Obwohl ich Grippen, grippale Effekte oder Malaria-Erkrankungen an sich ganz gut genießen und als eine Art Zwangsurlaub betrachten kann, leide ich schwer darunter, mit dem Sport aussetzen zu müssen. Was das Laufen angeht, hänge ich im Vorjahresvergleich nun um drei Läufe hinterher, was aber noch verschmerzbar ist. Dennoch zögere ich nie lange und setze relativ zügig wieder mit dem Sport ein, da ein Zuviel an Ruhe und Bewegungslosigkeit der Rekonvaleszenz eher abträglich ist: Ab einem gewissen Punkt muss ich mich wieder bewegen.

Gleich hier im seppolog: Wie Seppo eine ehemalige Arbeitskollegin blöd stehenlässt!

Ein wenig spannend war es durchaus, als ich diese Woche wieder loslief, da ich erst Stunden danach wissen sollte, ob ich mich damit nun umgebracht habe oder eben nicht. Inzwischen weiß ich, dass es eine gute Entscheidung war, ich mich deutlich besser danach fühlte. Ein lockerer Lauf, nur unterbrochen von kräftigen Hustenanfällen mit eindrucksvollem Auswurf, kann Wunder wirken. Und mit „lockerem Lauf“ meine ich eben einen solchen, der keine Anstrengung erfordert, die mein Herz vermutlich überfordern würde. Ich sag es in diesem Zusammenhang gerne immer wieder: Die Gefahr einer Herzmuskelentzündung darf nicht unterschätzt werden, aber das panische Überschätzen dieser finde ich einigermaßen albern, da jeder inzwischen jemanden kennt, dessen Cousin eine Herzmuskelentzündung hatte, weil er sich mit einem Schnupfen seine Schuhe selbst gebunden hat. Weiß man die Signale seines Körpers zu deuten, weiß man auch, wann Sport geht und wann nicht. Ich find’s kurios, mich gelegentlich dafür rechtfertigen zu müssen; gegenüber Menschen, denen ein bisschen Bewegung durchaus mal ganz guttun würde.

Die arme Frau! Was wird sie über Seppo gedacht haben?! Gleich hier im Text!

Der erste Lauf war ein Fest! Mein Tempo lag etwa bei zurückhaltenden sieben Minuten pro Kilometer, die ich als leichtfüßigen Trab empfand, den ich auf eine halbe Stunde beschränken wollte. Nach rund fünf Minuten bekam ich einen beispiellosen Hustenanfall in der Feuerbachstraße, wo ich noch nicht ahnen sollte, wie albern ich mich wenig später verhalten würde.

Es war diese Art des lockeren Hustens, der aber nicht völlig locker war. Ich hustete und merkte, da ist etwas, das abgehustet werden wollte, sich aber noch zierte. Das störte beim Laufen sehr, rasselte doch bei jedem Atemzug die Lunge. Vielleicht kennen Sie das Gefühl, bei jedem Atmer noch geradeso an einem Hustenanfall vorbeizuschlittern. Vergleichbar damit, eine Ejakulation im letzten Moment hinauszuzögern:

Stopp! Nicht mehr bewegen! Sonst komme ich! Moment, schnell an Oma denken! Scheiße, bleib ruhig liegen. Verdammt, sorry, tut mir leid, ahhhooohhhhhh.

Irgendwann gelang das aber nicht mehr: Also blieb ich stehen und steigerte mich in eine Hustensession rein, bei der ich vermutlich rot bis blau anlief. Das aber dann einmal abgehustet, wirkte unglaublich befreiend, sodass ich meinen Weg entlang der Düssel Richtung „Düsseldorf Arcaden“ fortsetzen konnte.

Wie peinlich, was Seppo dann geschah!

Ich merkte förmlich, wie die frische Luft meine Röhren durchströmte und freipustete. Natürlich habe ich über Gebühr geschwitzt, woran ich merkte, ein bisschen verkühlt war ich noch. Ich kenne aber auch das Gefühl, während eines Laufes zu merken, dass man gerade besser nicht laufen sollte: Das macht sich meist durch eine seltsame körperliche Schwäche und einem Druck am Herzen bemerkbar. Ein absolutes Warnsignal, das man nicht überhören sollte, weil sonst vermutlich tot und alle sagen würden: „Ich hab’s ihm ja gesagt!“

Doch an jenem Tag fühlte ich mich blendend, lauschte der lauten Musik auf meinen Ohren und war durchaus überrascht, als nach etwa 20 Minuten Jana aus einem Haus herauskam, an dem ich gerade entlanglief.

Jana heißt ausnahmsweise wirklich Jana. Sie ist eine ehemalige Arbeitskollegin von mir, die das sinkende Schiff, das eher ein Schlauchboot war, rechtzeitig verlassen hatte, was schon einige Jahre her ist. Zwischenzeitlich trafen wir uns mal zufällig bei einem Tanz in den Mai irgendwo in Oberkassel, darüber hinaus jedoch nicht. Jana hat einen Mops, das weiß ich noch.

