Meiner Schreibpause zweiter Tag. Ich stelle erste Veränderungen an mir fest. Einmal zum Innehalten durchgerungen, fühle ich mich entspannter. Befreiter vom Druck, schreiben zu müssen. Kleiner Nebeneffekt: Ich habe auch mehr Zeit, etwa eine Stunde pro Tag gewonnen. Das wirkt sich enorm auf meine Produktivität aus. Wem stelle ich diese zusätzliche Stunde, durch das Nichtschreiben gespart, heute zur Verfügung?

Handwerkern. Handwerker werden heute kommen. Vor einigen Wochen hatten meine Mitbewohnerin und ich einen Wasserschaden in unserem Bad. Wasserschaden im Badezimmer ist eigentlich albern, aber gerade dort ist sein Auftreten besonders wahrscheinlich. In unserem Falle kam das Wasser aus der Wohnung über uns, die bald ein Herr oder eine Frau Müller beziehen wird, sofern das bereits vorhandene Klingelschild mit „Müller“ nicht nur ein Platzhalter ist, da wir schon einen Meier im Haus haben; Meier und Müller in einem Haus wäre ja albern, da würden sich Schmidts von gegenüber vermutlich ausgeschlossen fühlen.

Jene Wohnung wurde über Monate saniert und dabei haben die Handwerker offenbar die eine oder andere Wasserleitung gleich mitsaniert. Derart gründlich, dass unsere darunter liegende Badezimmerdecke plötzlich ein gelbes, nasses Muster bekam. Sitzt man auf unserer Toilette, kann es schon einmal von oben auf einen herab tropfen, was das Gehirn sehr verunsichert, sondert man gleichzeitig Urin ab.

Ich habe jene Handwerker verflucht, die über uns die Wasserleitungen angebohrt haben, da ich der Meinung bin, dass Handwerkern genau das nicht passieren darf. Der Grund, warum ich selbst bei uns in der Wohnung nicht Hand anlege, ist der, dass mir exakt solche Fehler unterlaufen würden. Daher heuere ich gerne für teures Geld Experten an, damit das eben nicht geschieht. Die Experten, die ich für heute erwarte, sind leider genau die, die über uns den Schaden anrichteten. Unser Vermieter sagte uns am Telefon:

„Das sind gute Leute. Mit denen arbeite ich schon seit 20 Jahren zusammen!“

Ich glaube, sie sind lediglich besonders günstig und verarschen unseren Vermieter seit 20 Jahren.

Vor meiner Schreibpause hätte ich jetzt, halb acht am Morgen, schon gewusst, dass ich darüber würde schreiben müssen. Handwerker geben immer was her. Jeder kennt das, der Leser fünde sich sofort hier wieder. Es beginnt ja gleich damit, dass sie entweder vier Stunden zu früh oder zwei zu spät aufschlagen. Dann kommen sie in unsere Wohnung mit der Frage:

„Wo geht’s lang?“

Ich dann: „Geradeaus durch!“

„Puh, das sieht ja nicht gut aus!“ oder „Das ist schnell gemacht!“, kommt dann, wenn sie den Schaden sehen.

„Das ist schnell gemacht!“ ist die üblere Alternative. Denn wenn ein Handwerker ankündigt, etwas sei „schnell gemacht“, kann man im Grunde aus der Wohnung ausziehen. Vor einigen Wochen hatten wir einen Elektriker hier, der lediglich eine dieser uralten Sicherungen wechseln sollte, diese Dinger zum Reindrehen, die man vorrätig haben muss, da man früher auf Einwegsicherungen gesetzt hat. Er war zwei Stunden hier! Zwei Stunden! Aus diesem Grunde werde ich heute beispielsweise keinen Kaffee anbieten, da ich eine Wohlfühlatmosphäre erst gar nicht aufkommen lassen will. Ich biete heute eine Miesfühlatmo, der jeder vernünftige Mensch schnell entfliehen möchte.

„Ich muss mal runter zum Wagen, gucken, ob ich das Ersatzteil mithabe!“

Auch so ein Handwerkersatz, der einer Verabschiedung gleichkommt, weil Handwerker nie das benötigte Ersatzteil „im Wagen“ mithaben. Wir hatten mal ’nen Klempner hier, der hatte auch eines nicht mit:

„Ich fahre mal schnell in den ‚Bauhaus‘ und besorg’s da!“

Wir haben ihn nie wieder gesehen und den Schaden selbst repariert (was Folgeschäden nach sich zog).

Was auch immer heute geschieht, ich werde nicht unter dem Druck stehen, es hier niederzuschreiben, da ich meinem formulierenden Geist eine vierwöchige Schreibpause gönne. Ich werde nicht auf die Abrufstatistiken des seppologs blicken müssen mit der Frage, wie der Artikel ankommt beim Leser, ich werde ihn nicht mehr im Netz über die sozialen Medien streuen und auch keine schwerstspastialen Kommentare blocken müssen.

