Dieser ist der 700. Beitrag im seppolog. Bitte beachtet dazu das Nachwort am Ende dieser Geschichte, die an sich nur Beiwerk ist. Anders als ihr erster Teil.

Inzwischen wurde ich von mehreren Lesern davon in Kenntnis gesetzt, dass Mister Mint, fka Mister Minute, in Wirklichkeit „Mister Minit“ heißt. Vielen Dank für diesen Hinweis, offensichtlich tue ich mich sehr schwer mit dessen Namen.

„Bringen wir das Zeugs jetzt erst ins Auto und gehen dann Jacke kaufen?“, frage ich meine Mitbewohnerin, die nach ihrer gestrigen Weihnachtsfeier immer noch Reste von Glitzer in ihren Haaren trägt. „Du hättest deine Haare zweimal waschen sollen!“

„Die glitzernden Haare passen hier zur Deko“, sagt sie nur, womit sie recht hat. Alles sehr weihnachtlich hier, wobei ich feststelle, dass sie jedes Jahr dieselben Weihnachtsbäume aufstellen.

„Rote Kugeln! Geht gaaar nicht. Selbst ‚Coca Cola‘ verkauft Weihnachten schwarze Kola.“

„Wenn du meinst. Lass uns vorher in den ‚Aldi'“, schlägt sie vor.

Wann immer wir in den „Arkaden Düsseldorf“ einkaufen, finden wir uns in diesem unsäglichen Aldi wieder, dessen Begehung einen Großteil der Zeit beansprucht, was mir jedes Mal unerklärlich ist, bis ich sehe, wie laaaaaaange meine Mitbewohnerin sich in der Obst- und Gemüseabteilung aufhält, während ich aus Langeweile die Wühltische in Augenschein nehme, wo ich grundsätzlich auch irgendwas finde, für dessen Erwerb ich mich zuhause dann nicht ganz zu Unrecht rechtfertigen muss.

„Wozu brauchen wir Blechschüsseln?!“, fragt sie dann nicht selten.

„Um etwas hineinzufüllen. Die waren günstig! Und guck, spülmaschinenfest! … Nein, verdammt, sind sie nicht. Arschficken 3000.“

Womit ich im Aldi wie in so vielen anderen Diskonts nicht klarkomme, ist das abrupte Ende hinter dem Kassenband: Dem Kunden wird caine Möglichkeit des Verweilens gelassen, sodass ich in aller Hektik die Waren in den Korb werfen muss, aus dem ich sie eben erst herausgeholt habe, nur um sie dann abermals herauszuholen, um sie in die Tüten zu packen. Ein Geraffel sondergleichen, wohl der Preis der Niedrigpreisstrategie.

Nachdem wir das Erworbene im Auto deponiert haben, gehen wir zurück in die „Ladenstraße“. Als ich das erste Mal auf ein Schild mit „zur Ladenstraße“ stieß, glaubte ich noch, es wäre der Aufgang zu einer Straße mit eben jenem Namen. Ich bin eben nicht großgeworden mit Einkaufszentren.

„Baumschmuck. Wir brauchen jetzt Baumschmuck. Zielgeschäft: ‚Nanu-Nana‘!“, verkünde ich das weitere Vorgehen. Inzwischen habe ich es aufgegeben, hochwertigen Christbaumschmuck zu kaufen, beispielsweise Kugeln aus Glas. Die sind mir zum einen zu teuer und zum anderen gehen sie kaputt, wenn sie zu Boden fallen. Was sie tun, wenn ich sie aufhänge. Ich habe mich mit dem Plastik also angefreundet und glaube, schwarze Kugeln aus Glas sind schwer zu bekommen.

Nanu-Nana ist ein unerträglicher Laden, da seine Gestaltung darauf ausgelegt ist, dass man beim Durchschreiten maximal viel umwirft. Ich glaube, schon im vergangenen Jahr habe ich auf diesen Aspekt hingewiesen. Wann immer ich in diesem Geschäft bin, höre ich irgendwo einen Kunden sich dafür entschuldigen, dass er zum Beispiel eine Glasvase mit seinen Einkaufstaschen erst mitgerissen, dann umgeworfen hat. Ein interessantes Ladenkonzept: möglichst viel Ware auf möglichst geringer Stellfläche. Kunden im Verkaufsraum sind offenbar nicht vorgesehen.

In diesem Jahr habe ich nichts umgestoßen, aber endlich die schwarzen Kugeln gefunden. Schwarz ist nun also Trend am Baume, ich im vergangenen Jahr vermutlich zu früh dran. Ich Trendsetzer, ich! Wir kaufen sofort eine Großpackung, denn der Plastikschrott kostet nichts. Teuer kommt er uns erst dann zu stehen, wenn wir versuchen, ihn aus den Ozeanen zu fischen. Doch vorher hängt er mehrere Saisons an unseren Bäumen. Den Baum übrigens, den kaufen wir morgen. So sieht es der Große Plan vor.

„So, wir können nun endlich nach Jacken gucken. Auf zu ‚Jack and Jones‘!“, deklariere ich feierlich. Jack and Jones ist mein Lieblingsladen, den ich stets mit Angst betrete, da es die Kette mit den eifrigsten Verkäufern ist, die einem auf Schritt und Tritt folgen. Da ist es immer gut, wenn meine Mitbewohnerin dabei ist, da sie derart unfreundlich gucken kann, dass niemand es wagt, uns anzusprechen. Doch leider scherte ich in einer gedankenverlorenen Minute aus, weil ich ein schickes Hemd gesehen habe.

