Die Situation spitzt sich nun doch zu. Zwar sind noch zwei Wochen Cait bis zum Ernstfall, doch nach wie vor habe ich nicht ein Geschenk. Es gibt Probleme.

Was meine Mitbewohnerin und ich meiner Nichte schenken, ist bereits klar, doch bei meinem Neffen gibt es noch Unklarheiten. An sich war schon ausgemacht, was er von uns bekommt, allerdings hat sich nun dessen Opa, mein Vater, in die Angelegenheit eingeschaltet: Nun schenken er und meine Mutter das, was an sich wir schenken wollten. Wir hingegen verschenken deren Geschenk. Das, möchte man meinen, ist gedingst wie gesprungen, hat aber familienpolitische Gründe und es ist nun nicht mehr an mir, diese zu ergründen; ich nehme sie hin, um überhaupt ein Geschenk zu haben. In zwei Wochen.

Und als würde das noch nicht genug des Geraffels sein, verursachte nun auch meine Mutter ein solches: Sie wünscht sich nun erstmals seit rund 20 Jahren tatsächlich etwas, womit sie von der Tradition abweicht, dass ich ihr jedes Jahr das gleiche schenke. Auch hier also muss ich umplanen. Denn ich darf über all das nicht vergessen, dass ich das, was meine Eltern mir schenken, ebenfalls kaufen muss, weil ich sonst anstatt eines Tablets ein Tablett am Gabentisch auspacken werde.

All diese Käufe werden noch an diesem Samstagabend passieren. Die Sparkasse Münsterland-Ost wird in dieser Nacht verdächtige Geldtransfers von meinem Konto ausgehend registrieren …

In zwei weiteren Dingen hinke ich meinem stringenten Zeitplan hinterher: Da ist zum einen der Adventskalender meiner Mitbewohnerin, den ich ihr befülle. Befüllt haben sollte. Bislang habe ich ihn (in zwei Etappen) lediglich bis zum heutigen Tage bestücken können; Nachschub muss her. Überdies wird heute Nacht der Nikolaus kommen. Etwas verspätet, was daran liegt, dass ich am sechsten dieses Monats auf Safari war, also nicht hier in Düsseldorf.

Zum anderen ist da der Weihnachtsbaum. Den hätte ich nun glatt vergessen in diesem Jahr. Aus verschiedenen Gründen gibt es exakt nur einen möglichen Kauftermin: morgen. Am zweiten Advent also wird hier der Baum stehen, für den es nach wie vor keinen Schmuck gibt, was wiederum auf eine Fehlplanung im vergangenen Jahr zurückgeht, die sich dieses Jahr nun zu wiederholen drohte. Nach Aussortieren roter und goldener Christbaumkugeln – beide Farben gehen Weihnachten überhaupt nicht! – stellten wir vergangenes Jahr fest, dass keine Kugeln übrigblieben – und der Baum auf diese Weise nackt. Wir nahmen uns vor, 2017 hohe Geldbeträge in hochwertige Kugeln zu investieren, in schwarze, weiße und silberne.

Im November war ich noch gelassen. „Ist ja noch dicke Zeit!“, sagte ich zu meiner Mitbewohnerin. Doch plötzlich wache ich auf und es ist der neunte Dezember: kein Baum, kein Schmuck. Und außerdem ist mir kalt. Das nämlich war heute Morgen ein weiterer Anlass für das heutige Weihnachtsshoppen: Ich brauchte dringend eine Jacke für den unerwartet harten Winter (Schon das zweite Mal Schnee in diesem Jahr! Ich war an sich darauf eingestellt, dass wir bis Ende des Jahres wieder sympathische zwölf Grad haben würden.).

Ich besitze unzählige Übergangsjacken. Was erstaunlich ist, da ich den exakten Zeitraum des Übergangs zwei Mal im Jahr nicht mitbekomme. Die Jahreszeit Übergang ist die am schwierigsten auszumachende. Ende dieses Sommers fand ich sogar eine alte Kunstlederjacke von mir wieder, die ich vor zwei Jahren vor mir versteckt haben muss. All meinen Übergangsjacken ist allerdings gemein, dass sie zu jeder Zeit zu kalt sind. Gut, dass da noch die dicke Winterjacke ist.

Die allerdings ist dermaßen dick, dass ich damit kürzlich nicht im ICE platznehmen konnte, da ich zwei nebeneinanderliegende Plätze hätte reservieren müssen. Und Autofahren mit beziehungsweise in dieser Jacke: ebenfalls nicht möglich.

