Die Bloggerszene in Aufruhr: Heute Morgen verkündete das seppolog, dass sein Chefautor an einer schweren Erkältung erkrankt sei, deren Ausgang nicht zwingend die Genesung sein muss. Da es sich bei Seppo um hohe Prominenz handelt, er also einen höheren Wert als herkömmliche Menschen hat, behandelt ihn ein Schweizer Team bestehend aus zehn Ärzten, das neben Seppo auch Diktatorensöhne aus Syrien, Libyen und Co. behandelt. Dr. med. Bernhard Gesundbrunnen, der diesem Kompetenzteam vorsteht, schildert exklusiv hier im seppolog die Behandlungsstrategie.

Mit Herrn Flotho haben wir es mit einem ganz besonderen Patienten zu tun, bei dem ich mich freilich mehr anstrenge als bei anderen Patienten, die zu mir kommen. Die Motivation, ihn zu heilen, von seiner erschreckend heftig ausgeprägten Erkältung zu befreien, ist also höher als beim Norm-Menschen, dem man aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auch schon mal minderwertige Medikamente verabreicht.

Zunächst möchte ich erwähnen, dass es sich bei Herrn Flotho um einen erfrischend unkomplizierten Patienten handelt, der aus seiner beängstigenden Erkrankung keine große Sache macht und die gebotene Ruhe behält. In einem seiner seltenen wachen Momente sagte er mir heute:

„Herr Doktor, nicht mein Überleben ist hier wichtig, sondern das der Menschheit.“

Dann schlief er wieder ein.

Als Mensch darf ich anmerken, dass ich ihn jetzt schon als medizinisches Wunder betrachte: Wie kann er angesichts seiner prekären Situation ernsthaft an Schlaf denken?! Inzwischen interessieren sich daher auch Schlafforscher aus Südkorea für „Patient S.“, da es menschlich bislang unmöglich schien, im Angesicht des Todes so seelenruhig zu schlafen.

„Was ist schon die eigene Lebenszeit, wenn die der anderen begrenzt ist?!“, fragte mich – rhetorisch – Herr Flotho, als er kurz die Augen öffnete.

Und wieder staunte ich. Kaum Vitalfunktionen – und doch ein so vitales Interesse am Wohl der menschlichen Rasse.

Derweil ist eine Lieferung an Medikamenten eingetroffen. Seinen entzündeten Hals behandeln wir mit einem Spray, der zumindest so schmeckt, als würde er wirken, was er vermutlich nicht tut. Doch aus der Forschung wissen wir, dass Placebos selbst dann wirken, wenn der Patient weiß, dass es sich um ein Placebo handelt.

Nur widerwillig öffnet Herr Flotho seinen Mund, als ein Team aus fünf Krankenschwestern ihm den Spray in den Rachen sprühen will.

„Rettet nicht mich, rettet die Wale!“, krächzt er.

Dann greift er zu einem leeren Glas, das neben seinem Krankenbett steht. Niemand weiß, was er vorhat, er selbst kann es nur schwer artikulieren. Mit dem Glas deutet er zur Zimmerwand, wo eine Spinne ihr Netz gewebt hat.

„Setzt diese Spinne ins Freie, bevor sie jemand tötet! Benutzt dieses Glas und ein Blatt Papier!“

Wieder also denkt Herr Flotho kein bisschen an sein eigenes Schicksal, sondern an das des kleinen Sechsbeiners mit acht Beinen. Nervös sucht das Ärzteteam nach einem Blatt Papier, doch dank der digitalisierten Medizin ist keines aufzutreiben. Die Spinne schon fast aufgegeben, zückt der selbstlose Todgeweihte einen seltenen 1.000-Euro-Schein:

„Nehmt diesen. Kein Geldschein überwiegt den Wert einer Spinne.“

Sagt es und hustet erschreckende Mengen an Schleim aus.

Seine Mitbewohnerin betritt das Krankenzimmer:

„Ist das hier nicht etwas viel Aufwand für eine Erkältung?“, fragt sie.