„Kann ich dir helfen? Welche Größe brauchst du denn?“

Es ist nun passiert. Ein Verkäufer spricht mich an. Mit dieser unsäglich doofen Frage. Meine Mitbewohnerin stößt dazu:

„Da lässt man dich einmal aus den Augen!“, sagt sie. Ich muss schmunzeln. Und wende mich dem Verkaufstalent zu:

„M. Oder L. Vielleicht S.“

Meine Mitbewohnerin interveniert gottseidank: „Wir schauen uns um, danke!“

Eine Winterjacke finden wir hier nicht. Aber albernerweise – und das ist kein Witz – finde ich eine weitere Übergangsjacke, die ich sofort kaufe.

Die angezogen gehen wir zu „Olymp & Hades“. An sich passe ich in deren Zielgruppe überhaupt nicht rein. Dort kaufen extrem coole und trendige Leute ein. Ich nun aber auch. Heute jedoch nicht, denn sie verkaufen nur diese unerträglich dicken Jacken, mit denen ich unmöglich in meinen neuen „BMW Mini“ passe, den ich gar nicht habe.

Einigermaßen verzweifelt gehen wir zu „S. Oliver“, nachdem wir feststellen mussten, dass „Esprit“ die Männer-Abteilung abgeschafft hat. Dort übrigens findet meine Mitbewohnerin einen Mantel. Ich hingegen werde innerhalb von einer Minute fündig und erwerbe eine Jacke, die exakt meinen Vorstellungen entspricht. Ob sie wirklich warm genug ist, wird sich noch zeigen müssen, da ich bereits in meiner neuen Übergangsjacke enorm schwitze.

Wieder zuhause werden wir sehr besinnlich. Sie baut unsere selbst gebastelte Krippe auf, auf meiner Facebook-Seite zu sehen, während ich mich wundere, wo diese Mütze herkommt, die ich in einer Tasche finde.

„Hab ich diese Mütze gekauft?!“, frage ich meine Mitbewohnerin, die gerade Josef in der Hand hält. Das kleine Jesuskind muss noch zwei Wochen in meiner Schreibtischschublade ausharren, bis es seinen großen Auftritt hat.

„Hast du schon wieder was mitgehen lassen?!“

Kürzlich kaufte ich Hosen. Glaubte, vier gekauft zu haben, hatte zuhause aber fünf. Es ist ein Mysterium. Die Mütze aber passt ganz gut, möglich also, dass ich sie bewusst gekauft habe.

So bewusst dieser Kauf, so bewusst steigen wir nun immer weiter ein in das, was wir Weihnachten nennen. Ganz besinnlich.


Dieses ist die 700. Geschichte des seppologs. Inzwischen bin ich der Meinung, dass es durchaus möglich ist, die 1.000 vollzumachen. Direkt vorgenommen habe ich mir das nicht, denn niemand weiß, was das kommende Jahr mit sich bringt. Es wird einiges im Gepäck haben, wie ich für mich schon sagen kann.

Nicht ohne, sondern mit enorm viel Stolz blicke ich auf die hinter uns liegenden 700 Beiträge zurück. Seit fast drei Jahren begleitet mich nun das Schreiben in dieser Form, die für mich ganz persönlich inzwischen einen enormen Erinnerungsfundus darstellt, wenn ich bedenke, was in diesen wenigen Jahren alles geschehen ist. Nicht ohne Pathos kann ich für mich sagen, dass ich noch vor drei Jahren ein – nicht völlig! – anderer Mensch war. Umso spannender werden die kommenden Jahre.

Staunend blickt der Mensch auf seine Zeit und erkennt: Müßiggang ist ihre Sache nicht.

In aller gebotenen Demut bedanke ich mich bei Euch für das Verfolgen von 700 Geschichten. Für das Lesen, für das Kommentieren, für das Kritisieren und vor allem für das Begleiten. Bei all der Arroganz, die ich hier immer wieder zur Schau stelle, weiß ich das sehr zu schätzen. Denn ohne Euch würde ich das hier womöglich gar nicht machen.

Traditionell halte ich mich im zwölften Monat eines jeden Jahres mit dem Schreiben an dieser Stelle zurück. Aus einem simplen Grund: Wir alle haben in dieser hoffentlich besinnlichen Zeit Besseres zu tun. Und sofern es mich nicht zwischenzeitlich überkommt, beschließt dieser Artikel das Jahr 2017 im seppolog.
Nicht erst seit zurückliegenden kontroversen Artikeln weiß ich, dass nicht jedem meiner Leser Gesundheit und Glück vergönnt sind. Und trotzdem hoffe ich, dass Ihr alle ein schönes Weihnachtsfest verbringen werdet. Und vielleicht ist ja schon die quälende Frage geklärt, was Ihr Silvester tut, an diesem zwanghaften Anlass zu feiern. Ich weiß es für mich bereits im Groben, da es meine Mitbewohnerin in die Wege geleitet hat. Vermutlich werde ich dennoch am 31. Dezember völlig überrascht sein. „Aber wir haben das doch schon vor Wochen geplant!“, wird sie dann sagen. Und vermutlich Recht haben.

Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bleibt besinnlich.