So fragte ich mich, ob es der textiltechnische Fortschritt inzwischen nicht bereits erlaubt, mittels dünnem Stoff, dünne Füllung inkludierend, eine wärmende Wirkung zu ermöglichen.

„Natürlich!“, bejahte meine Mitbewohnerin, die ich heute mitnahm zum Shoppen am zweiten Adventssamstag. An einem Tag, an dem man nicht überrascht davon sein sollte, dass Tausende andere Menschen es genauso machen. Alle nehmen meine Mitbewohnerin zum Shoppen mit.

Wir betreten mit unserem Auto die Parkgarage der „Arkaden Düsseldorf“, nein, der „Düsseldorf Arkaden“. Zwar heißt es in unserer Familie seit zwei Generationen

Flothos parken immer am Eingang!,

doch hat das im Grunde noch nie gestimmt. Bei meinem Vater war es meist eine Lüge und bei mir ohnehin; ich fahre in Tiefgaragen oder Parkhäusern immer bis nach ganz unten (bzw. oben) in die letzte Ecke, da dort immer ein Platz frei ist. Nur heute eben nicht. Nicht kurz vor Weihnachten. Wir finden cainen Parkplatz.

„Warndreieck-Trick?“, frage ich meine Mitbewohnerin.

„Ja, okay.“

Sie also steigt aus, während ich das Auto an den Rand der Gasse parke, wo man freilich nicht parken darf – es sei denn!, man stellt einige Meter hinter das Auto das Warndreieck. Schon hat ein jeder Verständnis und umfährt mein abgestelltes Auto vorsichtig.

Ich bin großer Freund der Arkaden, da ich dort immer alles bekomme, ohne viel laufen zu müssen. Auch werden einem in diesem Mikrokosmos nicht die runtergekommenen Fassaden Düsseldorfs zugemutet. Ganz im Gegenteil, hier ist alles hochweihnachtlich geschmückt und alles dient dem Konsum. Und dafür sind wir ja hier.

Station eins ist „Mister Minute“. Eine meiner Armbanduhren braucht eine neue Batterie.

„Wir gehen als erstes zu ‚Mister Minute‘. Wegen meiner Uhr“, erkläre ich meiner Mitbewohnerin den Ablauf.

„Mister Mint, meinst du!“

„Nein, der Laden heißt ‚Minute‘, weil der alles innerhalb von nur einer Minute – Du hast Recht, ich sehe gerade, ‚Mint‘. Ich hab jetzt 30 Jahre geglaubt, der heißt ‚Minute‘. Was soll denn ‚Mint‘ bedeuten?!“

Mister Mint, aka Mister Minute, nimmt meine Uhr in Empfang und ich erhalte im Gegenzug ein Zettelchen, das mich zur Abholung etwa 20 Minuten später berechtigt.  Diese 20 Minuten waren in meinem Plan natürlich vorgesehen, weil ich ständig bei Mister Minute Kunde bin. (Meine Mitbewohnerin ist später sogar erstaunt, dass mich Mister Minute am Ende fragt, ob wir uns in diesem Jahr noch sehen würden. Ich verneine und wünsche frohe Festtage.)

„So, diese Zeit nutzen wir laut Plan für den ‚DM‘. Wir müssen aber getrennt durch den DM gehen, weil ich da was für deinen Adventskalender besorgen muss“, erkläre ich die nächsten Schritte.

Es soll hier ein Geheimnis bleibe, womit ich meine Mitbewohnerin die nächsten Tage bis zum 24. beglücke. Für sie jedoch nicht, denn leider treffen wir uns an der Kasse wieder.

„Ist das jetzt klug, dass du dich hinter mir anstellst?“, fragt sie mich, kann sie doch nun sehen, was ich auf das Kassenband lege.

„Ist es wohl nicht, aber die Schlangen an den anderen Kassen sind zu lang. Du darfst jetzt einfach nicht hinsehen.“

Diesen Akt erledigt, holen wir bei Mister Twentyminutes meine Uhr ab, mit der es offenbar Probleme gegeben hat. Mister Minute versteht sich nämlich nicht auf Chronographen und wunderte sich, dass der Sekundenzeiger sich einfach nicht bewegen will. Wie jedes Mal erkläre ich geduldig, dass der Sekundenzeiger bei einem Chronographen woanders ist und der vermeintliche Sekundenzeiger eben kein solcher ist! Wieder versteht er es nicht, tut aber zumindest so, sodass wir unseren Einkauf fortsetzen können.


Diese Fortsetzung findet ihre Fortsetztung in „Besinnlicher Weihnachtseinkauf Teil II„. Das übrigens wird die 700. Geschichte sein, die ich seit dem zweiten Mai 2015 hier geschrieben habe.