Ab sofort und nur für heute kommentiert sich der Chefautor des seppologs selbst! Auf diese Weise muss sich kein Leser gezwungen fühlen, hier selbst eigene Gedanken zu hinterlassen. In Caiten von Hasskommentaren eine ideale Lösung insbesondere für überforderte Redaktionen, die mitunter nicht wissen, wie sie auf gehässige und unqualifizierte Kommentare reagieren sollen.

Eine Software, ähnlich der „Precob“-Anwendung einiger Polizeien in Deutschland, die geeignet für die Vorhersage von Einbruchtatorten sein soll, analysiert den Text und prophezeit die möglichen Leserkommentare vorab! Ex-ante! Der Quellcode von „Presepp“ wurde – wie könnte es anders sein?! – vom Chefautoren höchstselbst entwickelt: Sebastian Flotho, der im Übrigen kurz vor seinem 600. Artikel steht. Und vor einem Schlaganfall. Doch das weiß er noch nicht. Das weiß aber „Presepp“, dessen Auswürfe in roter Textfarbe den eigentlichen Text ergänzen. Dass dieser Text ebenfalls rot ist, ist nicht stringent, soll aber seine Bedeutung unterstreichen.

Steigen wir nun gut gelaunt ein in den eigentlichen Text! Das seppolog wünscht kurzweilige Unterhaltung!

Es ist elf Uhr am Samstagmorgen, als ich mich gerade aufmachte, mit meiner Mitbewohnerin zu schlafen. Ein jähes Klingeln an der Tür lenkte mich von diesem Plan ab, in den meine Mitbewohnerin gar nicht eingeweiht war. Sie war auf zwölf Uhr eingestellt und schlief dementsprechend noch.

Moooment! Habt Ihr einen Plan, der Euren Beischlaf reguliert?! Sex und Planwirtschaft – geht das zusammen?! Und was ist eigentlich ein „jähes Klingeln“?! Und so ganz nebenbei gefragt: Schläft Deine Mitbewohnerin auch dann, wenn Du mit ihr … also … Du weißt schon …

Das geht ja gut los und lässt nichts ähnlich Gutes erahnen. Also: Wir haben natürlich cainen solchen Plan, da wir, insbesondere ich, wahnsinnig spontan sind. Wenn man mal davon absieht, dass ich schon heute weiß, welches Hemd ich übermorgen tragen werde. Und ein „jähes Klingeln“ ist die gehobene Form eines plötzlichen Klingelns; ich wollte dick auftragen, das ist alles. Und nein, sie schläft natürlich nicht, wenn ich mit ihr … also … Du weißt schon. Ich würde sie vorher wecken, damit sie mir Einverständnis signalisieren kann, da es mir andernfalls als Vergewaltigung ausgelegt werden könnte.

Stört es nicht den Lesefluss ungemein, wenn live kommentiert wird?

Das ist das Problem des LesersMein Problem hingegen ist, dass der Schreibfluss permanent unterbrochen wird und die Geschichte nicht zurande kommt. Denn das jähe Klingeln bedeutete mir ja, dass jemand an der Tür stand und im echten Leben würde mich das kein Stück scherenschnitt, da ich mich nur ungern fremdbestimmen lasse. Es käme also für mich nicht in Frage, das Bett an einem Samstagmorgen zu verlassen, nur weil irgendwer außerplanmäßig bei mir vorbeischauen möchte. Nebenbei kenne ich auch niemanden, der das wollen würde. Nur zu meinen Geburtstagen verschicke ich, zur Sicherheit!, noch Ausladungen.

Jetzt bin ich durcheinander. Hat es nun geklingelt? Und bist Du zur Tür gegangen?

Ja, das meinte ich! Man kommt nicht zum Fortsetzen der Handlung. Es klingelte, sehr jäh, ich schrak auf.

Ist eigentlich über Deinem Bett eine Dachschräge?

Gut, dass Du es erwähnst. Ist sie. In Berlin. Ich schlafe zweigleisig. Mal in Berlin, mal in Düsseldorf. Berlin: Dachschräge, Düsseldorf: Himmelbett. Heute Morgen aufgewacht in Berlin. Fünf Uhr. Der Radiowecker piepte. Ich erschrak, setzte mich mit atemberaubender Geschwindigkeit auf und donnerte vor die Dachschräge, sodass ich mich mit ebenso atemberaubender Geschwindigkeit wieder absetzte. Doch in der fiktiven Geschichte, die ich erzählen will-

Ist eigentlich alles im seppolog fiktiv?

