Das erste, was ich überhaupt schrieb, war das Wort „Omo“, das eine Waschmittelmarke meint. Omo ist einfacher als „Oma“, da man dazu eben nur zwei und nicht drei Buchstaben kennen muss. Doch irgendwann, noch in der ersten Klasse freilich, war es mir möglich, „Oma wäscht mit Omo“ zu schreiben. Auf diese Weise wurde auch meiner Generation bereits ein gewisses Markenverständnis in die Wiege gelegt. Dennoch habe ich nicht ein einziges Mal in meinem Leben zu Omo gegriffen und Oma ist schon einige Jahre tot. Ob sie jemals mit Omo gewaschen hat, wird nicht mehr zu klären sein.

Die ersten Geschichten, die ich schrieb, handelten von unserer damaligen Nachbarin, Frau Masch, gesproch wie Maschsch, also mit schnellem Vokal. Frau Masch, inzwischen tot und im Übrigen ausgerechnet von meiner Mutter in genau diesem Zustand aufgefunden, war die klassische Vertreterin der bösen Nachbarin, die die Kinder in der Nachbarschaft beschimpft hat. Sie hatte was von einer verrückten Katzenlady, nur hatte sie eben keine Katzen, sodass der Vergleich wie auch sie in ihren letzten Lebensjahren hinkt.

Über Tote darf man nichts Böses sagen, allerdings fielen mir auch zu Hitler keine guten Worte ein. Und wenn man so will, dann war sie die Hitlerin unserer Nachbarschaft. Als Kind inspirierte sie mich zur Figur „Faula Fasch“, wobei das „Fasch“ keinesfalls von „Faschistin“ abstammt. Soweit hatte ich damals als vielleicht Zehnjähriger gar nicht gedacht. Es ging mir lediglich um das übliche Verfälschen von Namen garniert mit einer Alliteration. So gesehen habe ich mich kaum weiter entwickelt. Oder anders gesagt: Schon damals griff ich zu diesem genialen Stilmittel – lange vor „Bauer sucht Frau“.

Noch heute habe ich etwa sieben Kurzgeschichten über Faula Fasch als Word 2.0-Dokument bei mir abgespeichert, allerdings sind sie von literarisch eher mieser Qualität, sodass ich sie dem Leser des seppologs an dieser Stelle gerne erspare. Meine Eltern hingegen fanden die Geschichten lustig. Aber das ist eben auch Aufgabe von Eltern.

Noch lustiger fanden sie jedoch meine Geschichten, die ich über meinen Mathelehrer in der sechsten Klasse verfasst hatte. Herr Tüllmann war es, dem es einfach nicht gelang, mir die Bruchrechnung verständlich zu machen. Aus Rache widmete ich ihm mehrere Kurzgeschichten, die den Titel trugen:

„Die Abenteuer von Supertüll“.

Ich habe diese Werke seit damals nicht mehr gelesen, weiß aber noch, dass Supertüll ein verkappter Superheld war und mein Eindruck ist, dass „Amazon“ dieses gerade mit „The Tick“ zu kopieren versucht. Halten wir also mit Stolz an dieser Stelle fest, dass aus meiner Idee gerade ein Vertreter der Gattung „Amazon Originals“ geworden ist. Mein Manager Kraftold Kramer riet mir jüngst zur Klage gegen den Versandhändler mit Streamingdienst. Allerdings schrecke ich davor zurück, da The Tick auf einer Figur aus dem Jahre 1986 basiert – als Herr Tüllmann und Bruchrechnung noch in meiner Zukunft lagen. Der Plagiator bin also möglichweise ich selbst! Die späte Rache meines Mathelehrers für meine weniger späte Rache … vertrackt …

Noch heute bin ich Fan von Hörspielen. Jüngst habe ich entdeckt, dass die Reihe „Die Zeitmaschine“ aus den Siebzigerjahren wieder neu aufgelegt worden ist. Solche, aber auch Erwachsenenhörspiele, höre ich auch heute nicht selten. Es ist erstaunlich, mit was für einem monumentalen Angebot der deutsche Markt überschwemmt wird. Sensationell, dass dieses Medium lebendiger ist als je zuvor. Als Kind kam ich auf die grandiose Idee, selbst eines zu schreiben. Ich erinnere mich an ein leider verschollenes Werk, das ich „Die Bombe“ nannte. Es ging um zwei Männer, die irgendwo eine Bombe placieren wollten. Dazu muss man wissen, dass eine solche Geschichte damals nicht so aktuell war, wie sie es heute wäre, wo permanent irgendwer irgendwo Bomben platziert. Bei mir waren es jedoch keine fehlgeleiteten Terroristen (Gibt es nicht-fehlgeleitete?!), sondern schlicht zwei Bankräuber. Und so entstand ein seitenlanger Dialog dieser beiden Verbrecher, den ich dann vermöge meiner stimmlichen Vielseitigkeit auf eine BASF-Tonbandkassette bannte: als ein knallhartes Action-Hörspiel mit total realistischen Explosionsgeräuschen! Prchhhhhhkratschuuunng! Meine Hörer waren begeistert und meine Hörer waren ich. Dieses „Hörspiel“ habe ich heute noch, inzwischen digitalisiert. Kleinseppo hatte eine sehr niedliche Stimme, gerade dann, wenn er Schwerverbrecher mimte.

