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Nachdem ich bereits vor gut einer Woche genervt von den Kapriolen war, die mein Körper tagelang schlug – teilzeitkrank -, ist seit gestern Abend klar: Mein Körper hat den Kampf gegen die Grippe verloren. Also nicht im Sinne von ich bin tot, sondern im Sinne von nun ist sie ausgebrochen.

Bis gestern Abend glaubte ich noch, mein Immunsystem sei stark genug, nichts könne mir etwas. Ich habe zwar Angst vor Krebs, aber mitnichten vor einer Grippe oder Erkältung, bin ich doch seit nahezu zwei Jahren infektfrei. Diese Glückssträhne ist nun abgerissen. Wider Erwarten bin ich eben auch nur ein Mensch.

Freitagmorgen, acht Uhr

Nach Lektüre eines Buches über den Umgang mit der Kugelhantel stürze ich mich in das kettlebell-Training. Ich fühle mich topfit und freue mich bereits auf die Rückenschmerzen, die mir das Kugelhantel-workout immer bereitet, da der Umgang mit diesen Dingern einen enormen Lernprozess voraussetzt, in dem ich noch stecke. Das Verletzungsrisiko ist hier sicherlich das höchste im Bereich des Kraftsportes.

Ich trainiere mehrere Stunden, während es draußen überraschend stürmt. Kurz überlege ich, mich umgehend joggend in den Sturm zu begeben, da „extreme“ Wetter dem Laufen zumindest ein wenig Abwechslung bieten. Ich bringe jedoch erst den Kraftsport zu einem Ende. Dabei schlucke ich Magnesium, Zink und Eiweiß aus Molke-Konzentrat, was gerne als „künstliches“ Pulver betrachtet wird, doch das Gegenteil ist der Fall. Magnesium gegen die Krämpfe, die ich noch nie hatte, soweit ich weiß; das Eiweiß als Proteinquelle für den Muskelaufbau und das Zink zur Stärkung der Immunabwehr, damit ich nicht krank werde.

Ich weiß, dass viele Leser nun denken, all diese Dinge steckten doch auch in Nahrungsmitteln. Das ist korrekt. Aber sie stecken auch in Tablettenform – warum sollte ich mir also die Mühe machen, mich gesund zu ernähren? Ich bin ein Fuchs!

Freitagmittag, zwölf Uhr

Ich unterbreche mein Sportprogramm und gehe laufen. Der Sturm war nur von kurzer Dauer, ein bisschen scheint sogar die Sonne zu scheinen. Also wenn was scheint, dann ja wohl die Sonne, denke ich und laufe los. Mein Lauftempo liegt bei fünf Minuten 14 pro Kilometer, was für meine Verhältnisse ziemlich gut ist. Es fällt mir sehr leicht, nichts deutet darauf hin, dass ich in wenigen Stunden sterbenskrank sein werde. Ich laufe hoch zur Karl-Geusen-Brücke, mit der ich einige Erinnerungen an meine Ex-Freundin verbinde, denn von hier oben warf ich sie herunter auf die Gleise. Kleiner Spaß. Ich habe gar keine Ex-Freundin. Aber sobald ich eine habe, sollte diese sich nie mit mir auf die Karl-Geusen-Brücke begeben. Immer, wenn ich dort oben stehe, habe ich diesen Drang, jemanden von dort herunterzuwerfen. Kennt Ihr das? Kleiner Spaß. Bitte mich nicht bei den Behörden melden. Es sind doch nur die Worte eines Kranken. Das macht es jetzt auch nicht besser. Die Worte eines physisch Kranken! Füüüü-sisch. Keiner wird von irgendwo heruntergeworfen, solange ich dabei involviert bin. Versprochen. Außer Rudine vielleicht. Die würde ich sofort …

Ich laufe etwa eine Stunde lang und fertige dabei Fotografien für meinen beliebten Instagram-Ekaunt an. Vielleicht gelingen mir in einigen Monaten ja mal gute Fotos, jedenfalls schärft es den Blick für Details. Für die tausend Euro-Paletten (bitte korrekt lesen: nicht 1.000-Euro-Paletten, sondern 1.000 Euro-Paletten) beispielsweise, die mir sonst vielleicht nie aufgefallen wären, die ich umgehend fotografierte und mit einem Filter versehen hochlud. Diese Instagram-Filter empfinde ich jetzt schon als eine Vergewaltigung von Motiven. Mir ist noch nicht ganz klar, warum man die Realität mit Filtern verändern möchte. Warum Farben intensivieren und verfälschen? Und warum zur Hölle lässt Instagram nur dieses eine Bildformat zu?!

Freitagnachmittag, 15 Uhr

Ich veröffentliche den Artikel „Inspiration„. Das Schreiben dessen hat mich sehr aufgerieben, ich bin etwas fickerig. Leider bin ich wieder abgedriftet und schrieb darüber, dass die Nazis abermals im Reichstag sitzen. Sobald ich darüber nachdenke, schießt mein Puls in die Höhe, ich werde wütend und auch ein bisschen traurig. Ich wende mich der Erwerbsarbeit zu und bereite die kommende Woche vor.