Wir Ärzte sind erschrocken. Wie kalt sie ist!

„Er hat ’ne Halsentzündung, mehr nicht!“

Doch sie unterschätzt den Zustand Seppos, der zu unserer Überraschung seiner Mitbewohnerin zur Seite springt:

„Sie hat ja recht! Gut, ich kann mich kaum bewegen, die Nacht war die absolute Hölle. Über meinen schwitzbedingten Wasserverlust will ich gar nicht groß reden. Klar, es grenzt an ein Wunder, dass ich nicht ausgetrocknet bin. Oder ertrunken im eigenen Schweiß. Aber ich will keinesfalls klagen. Das bisschen Husten. Okay, ich wäre fast am Husten erstickt. Und wenn nicht am Husten selbst, dann am Schleim, der mir ununterbrochen die Röhren herunterfließt. Und dass ich nur noch durch ein Nasenloch überhaupt Luft bekomme, spielt keine Rolle, da der Mensch ja auch mit nur einer Niere überleben kann. Was will ich da über den Verlust eines Nasenloches klagen?!“

Hut ab vor einem solch selbstlosen Patienten. Unser Team hat Mühe, ihm die Pistole abzunehmen, die er sich bereits an den Kopf setzt. Warum will er sich ein Ende machen?

„Nicht mir! Ich will Eurer Hilfe ein Ende bereiten! Seht, ich bin nur ich, ich bin es nicht wert, gerettet zu werden. Es gibt so vieles da draußen, dass Eurer Hilfe bedarf. Ich bin doch nur eine zufällige Ansammlung von Atomen. Gut, ich gebe zu, eine ziemlich gelungene Ansammlung. Kann an sich kein kosmischer Zufall dahinterstecken, oder was meint Ihr? Ich meine, es gibt mehr als sieben Milliarden Menschen, aber dass ausgerechnet ich da so dermaßen heraussteche?! Wahnsinn, oder? Kriege ich noch was von diesem Zeug, das diese Hallus macht?“

Er meint Salbei. Es steht Knopf auf Spitz. Wer glaubt, es handele sich bei Herrn Flothos dramatischer Erkrankung lediglich um eine lächerliche Erkältung, der irrt. Was seinen Zustand so einzigartig, aber auch bedrohlich macht, ist die Kombination seiner Symptome. Nicht nur, dass seine Nase läuft, nein!, er hat gleichzeitig Halsschmerzen! Die Weltgesundheitsorganisation ist alarmiert und wird – exklusive Information an dieser Stelle – noch heute Abend abendländischer Cait eine Pandemiewarnung herausgeben. Demnach sei es nicht auszuschließen, dass Herrn Flothos Erkrankung ansteckend ist!

Nicht auszudenken, andere Menschen steckten sich an. Denn eines ist uns Ärzten bereits klar: Dass er dieses Leiden derart gut wegsteckt, überrascht uns nicht; aber dass andere es auch tun, halten wir für weitestgehend unwahrscheinlich.

Die Vereinten Nationen bereiten sich daher bereits auf den Ernstfall vor: auf die Auslöschung der menschlichen Rasse, von der nur noch Herr Flotho übrigbleibt. Aus diesem Grunde empfehlen wir Herrn Flotho, noch möglichst schnell mit maximal vielen Frauen in sexuellen Kontakt zu treten, in der Hoffnung, seine genetische Disposition weiterzugeben. Seine Mitbewohnerin erstaunt mit ihrer Reaktion:

„Das wollt Ihr auch keinen Fall!“

Derweil starten erste nuklear betriebene Raumschiffe gen Weltall, um die Erde zu evakuieren. Ausgewählte Menschen und Klone Herrn Flothos sollen den Mond besiedeln, um so die Zukunft der Menschheit zu retten.

Möge Gott uns allen beistehen. Ihr Dr. med. Bernhard Gesundbrunnen.


Auf Instagram und Facebook informiert ein Live-Ticker über den Zustand von Seppo.