Jain. Vieles ist echt, vieles überspitzt, manches zur Fabel in ihrer ursprünglichen Bedeutung umgebaut, damit mir real existierende Personen nicht auf die Schliche kommen, und anderes, wie dieses, komplett ausgedacht, was immer dann geschieht, wenn mein Leben in der Bourgeoisie nichts hergibt. Letztlich aber bleibt: Alles hat einen wahren Kern. Und wenn ich demnächst über einen Maulwurf schreibe, ist eine Person in meinem Umfeld gemeint. Ist mir aber noch zu heiß, ich warte noch zehn Jahre. Zurück zur heutigen Geschichte. Ich schleppe mich zur Tür und wen begrüße ich dort?

Ja, wen?

Ordophob Ohßem!

Muss man den kennen?!

Ich führe es ja noch aus. Herr Ohßem ist Kriminaloberirgendwas, also ein Mensch hohen Ranges bei der Düsseldorfer Polizei. Ich traf ihn zuletzt im Zusammenhang mit dem Mord an meine frühere Nachbarin Lara.

Gibt es die eigentlich wirklich?

Die Frage habe ich schon sehr oft wahrheitsgemäß beantwortet. Nun aber ist sie hier im seppolog tot, da ich sie ermordet habe. Zusammen mit meiner Mitbewohnerin. Die Gründe habe ich vergessen. Ich glaube, sie nervte irgendwie oder war des clickbaitings nicht mehr fähig. Außerdem morde ich gerne. Ja, das ist der Grund. Im darknet kann man mich buchen. Aber freilich nur gegen Bitcoins, ich bin da recht fortschrittlich. Aber nur bar!

Hihi.

„Herr Oberhauptfeldoffizier Ohßem! Muss ich mir Sorgen machen?“

„Was? Warum?“

„Besuch von der Polizei ist selten günstig! Als das letzte Mal die Polizei hier war-“

„Habe ich mein Telefon verloren. Und deshalb bin ich hier!“

Ist es eigentlich schlau, in einem neuen Text das Kennen älterer vorauszusetzen?

Nein. Es ist eine Gratwanderung. Neuleser können mit dieser Geschichte wenig anfangen. Daher verlinke ich zumindest die alten Texte, aber kaum einer klickt darauf. Letztlich wird dieser Text deshalb weniger gut ankommen als die 584 anderen kracher Texte, die bald als gedrucktes Buch erscheinen, sobald ich einen lästigen Gerichtsprozess mit einem noch lästigeren potenziellen Verleger hinter mich gebracht habe. In diesem Zusammenhang suche ich übrigens händeraufend eine Rechtsschutzversicherung … Ich fahre fort.

„Ja, Ihr Telefon. Sie suchen noch immer?! Das ist Monate her!“

„Ich habe inzwischen auch ein neues, so ist es ja nicht, doch es geht mir um die recht sensiblen Inhalte auf dem gestohlenen. Privater Natur. Sie wissen schon …“, sagte mir der Bademeister zuzwinkernd. So ein Tick von ihm, das Zwinkern mit den Ohren.

„Ich weiß nicht schon, ehrlich gesagt“, ehrlichsagte ich und dachte unvermittelt an eine ziemlich lustige WDR-Serie, die ich bei „Netflix“ gefunden habe. Mit ’nem Kanadier und einer Tochter von Klaus Kinski, die aber nicht seine Tochter ist.

„Tote Mädchen lügen nicht“?

Was?! Nein! Unsinn. Hab ich aber auch gesehen.

„Nun, Herr Flotho, auf dem Handy befindet sich Fotomaterial, das mich in eine, sagen wir mal, missliche Lage bringen würde. Also gegenüber meiner Frau. Frau Ohßem“, erklärte mir Gartenlandschaftsbauer Ohßem. Und just in dem Moment fiel mir wieder ein, wo sein Telefon abgeblieben ist!

Kannst Du Dir solche Dinge aus alten Geschichten merken oder schreibst Du Dir sowas auf?

Ich kann mir so etwas nicht merken. Ich habe eben in alten Artikeln gekramt und die Stelle gefunden, wo Rechtspopulist Ohßem sein Telefon versehentlich mit der Bitte um Rückruf weitergibt.

„Herr Ohßem! Ich weiß, wer Ihr Telefon hat!“

„Darum bin ich nicht hier, Herr Flotho!“

„Ach?! Sondern?“

„Herr Flotho, Sie stehen unter dringendem Mordverdacht!“

„Gibt es auch nicht dringenden Mordverdacht?“

Gute Frage! Hätte von mir kommen können!

„Gibt es. Durchaus. Muss ja. Bei Ihnen allerdings, Herr Flotho, und ich wiederhole Ihren Namen, damit der Leser nicht den Überblick darüber verliert, wer gerade spricht, ist es dringend!“


Wie geht diese Geschichte weiter? Wird sie überhaupt fortgesetzt? Erfahren Sie es bald – hier im seppolog!