Ich bin zum Anpacker geworden; es ist geradezu unheimlich. Sabrina, die in den USA zusammen mit einem Mann sowie einem Hund lebt und alles weiß streicht, was auch nur leicht ins Graue tendiert, fragte mich gestern Morgen, wobei es bei mir sechs Stunden nach dem Morgen war, was auf die Caitverschiebung zurückzuführen ist, langer Satz, ich weiß, auch noch der erste in diesem Jahr, nein, der zweite:

„Was hast du heute angepackt? Packst du wieder was an?“

Natürlich. Denn 2018 ist mein ganz persönliches Anpackerjahr und ich muss hier aufpassen, nicht wie ein Tsjakkaa-Du-Schaffst-Das-Coach zu wirken, aber exakt in dem Modus befinde ich mich seit einiger Zeit. Daher wird es hier auch von Pathos möglicherweise nur so triefen, doch – und der Satz ist Aufhänger dieses Textes -: Pathos passt eben nun einmal zu meiner Eitelkeit.

Was mir zu Eitelkeit einfällt: Natürlich wird sie mir oft unterstellt, ich kokettiere auch bis zum Abwinken damit. Und dann traf ich selbst auf wirklich eitle Menschen und komme aus dem Kotzen nicht mehr heraus. Man macht sich keine Vorstellungen, wie weit manch einer aufgrund seiner Eitelkeit geht. Oftmals weiß ich nicht, soll ich darüber lachen, weil es so arm ist, oder soll ich morden?

2018 wird ein Hürdenlauf für mich, wobei klar ist, dass ich nicht eine Hürde werde reißen dürfen. Und seltsamerweise glaube ich sogar fest daran, dass ich sie alle nehmen werde. Scheitern ist leider wirklich keine Option und deshalb habe ich immer gewarnt:

Der Versuch ist bereits die Wurzel des Scheiterns.

Das bleibt gültig und kann in einen Phlegmatismus führen. Manch einer kann damit leben, ich kann es nun nicht mehr. Denn es dürstet mich nach mehr.

Vieles hat sich aufgestaut, vieles passt nicht mehr. Das alles bricht sich immer mehr Bahn, was wohl auch mit dem Alter zu tun hat, wobei ich betonen möchte, dass ich mit 37 oder 38 Jahren nicht alt bin. Alt genug aber, um von gewissen Ansprüchen nicht immer nur zu träumen, sondern sie in die Realität zu überführen. Alt genug, gemerkt zu haben, dass sie sich von alleine nicht erfüllen, dass man investieren muss. Andere kapieren das schon mit 20. Ich nicht. Es ging mir zu gut mit 20.

Bei mir geschehen Dinge grundsätzlich später als bei den meisten anderen. Das habe ich schon längst akzeptiert, finde es auch nicht schlimm. Es bringt einem geistige Freiheit, wenn man sich nicht um Konventionen schert, sich nicht permanent an anderen orientiert. Ich kenne Menschen, die das tun und sich im Grunde selbst dafür hassen. Selbsthass ist mir fremd, was ich mir übrigens nicht vorwerfen lasse.

Um mich herum wird geheiratet und gezeugt. Ich höre immer von Steuervorteilen durch Heirat. Abtörnend ohne Ende. Steuern interessieren mich nicht. Ich eheliche meine Mitbewohnerin doch nicht des Geldes wegen. Unerotischer geht’s nicht. Aber gut, mit 38 oder 39 Jahren kann man nach 13 Jahren des Zusammenlebens durchaus mal an eine formale Verbindung denken, vielleicht sogar an Nachwuchs, da ich davon überzeugt bin, dass meine Gene unbedingt für die Nachwelt erhalten bleiben müssen, in Kombination mit denen meiner Mitbewohnerin sogar zu einer Art Übermenschen führen könnten. Doch der Begriff des Übermenschen ist natürlich zurecht verpönt, bis die AfD ihn für sich entdeckt haben wird, nachdem sie „Halbneger“ ja bereits wieder aus der Schublade geholt hat. Nazifotzen auch in diesem Jahr.

Doch bevor diese Dinge anstehen, müssen andere geordnet werden. Und irgendwie habe ich bei mir einen Schalter umgelegt, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich ihn besitze. Ich spreche hier nicht von den klassischen Vorsätzen für das neue Jahr, denn die finde ich belanglos, da man sie eh nicht einhält. Es ist lediglich ein zufälliges Zusammentreffen von 2018 und dem neuen Seppo, der in den vergangenen Tagen Dinge angepackt hat, die schon seit Jahren brachlagen.

Da ist sie, diese Lust, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen. Dieser unerschütterliche Glaube, dass es funktionieren wird, was ich, was wir!, vorhaben. Das Ziel grenzt an einer überheblichen Unverschämtheit und deshalb habe ich mir bislang stets Ziele gesetzt, die sich praktisch von alleine verwirklichen lassen. Jetzt aber sind es zwei Ziele, die massiven Aufwandes bedürfen, die Dogmen über den Haufen werfen und meine bisherige Lebensweise in Frage stellen. Denn ich selbst stelle sie nicht nur in Frage, nein, ich ändere sie auch.