Ich stelle ein Kratzen im Hals fest. Aber ich denke mir nichts dabei.

Freitagabend, 19 Uhr

Meine Mitbewohnerin kommt leicht später nach Hause. Ich nutze die Cait, um etwas Rückentraining zu machen, da ich sonst mein Wochenpensum nicht schaffe. Ich trinke dabei Ingwer-Tee mit zusätzlichem Ingwer, da mich dieses seltsame Kratzen im Rachen nervt, dem ich nach wie vor keine Bedeutung beimesse und überhaupt trinke ich seit Wochen Ingwer-Tee mit Ingwer, weil ich auf die Knolle stehe.

Das Training fällt mir schwer. Ich bin schnell kurzatmig, was mich stutzig macht. Ich kürze es ab und gehe duschen.

Meine Mitbewohnerin kommt derweil nach Hause und bereitet Steaks zu. Das kann sie ziemlich gut. Dazu gibt es Rosenkohl, den ich seit einiger Zeit mag und den wir mit einer Sauce servieren, deren Inhaltsstoffe mir unbekannt bleiben, was manchmal auch besser so ist. Bereits beim Essen stelle ich fest, dass meine Nase zusitzt.

Später des Abends

Wir gucken „Gotham“, eine ziemlich gute Serie, die wir schon seit langer Zeit gucken. Mit einer Unterbrechung von einem Jahr, da mir die Handlung entglitten ist. Ich spüre, dass ich das Bedürfnis habe zu schlafen. Nun endlich kapiere auch ich, dass ich allen Ernstes krank werde. Um 22 Uhr 30 informiere ich meine Angehörigen:

„So albern das jetzt ist: Ich werde in diesen Sekunden krank.“

Meine Mitbewohnerin aktiviert umgehend das Soforthilfe-Programm. Sie placiert eine Schüssel mit kochendem Wasser unter mein Gesicht. Darin befindet sich irgendetwas, das man dann einatmen soll. Ich atme es ein, verbrenne bei der Gelegenheit meine Lunge und huste faustgroße Schleimkugeln aus. Ich meine sogar, sie seien groß wie Medizinbälle gewesen.

Während meine Mitbewohnerin nun überlegt, wie sie meine Abwesenheit bei der morgendlichen Feierlichkeit erklären wird, gehe ich ins Bett und bereue die nächsten drei Stunden meinen enormen Teekonsum. Schlafe danach ein und wache nachts klitschnass auf. Oh, wie ich das hasse! Dieses Schwitzen, wenn man erkältet ist. Ich stehe auf, huste enorme Mengen an Schleim aus, den ich freilich runterschlucke – würzig! – und wechsle mein T-Shirt. Die Bettdecke drehe ich um, um die noch trockene Seite ebenfalls anzufeuchten.

Heute Morgen, acht Uhr

Ich wache auf. Dabei stand die Befürchtung im Raum, dass genau das nicht mehr geschehen würde. Mein Hals schmerzt wie lange nicht mehr. Ich setze mich aufrecht hin und huste ab. Schleim in allen Farben, Rot ausgenommen. Brocken, viel zu groß für meine Speiseröhre, entsorge ich in ein Taschentuch.

„Morgens ist immer am schlimmsten!“, informiere ich meine Mitbewohnerin über meinen jämmerlichen Zustand.

Natürlich werde ich meinem Umfeld mit Rat und Tat bei meiner Genesung zur Seite stehen. Umgehend fertige ich also eine Liste an über Medikamente, die sie mir bitte aus der Apotheke mitbringen soll. Ich bin weißgott kein Mensch, der an einer Blume riecht, um gesund zu werden, ich brauche Pharmazeutika. Denn gegen Erkältungen oder Grippen ist kein Kraut gewachsen, man muss da einfach durch. Die Pharmaindustrie hat kein wirtschaftliches Interesse an Medikamenten, die die Ursachen angreifen, aber manches lindert die Symptome. Damit habe ich auch kein Problem, denn ich bin gerne krank, sofern es sich nur um eine Lappalie wie eine Grippe handelt. Mein erster Gedanke heute Morgen war, dass ich mein Sportpensum diese Woche wohl nicht schaffen werde. Das nagt in der Tat schwer an mir. Doch stattdessen kann ich gepflegt lesen und Serien kneistern. Es könnte also schlimmer sein. Doch dieser Schmerz im Hals ist extrem störend beim Schlucken. Ich habe daher das Schlucken weitestgehend eingestellt. Zum Trinken des Ingwer-Tees mit Ingwer klappe ich lediglich mein Zäpfchen zurück.

Das Klischee, dass Männer bei Erkältung besonders wehleidig seien, bediene ich übrigens nicht. Denn ich jammere nicht. Im Gegenteil bin ich froh, dass mein Körper sich jetzt endlich festgelegt hat und nicht mehr herumlaviert. Zwar ist mein Kopf etwas schwurbelig, das Starren auf den Monitor in diesem Moment fällt mir schwer, aber letztlich ist es eben nur eine Erkältung oder meinetwegen Grippe.


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