Der Titel „Fremdgegangen (I)“ des ersten Teils dieser fast unglaublichen Geschichte zog enorm. Offenbar hat sich der Leser erhofft, was er am Ende nicht bekam: das Geständnis eines erfolgsverhöhnten Bloggers, der seiner Mitbewohnerin fremdgegangen ist. Ha! Nicht alle Männer sind eben Schweine! Ich kenne ungewöhnlich viele Frauen, die das tun, was Männern gerne vorgeworfen wird! Ich meine sogar, Männer sind die besseren Frau- nein, jetzt wird es komisch …

So oder so freue ich mich darüber, dass der erste Teil dieser schier unfassbaren Erzählung, die absolut wahr ist, aus dem Stand heraus zum meist geklickten Artikel in diesem Jahr geworden ist. Und ich darf dem Leser versprechen, auch in diesem zweiten Teil dreht sich alles um die perfide Mischung aus Sex und krimineller Energie. Denn das ist es, was den Menschen da draußen offenbar interessiert; die tiefen Abgründe unserer hoch entwickelten Spezies, die in der Lage ist, alle anderen Spezies durch Aufessen auszurotten.

Was bisher geschah

Mein Klon Zacharias ist offenbar aufgetaucht, nachdem ich ihn zuletzt vor fünf Jahren in Rutztekostan getroffen hatte. Ich vermute, dass er meinem Leben ein Ende setzen will, vielleicht sogar durch Aufessen, da er mich für seinen Klon hält, was natürlich völlig absurd ist. Oder gibt es da draußen jemanden, der Gegenteiliges anzweifeln will? Dann möge er sich nun melden. Ich gebe eine entsprechende Liste rum, da bitte mit Namen und Adresse eintragen. Sie hören dann von mir. All denen, die sich nicht in diese Liste eintragen: Danke für Ihr Vertrauen in meine Einzigartigkeit. So, nun aber in medias res, wie der Grieche so schön sagt. Ruuuich, ich weiß, es sagt der Lateiner. Wollte nur mal die Klugscheißer provozieren. Die jetzt freilich enttäuscht sind, sich ertappt fühlen. Die ihre Chance sahen, mir mal so richtig einen reinzuwürgen. Ich biete Angriffsfläche genug, es wird also eine andere Gelegenheit geben.

Ich hab gar keinen Bock auf die eigentliche Geschichte, um die es hier gehen soll, darum schreibe ich seit mehr als 300 Wörtern drumherum … Sitze im ICE 543 nach Berlin. Meine Sitznachbarin isst etwas mit gemanschter Banane. Widerlich. Meine low carb-Nummer verbietet mir Obst. Was okay ist, da ich Obst auch bei high carb nie gegessen habe.

Apropos Banane: Nach den im ersten Teil dieser Klon-Chroniken geschilderten Ereignisse, die sämtlich wahr sind,

Achtung, knaller Wortwitz: Wer war’s? Der Clone war’s. Wegen Clone Wars. Super, oder? Ich meine, das muss man erstmal bringen! Hab den Film allerdings nicht gesehen.

ereignete sich zwei Tage später etwas recht Kurioses. Der eine oder andere Leser wird davon wissen, dass ich in Teilen Deutschlands eine, ach was!, fünf Fernsehsendungen moderiere. Keineswegs will ich damit angeben, da ich eine Ahnung von den Quoten habe. Ich weiß zu gut, wie man auf dem Teppich bleibt, denn ich liege darunter. Und nun wollten meine Mitbewohnerin und ich uns am Donnerstagabend eine Aufzeichnung der Sendung „HandyHelden“ ansehen, die ich in Berlin produziere. Also, die mit mir in Berlin produziert wird. Wir sagen immer „produzieren“, wenn wir „aufzeichnen“ oder gar laienhaft „aufnehmen“ meinen. Nun gut. Wir sitzen also da und ich versuche mich zu erinnern, welche Episode wohl an jenem Donnerstag aufgestrahlt wird.

„Müsste die 79 sein. Haben wir am vorletzten Dienstag produziert. Da war es unerträglich heiß im Studio. Achte mal darauf, wie ich da gleich sitze. Völlig bewegungslos, weil ich mit meinem Arschwasser kämpfe!“

„Das will ich eigentlich gar nicht wissen.“

Wir fahren den Fernseher hoch, da wir ein Gerät haben, das man hochfahren muss.

Aktualisierung wird durchgeführt.

Steht auf dem Bildschirm. Kein Problem, wir warten kurz und können nach 15 Minuten in die Sendung einsteigen. Fernsehen ist heute so simpel!

