Der blaue Himmel. Die Sonne. Ihr Schein. Der Sonnenschein. Die Luft. Frischer Gattung. Die Böen. Ebenso frisch. Was für ein Tag! Was könnte einen solch herrlichen Tag ruinieren?! Abgesehen von einem dunklen Himmel? Einer verdeckten Sonne? Ihrem nicht vorhandenen Schein? Luft? Stickiger Gattung? Sturm? Ebenso stickig? Nichts. Ich beginne den Tag mit einer Laune, die unkaputtbar ist; immun gegen externe Störungen.

Es klingelt an der Wohnungstür. Vermutlich der Postbote, den ich an jedem anderen Tag vor der Tür hätte warten lassen, bis ein anderer Mieter den Türöffner betätigt. Doch heute! Heute schwebe ich leicht wie ein Magersüchtiger zum Türöffner und gewähre dem Handlanger Einlass. Auch er möge etwas abbekommen von meiner Hochstimmung!

Ich höre das Summen des Türöffners unten im Hausflur, doch nicht das typische Krachen der Tür, wenn sie aufgestoßen wird.

„Nanuuuu?“, singe ich, „Welch‘ Grund liegt dem Schellen dann zugrunde?!“

Ich soll es bald erfahren. Blicke durch meinen Türspion und verspüre einen jähen Blutsturz.

Ein jeder hat wohl so seine Vorstellung vom Phänomen des Blutsturzes. In aller Regel ist diese nicht zutreffend, da ein Blutsturz nicht etwa stürzendes Blut meint, sondern eine Organblutung, bei der sich das Blut spritzend aus einer Körperöffnung Auslass verschafft. Darunter leide ich gerade nicht. Ich leide unter dem Gefühl, dass mein Blut mir schlagartig ins Gehirn schießt.

Mein Körper plötzlich in Habtachtstellung! Adrenalin schießt in mein Herz, das in einem atemberaubendem Tempo schlägt – und laut vor allem. Mein ganzer Corpus wird von einem Klopfen vereinnahmt, das mir das Atmen schier unmöglich macht. Mein tiefenentspanntes Atmen weicht einer hetkischen Flachatmung; mein Organismus macht auf Gefahrenabwehr.

„Hallo, Seppo!“, ruft es durch den Türspion.

Mein Tinnitus wird aus dem Nichts heraus unerträglich laut, meine Pupillen groß wie beim ersten Geschlechtsverkehr, während es im Kopf laut hämmert.

„Seppo?!“

Ich fühle meine Beine kaum noch, sacke rechts weg, kann mich gerade noch an der Wand abstützen.

„Machst du auf?!“

Mein Kreislauf bricht mir weg, ich sehe kaum noch etwas und rieche eigenartigerweise Currywurst. Und ich … trete …

… langsam …

… weg.

Spüre noch, wie ich zu Boden gehe und dann ist da …

… nichts mehr …

 

Ich öffne meine Augen. Sehe unsere silberne Wand. Ich liege offenbar im Flur. Was zur Hölle stinkt hier so? Großer Gott, Kotze! Ich liege in Kotze! Vertrauter Geruch; es muss meine eigene Kotze sein. Mein Schädel brummt. Ich raffe mich auf und erinnere mich an das Bild, das sich mir hinter meinem Türspion bot.

„Großer Gott!“, stöhne ich. (Und das stöhne ich oft …)

Ich stehe auf, rutsche fast im Erbrochenem aus und schleppe mich in die Küche. Trinke dort ein Glas Wasser. Und noch eines. Es werden fünf Gläser. Hole Lappen und einen Eimer, wische das Erbrochene weg. Würge. Gehe zurück in die Küche. Setze mich an den Tisch und …

… schlafe ein.

 

Gegen Abend werde ich wach, als meine Mitbewohnerin von der Arbeit zurückkommt.

„Mach mir ein Kind! Jetzt sofort!“, ruft sie.

„Im Moment ungünstig. Mitbewohnerin, es … also … wie soll ich sagen?! Du ahnst nicht, was passiert ist.“

Könnte ich es denn ahnen?“

„Nein. Das könntest du nicht. Damit kann kein Mensch rechnen.“

Ich erzähle meiner Mitbewohnerin, was geschehen ist. Sie sitzt dort, vor mir, hört es sich an und ich merke, wie sie innerlich zusammenbricht.

„Blutsturz?“, frage ich sie mit einem Lächeln der Verzweiflung.

„Siehst du hier irgendwo Blut aus mir herausspritzen?!“, fragt sie zurück.

„Du hältst dich besser als ich heute Morgen!“, gestehe ich ihr zu.

„Wie kann denn das alles möglich sein?!“, fragt sie bass erstaunt.

„Es kann eigentlich gar nicht möglich sein.“

„Was machen wir, wenn es wieder klingelt?“

„Wir müssen die Stadt verlassen. Münster ruft.“


Was ist geschehen? Warum müssen wir die Flucht ergreifen? Erleben Sie es bald! Hier, in Ihrem seppolog!