Vielleicht wirklich eine Frage des Alters. Nicht Lebensmittekrise, denn ich habe mitnichten eine Krise, ich laufe lediglich über vor bislang nicht gekannter Motivation. Womöglich liegt es daran, dass ich zuletzt immer öfter einem Spiegel gegenübertrat in Form anderer Menschen. Die mir unbewusst und unfreiwillig deutlich vor Augen hielten: So bist du selbst! Ich verlor eine Menge Respekt. Insbesondere vor Ja-Sagern. Ich sage plötzlich nein. Und das nicht selten. Ich erlebe mich plötzlich im Zug sitzend, eine junge Frau ankackend, weil sie wiederum sich mehr als unhöflich einer älteren Dame gegenüber verhielt. Ich schrie sie zusammen, der Applaus des Waggons war mir sicher. (Ich wusste doch, irgendwann bekomme auch ich meinen Applaus … aber so?!)

Ich bin getrieben von Veränderung und habe eine erschreckend klare Vorstellung davon, wie diese aussehen wird. Ich habe bereits an ihr geschnuppert, was mich nur noch mehr antreibt, diese Pläne in die Tat umzusetzen. Und jeden Tag frage ich mich, wie lange hält das an?! Ist es ein Rausch?! Kommt morgen der Kater!?

Darf nicht. Denn es ist nun Lebensinhalt. Morgens hält mich nichts im Bett. Möglichst früh raffe ich mich auf, um für das Neue zu arbeiten. Ein ungewöhnlicher Januar, da mich meist mit Beginn des ersten Januars eine leichte Depression befällt: Als großer Freund von Weihnachten freue ich mich wochenlang auf eben das, was nach Silvester so schlagartig vorbei ist. Alles beginnt bei Null, das ist jedes Jahr mein Eindruck. Doch dieses Jahr ist es anders. Ich beginne bei einer anderen Null.

„Das wird unser Jahr“, sagte ich um null Uhr des Neujahrstages zu meiner Mitbewohnerin. Das sage ich nun immer zu ihr. Es ist auch eine Durchhalteparole, denn es wird nicht leicht. Es wird rumpeln, der Weg ist ausgesprochen holprig. Doch wenn ich mir vor Augen halte, was ich zu verlieren habe, dann ist da nicht sooo viel. Das macht es mir einfach. Und es macht Spaß. Ich schlafe besser. Eben weil ich Dinge anpacke. Und vor allem: Dinge hinter mir lasse. In unserer Luxusgesellschaft müssen wir uns nicht fremdbestimmen lassen. Das Gros haben wir selbst in der Hand. Freiheit war nie größer bei allen Restriktionen, denen wir unterliegen müssen, damit eine freie Gesellschaft funktioniert, und angesichts dessen, was da kommt, wird sie wohl auch nie größer werden.

„Was packst du heute an?“

Jaaaa, heute schalte ich einen Gang runter. Weil ja Wochenende ist und ich kurz mal durchatmen muss. Aber mooorgen! Da packen meine Mitbewohnerin und ich zusammen etwas an. Einen kleinen Baustein des Neuen. Seltsamerweise hat mein Vater mir geholfen, indem er sagte:

„Du musst es Schritt für Schritt angehen, nicht immer das Ganze vor Augen haben, da es dann unbewältigbar scheint.“

Dieser simple Rat hat geholfen. Und am Ende steht das große Ziel. Wenn ich daran denke, bin ich einem Orgasmus nahe. So unwahrscheinlich scheint es. So grandios. Irgendwann wurde mir klar, dass es kein unrealistisches ist. Dass es nur an mir ist, es zu erreichen.

Ich glaube, für die meisten von uns – nicht für alle! – gilt, dass wir vieles nicht realisieren, weil wir es nicht angehen. Womöglich wegen zu großen Respekts vor dem Aufwand. Der Sorge zu scheitern wegen. Dabei glaube ich auch, dass es viel simpler ist, als wir glauben, die Dinge anzupacken.


Wenn das mal kein Start ins vierte seppolog-Jahr ist! Es wird ein spannendes Jahr, aber noch kann ich die Bombe nicht platzen lassen. Ich hoffe, Ihr seid gut ins neue Jahr gekommen! Packt Ihr auch etwas an? Lasst es mich in den Kommentaren wissen, bevor Ihr dann meine überarbeitete Homepage besucht!

(Aus Rücksicht meiner Mitbewohnerin gegenüber betone ich hier ausdrücklich, dass wir weder heiraten noch einer von uns beiden schwanger ist oder es werden will. In absehbarer Cait.)