Sehr viele, die im Fernsehen arbeiten, sagen immer von sich, sie könnten sich unmöglich selbst im Fernsehen ansehen. Abgesehen davon, dass ich das bei den meisten für eine Lüge halte, verhält es sich bei mir eher so, dass ich mich selbst durchaus im TV angucken kann, mich mitunter gut von mir unterhalten fühle. Natürlich sehe ich mir an, was ich gemacht habe, so wie auch ein Bäcker hin und wieder seine Brötchen probiert, um zu sehen, ob sie gut sind oder nicht. Und so sitze ich oft vor dem Bildschirm und gratuliere mir zu meiner sensationellen Leistung. Oft genug aber sitze ich da und schlage die Hände meiner Mitbewohnerin über meinem Kopf zusammen. Aber eben auch nicht immer. Denn mal zuende gedacht: Wer als Moderator glaubt, er sei schlecht, müsste ja auch die Konsequenz ziehen und umschulen, da es sonst ja bedeuten würde, er mutet sich dem Zuschauer zu, obwohl er schlecht ist und das weiß.

An jenem Donnerstag sitze ich also da und sehe mich. Und bin plötzlich irgendwie verunsichert.

„Wer zur Hölle ist das?!“, frage ich meine Mitbewohnerin, die gar nicht meine Sendung verfolgt, sondern auf ihr Handy starrt. Sie blickt auf:

„Das ist Christopher.“

„Christopher?!“

„Dein Moderationskollege!“

„Ich dachte, ich moderiere das alleine!“

„Nein, du arbeitest seit knapp zehn Jahren mit ihm.“

„Ich dachte, es wäre ein Kameramann. Wie war sein Name?“

„Christopher.“

„Muss ich mir mal merken.“

„Du hast dich schon mit ihm mehrfach unter Tische gesoffen!“

„Als ob ich das noch wüsste.“

Wir gucken weiter. Und wieder stutze ich:

„Moment, wer ist denn das?!“

„Seppo, das bist du!“

„Nein, das kann nicht sein! Ich erinnere mich nicht an die Szene. Die ganze Sendung ist mir seltsam fremd. Ich trage da einen Anzug! Ich trage nie Anzug in meinen Sendungen, um nah am Zuschauerpöbel zu bleiben!“

„Seltsam, du bist auch viel lustiger da als sonst.“

„Das bin ich auch gar nicht, der da sitzt! Das ist … das ist …“

„Ja?“

„Ich baue Spannung auf.“

„Okay, ist aufgebaut. Wer ist das?“

„Das ist … das ist …“

„Wer denn? Zacharias vermutlich.“

„Das ist … ZACHARIAS!“

Mein Gott, ja! Mein Klon hat nicht nur mit meiner Mitbewohnerin geschlafen, er hat sich nun auch in meine Sendung geschmuggelt. Er verdrängt mich aus meinem Leben! Er will meinen Platz einnehmen!

Ich greife sofort zum Telefon und rufe meinen Arbeitgeber an, den wir hier mal „Knochen“ nennen wollen.

„Knochen? Seppo hier. Folgendes: Bin ich gerade im Büro?“

„Ja, bist du. Du sitzt an deinem Platz. Seltsamerweise ohne Telefon am Ohr.“

„Ist dir irgendwas an mir aufgefallen?“

„Ja, du bist viel netter als sonst.“

„Knochen! Das ist mein Klon! Das bin nicht ich!“

„Das erklärt seinen freiwilligen Gehaltsverzicht …“

Ich lege auf und lege für meine Mitbewohnerin ein alarmiertes Gesicht auf:

„Ich bin alarmiert!“

Wir starren wieder auf den Bildschirm, in dem wir meinen Klon sagen hören:

„Darum wählen Sie bitte die AfD. Die AfD verfolgt eine völlig vernünftige und vor allem gut durchdachte Politik. Außerdem bewerben Sie sich gerne als Grenzsoldat, denn schon bald werden wir jeden brauchen! Jeder zehnte Bewerber bekommt ein Zielschussgewehr gratis! Bitte beachten Sie: Ich, Seppo, habe einen kleinen Penis. Mehr dazu auf unserer Facebook-Seite ‚Seppo & Chris‚!“

Ich: „Grundgütiger! Er ruiniert meinen Ruf! Mein mühsam aufgebautes Image als volksnaher Saubermann. Und woher weiß er das mit meinem-“

„Er ist dein Klon.“

„Was für ein perfider Plan! Er schleicht sich überall ein, um mein Leben zu zerstören, damit er mich dann ersetzen kann! Und umbringen!“

„Ja, das habe ich schon verstanden.“

„Ich wollte es nur noch mal zusammenfassen, falls Fragen kommen. Wegen der Logik und so. Ist ja doch einiges im Argen.“

„Als ich mit ihm schlief, fand ich ihn eigentlich ziemlich gro-“


Was für eine sagenhafte Geschichte! Und sie ist wahr! Kann man ja kaum einem erzählen! Doch hier im seppolog sind diese Dinge möglich. Ist das nicht auch eine Form der Freiheit, die dem Schreiben inne ist? Womöglich gibt es eine Fortsetzung. Zum ersten Teil geht es hier entlang: Fremdgegangen (I).