Nun ist es so, dass ich in mehr als 15 Jahren des Laufens sehr selten bekannte Gesichter treffe. Kollegen Archobald traf ich einige Male, er wohnt aber auch ganz in meiner Nähe. Ansonsten könnte ich mich gerade an keine Begegnung erinnern. Doch! Ich traf mal meine Maskenbildnerin, die eigentlich in Essen wohnte. Kurioser Zufall. Wie auch dieses Treffen auf Jana, das eben nicht zu einem solchen wurde.

Man hat sich das nun so vorzustellen, dass ich mit sehr lauten und vielen „bpm“, also beats per minute auf den Ohren lief, was einem ein bisschen das Gefühl gibt, von der Außenwelt abgekoppelt zu laufen: man ist im Tunnel. Gefährlich übrigens, weil man Autos nicht unbedingt immer hört. Da gab es schon so manch Überraschung!

Ich hörte also nichts, aber sah Jana. War mir erst nicht sicher, ob sie es war, sie trägt ihre Haare nun etwas kürzer als früher. Und hier hätte ich gar nicht mit ihr gerechnet. Dachte, sie wohne ganz woanders.

„Ach! Jana!“, rief ich.

Sie rief dann auch irgendwas, aber ich hörte ja nichts. Ihre Lippen formten vermutlich ein

„Seppo!“,

könnte ich mir vorstellen. Ihre Gestik offenbarte ebenfalls Überraschung, vielleicht aber auch eher darüber, dass ich

nicht stehenblieb.

Ich lief weiter. Und nach einigen Metern überlegte ich selbst:

Bin ich gerade wirklich einfach weitergelaufen!?

Ich war perplex.

Ob ich umdrehe? Oder wird es dadurch noch alberner?! Warum zur Hölle blieb ich nicht stehen?! Ich muss sie anschreiben, ich muss mich entschuldigen.

Es gibt ja so Situationen im Leben, den möchte man aus dem Weg gehen. Ich tue das immer dann, wenn mir der Sinn nicht nach Friktionen steht. Diesen Luxus nehme ich für mich in Anspruch. Die Welt steht am Abgrund, was soll ich mir dann noch Alltagsprobleme antun. Doch es war mitnichten der Fall, dass Jana eine solche Situation war. Dann wäre es mir völlig lungo gewesen. Ich hatte cainen Grund, ihr aus dem Weg zu gehen!

Wieder zuhause zerrte ich mir die zwiebelgeschichtete Laufklamotte vom Leib, startete den Rechner, öffnete und Facebook und schrieb Jana, die nicht zu wissen brauchte, dass ich währenddessen nackt war. Es war ja auch nur, weil ich raus aus den nassen Klamotten musste! Nicht, dass es nachher heißt, „Blogger chattet nackt mit Frauen“, was aber de facto der Fall war. Jana liest dieses mit Sicherheit nicht. Ich hoffe es. Und schrieb also:

jana! ich bin untröstlich! dass ich einfach so weiterlief! ich habs irhgendwie nicht geschnallt, bitte um verzeihung! wie oft trifft man sich schon?! laute musik auf den ohren, dazu noch halbkrank, der erste laufversuch, ich bekam nur die hälfte mit!
bitte nicht übel nehmen, es war schlicht doofheit!

Ich hatte caine Ahnung, wie ich es ihr besser erklären sollte, da ich es ja nicht einmal mir erklären konnte. Sie zeigte Verständnis:

haha ist doch kein Problem! Läufer stört man ja auch nicht in ihrem Flow. Konnte ich total nachvollziehen. Geht es dir denn gut?
Ausgesprochen nett von ihr, aber wir wissen doch alle, dass sie mich doch zumindest für ein paar Minute zum Vollidioten erklärt haben wird, zu einem unhöflichen obendrein. Außerdem habe ich beim Laufen keinen flow, der Anstand hätte jeden flow überwogen. Ich erzählte parallel Sabrina USA, die Jana ebenfalls kennt, von meinem Weiterlaufen. Ihre erfrischende Reaktion:

HAHAHHAHAA. Schoen an ihr vorbeigelaufen hahahhaah! haette ich sein können

Ja, Sabrina traute ich das durchaus auch zu. Beifahrersitz … Mit Jana kam ich auf dem Wege dann aber ins Gespräch. Was man gerade beruflich so treibe, ob man noch Kontakt zu den anderen ehemaligen Kollegen hätte und Dinge, die hier nicht hingehören. Ein bisschen nostalgisch wurde ich dann schon, dachte ich an die alten Caiten, die für mich bereits eine längst abgeschlossene „Epoche“ meines Lebens bilden. Was auch gut so ist, da ich gerne gelegentlich mit Dingen abschließe. Wir verblieben damit, mal wieder ein Treffen anzuberaumen – „nach den Feiertagen“. Ich weiß gar nicht, welche Feiertage sie meint. Kommende Woche ist irgendwas? Oder meint sie Weihnachten? Ich sollte das wohl besser noch vor Ostern klären.


Dem Leser wünsche ich ein schönes Wochenende und schöne Feiertage. Folgen Sie mir gerne auf Facebook und/oder Instagram. Oder sagt man „connecten“?! Connecten Sie mich mitte. Sie können davon ausgehen, dass ich nackt bin. Ziehen Sie sich bitte nun aus. Bald in Düsseldorf: Meine erste Nacktlesung. So, nun ist aber auch mal gut.