abzüglich meiner Mitbewohnerin nach Berlin ist etwas einfacher gestaltet, ich schmuggele sie in den Umzugswagen der Firma.

Wer schon einmal bei mir zu Hause war, wähnt sich, betritt der unser Bad, in einem Herrensalon, was heute „Barber Shop“ heißen muss. Denn ich verfüge über eine beachtliche Bartöl-, -shampoo-, -wachs-, -kamm-, -balsam-Sammlung, die mehr Platz einnimmt als die Nagellacksammlung meiner Mitbewohnerin.

Die ich, wo ich sie gerade erwähne, schleunigst aus dem Kofferraum holen sollte …

Auch diese Kollektion gilt es zu duplizieren, um im künftigen Berliner Badezimmer das heimische Gefühl der Bartpflegeprodukteüberversorgung

Bartpflegeproduktüberversorgungsnotverordnungsgesetz

genießen zu können, ganz so, als wäre ich in Düsseldorf. Zu diesem Zwecke registrierte „Amazon“ heute eine horrend teure Bestellung, die womöglich noch diese Woche Düsseldorf erreicht.

Letztlich fehlt dann nur noch ein zweites Paar Laufschuhe, das ich in Berlin hinterlegen werde, da ich vermutlich die ein oder andere Runde um den Falkensee laufen werde, sofern es einen See dieses Namens gibt, was aber naheliegt. Und vielleicht liegt auch er nahe.

In einer Woche also geht es los, werde ich versuchen, einen nahtlosen Übergang zwischen Düsseldorf und Berlin zu schaffen. Denn in solchen Dingen bin ich hartnäckig.