Einige Jahre des Nichtschreibens zogen ins Land, bis ich plötzlich die Lust am Erfinden von albernen Geschichten wiederfand. Es entstand eine Parodie auf mein eigenes Liebesleben, als ich 16 war. Zu jener Zeit war ich einen Sommer lang hinter einer extrem schönen Frau her, die sich meiner als unwürdig erwies, beziehungsweise die kein Interesse an mir hatte, was an sich kaum nachzuvollziehen war. Damals verhielt ich mich wie ein unfassbarer Trottel und ich bin der Meinung, Männer tun das grundsätzlich, wenn sie (hoffnungslos) verliebt sind. Ich beobachte das derzeit wieder; es grenzt schon an Selbstverrat und hat mit Würde nichts mehr zu tun. Tragisch, wenn man es nach Jahren selbst nicht merkt. Ich, damals wie gesagt 16, habe es irgendwann gemerkt und fand mich auf peinliche Art komisch, sodass ich es niederschrieb. Der Titel des Werkes ist an Kitschigkeit nicht zu übertreffen, sodass ich ihn hier aus Selbstschutz verschweige. Er könnte aber auch der Name einer ARD-Telenovela sein … Es kommt noch besser: Das Ding, immerhin acht DIN-A4-Seiten lang, habe ich mit ebenso kitschiger Musik selbst vertont. Ein Meisterwerk, das ich gelegentlich nochmal zur Lektüre rauskrame.

Später kam es zu „Seniorenheim Hadergreis“. Eine Serie von Kurzgeschichten, die von meinem Zivildienst im Altersheim in Münster-Hiltrup inspiriert war. Wie es zum Namen „Hadergreis“ kam, weiß ich nicht mehr, kann nur mutmaßen, dass es um Greise ging, die der Dinge haderten, die da auf sie zukamen, also des Todes. Und wie ich es auch im seppolog heute noch tue, habe ich auch damals reale Personen, also die mir bekannten Altenheim-Bewohner, zum Vorbild für meine Geschichten genommen.

Wer nun aus diesem Blog Hauptkommissar Ordophob Ohßem kennt, der noch auf seinen Durchbruch wartet, der muss wissen, dass ich schon einmal eine Reihe von Kurzgeschichten über einen Kriminalisten geschrieben habe. Leider ist mir dessen Name an dieser Stelle entfallen. Ich muss ihn nachreichen. Seinen Rang erinnere ich noch: Polizeikommissaranwärter war er und ich befand seine Geschichten schon damals als schlecht. Sie heute zu lesen, würde mir vermutlich mein literarisches Genick brechen. Und ich glaube, die Serie hatte auch nur einen Teil.

Der vorläufige Höhepunkt meiner ersten Autorenkarriere war meine Kurzgeschichte „Keine Bananen auf Rügen“. Geschrieben in der zwölften Klasse sollte sie in der Jubiläumsschrift meines Gymnasiums erscheinen. Doch der Herausgeber sollte sich weigern, da die Hauptfigur meiner Geschichte sich im Keller erhängte und an seiner Zigarette erstickte. Es war eine eher tragische Geschichte, die es jedoch vermochte, den Leser gleichzeitig zum Schmunzeln zu bewegen. Ganz hohe Kunst, wie ich sie vielleicht nie wieder erreicht habe. Damals ahnte ich, dass es durchaus sein könnte, dass ich einer gewissen Kreativität gegenüberstünde, beträte ich meinen Kopf.

Tja. Und dann kehrte Stille ein. Irgendwann stellte ich das Schreiben ein. Bis zum Mai 2015. Seitdem habe ich 634 neue Geschichten geschrieben. Und dieses Mal werden sie sogar gelesen. Kein schlechtes Gefühl, dafür vielen Dank.