Ich war gestern nach langer Cait mal wieder in Hürth. Über die genauen Gründe schweige ich mich hier aus. Lange hatte ich geglaubt, Hürth sei Köln. Da, wo RTL groß geworden ist, war für mich Köln, aber tatsächlich ist Hürth Hürth. Spandau hingegen ist ja nicht Spandau, sondern Berlin-Spandau. Aber Hürth ist nicht Köln-Hürth, sondern Hürth-Hürth. Ich habe in Hürth-Hürth eine Stichsäge abgeholt, die andere hier nicht näher zu definierende Menschen im September vergangenen Jahres zur Reparatur bei – wieder! – Bauhaus gebracht hatten. Vor fast einem Jahr! Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber, die Säge wurde vergessen, zudem kamen diverse Umzüge dazwischen. Es soll den Leser nicht weiter interessieren … Vergessen nicht aber vom Bauhaus-Personal, das mir die Säge sofort herausgab, als ich da mit meinem Abholschein stand. Ich in einem Baumarkt hat immer etwas Komisches. In einem Baumarkt wimmelt es von Dingen, die ich nicht bedienen kann (Stichsägen beispielsweise), mit denen ich aber viel Schaden anrichten könnte, auch morden (Stichsägen beispielsweise). Wenn ich da nun so stehe an der Theke der/des „Information & Reparaturservice“, versuche ich also sehr lässig zu wirken, als wüsste ich, was ich gerade tue. Als der Bauhaus-Handlanger realisiert, dass jene Stichsäge seit nahezu einem Jahr in dem „Abholschrank“ zur Abholung bereitliegt, wird er plötzlich nervös und ruft einen Kollegen im Haus an.

„Sach mal, Thorsten, ich hab hier ’nen Kunden, der holt ’ne Stichsäge aus der Reparatur nach einem Jahr ab! Nach einem Jahr! Ich hab hier jetzt gar keine Nummer!“

Er hat keine Nummer!, denke ich, das ist nicht gut, wenn etwas keine Nummer hat! Hat der Reparatur-Vorgang keine Nummer?! Hat die Stichsäge keine Nummer?!

Er legt auf, sieht mich an und fragt:

„Seit einem Jahr?“

„Ja, seit einem Jahr. Kollegen gaben sie zur Reparatur, dann zogen wir um und nun bin ich zufällig in der Gegend und habe den Abholschein. Bezahltissja.“

Das ist überhaupt immer sehr wichtig, dass man sagt „Bezahltissja“, damit bloß niemand auf die Idee kommt, eine neue Rechnung auszustellen.

„Ich kann die gar nicht rausgeben“, sagt der Handlanger plötzlich.

„Wie?! Noch kaputt? Bezahltissja“, sage ich dann.

„Nee, ist repariert. Bezahltissauch. Aber ich habe keine Nummer.“

„Ja, wie, keine Nummer?! Was heißt das denn? Ich will ja keine Nummer, ich will die Säge!“

„Wenn ich hier keine Nummer habe, kann ich die Säge nicht rausgeben. Die Säge gibt es in unserem System ja gar nicht mehr. Was es nicht gibt, kann ich nicht einfach so rausgeben!“

Es wird kompliziert. Alles ist da: Abholschein, Säge und Bezahltissja. Aber wegen einer fehlenden Nummer bekomme ich die Säge nicht!?

Nun kommt Thorsten persönlich zur/zum „Information & Reparaturservice“.

„Sind Sie der mitohne Nummer?“, fragt er mich in einem eher unfreundlichen Ton.

Ich schiebe sofort jede Verantwortung von mir: „Es ist gar nicht meine Säge, ich bin nur der Abholer und so Gott will, werde ich nie mit dieser Säge arbeiten.“

„Ohne Nummer keine Säge!“

„Aber bezahltissja! Wir haben die Reparatur bezahlt!“

Erst hier fällt mir auf, dass das Unsinn ist. Nichts haben wir bezahlt, da es sich um einen Garantiefall handelt. Wurde mir extra noch gesagt. Ob mir das nun hilft?

„War Garantiefall!“

Thorsten: „Achso, Garantie. Dann braucht’s keine Nummer. Dann können Sie das Gerät mitnehmen. Viel Spaß damit!“

Bass erstaunt nehme ich das Teil an mich und denke noch, dass ich – wäre ich nicht in einer Schreibpause – über dieses Ereignis bloggen müsste. Und wieder fühle ich mich so frei. Weil ich es eben nicht tun muss.