Sabrina USA, eine Freundin wohnhaft in den USA, stellte jüngst vollkommen zurecht fest, dass es auf der Startseite des seppologs – Sie lesen es in diesem Moment – nur so von Fotos wimmele, auf denen ich nicht nur abgelichtet sei, sondern auch noch nachdenklich und ernst gucke. Mir ist sie bewusst, diese unerträgliche selfie-Schwämme derzeit, und das wiederum ist mir vor allem eines: gleichgültig. Sie hat aber Recht, ich lächele nie. Ich sagte ihr im Scherze, ich sei eben ein nachdenklicher Poet, um dann zu erklären, dass ich auf Fotos leider nicht lächeln könne, weil ich dann einfach albern aussehe. Andere, nicht politisch korrekte Begriffe beschrieben es besser … Obiges Bild zeigt zumindest den Anflug eines Lächelns … Man sieht auch, wie krampfhaft ich mich an die Wand presse. Kein so gutes Foto.

Und auch für die heutige Ausgabe des seppoABCs mit dem Buchstd’accord!aben L verfeuere ich also ein weiteres Foto meines jüngsten „Fotoshootings“ mit der zauberhaften undsoweiter. Weil es geht und weil ich eben noch lebe.

Leben.

Der Buchstabe L in diesem mich beschreibenden ABC steht eigentlich felsenfest für „Laufen“, aber mal ehrlich, wer will denn noch lesen, wie supi ich immer durch die Gegend laufe?! Und außerdem gibt es dafür ja meinen Zweitblog dieLaufeinheit. Also stellte ich mir die Frage, was mit „L“ sonst noch so auf mich zutrifft und kam hochphilosophisch auf eben: leben. Denn es gibt wohl nichts, was mich mehr ausmacht, dass ich 24 Stunden am Tag ohne Unterbrechung tue: leben. Gilt für uns alle. Muss ich aber wohl nicht dazu sagen, obwohl sicherlich auch Tote diesem Blog als Karteileiche folgen. Widerspruch werde ich von ihnen nicht ernten, was mich auf bestechende Art bestätigt. Mit den Toten bin ich d’accord!

Für mich ist die Frage, was vor dem Leben, also vor der Geburt war, relativ leicht zu beantworten: Da war der Tod. Meine Theorie, aus der ich demnächst eine ganze Religion stricken werde („Die Jünger Seppos“, vgl. auch Seppoismus), die andere mit Waffengewalt niederringt, wie das Religionen so machen, ist die, dass wir alle, die wir so herumleben, schon einmal tot waren. Auf diese Weise ist diese lästige Frage nach dem Leben vor dem Leben end- und mustergültig beantwortet. Bleibt nur noch die Frage, was nach dem Leben kommt. Klare Antwort: der Tod. Und mit ihm: das Nichts. Alle anderen Theorien habe ich widerlegt, wie an anderer Stelle nachzulesen ist. Es würde hier und heute (unterwegs) zu weit führen.

Nun habe ich persönlich – und jeder tickt da ja etwas anders – kein Problem mit der Annahme, dass nach dem Leben einfach mal nichts kommt. Wie wird es sich anfühlen? Nun, ich habe es vom Urknall bis in die späten Siebziger des 20. Jahrhunderts ja bereits erlebt. Es fühlt sich nach nichts im nichtigsten Sinne an. Ich muss mich also beispielsweise nur an das Jahr 1878 zurückerinnern: So wie damals, so wird sich der Zustand Tod anfühlen.

Natürlich ist das für den Menschen, der sich seiner ja bewusst ist (wodurch er sich durch die meisten Tiere vermutlich unterscheidet), eine etwas triste Aussicht. Wie auch sollen wir uns vorstellen, dass wir einmal nichts sein werden?! Es ist so sinnlos wie der Versuch, bewusst an nichts zu denken. Es geht nicht. Es ist nicht vorgesehen. Ich selbst glaube, dass wir einfach nicht in der Lage sind, uns das Nichts vorzustellen, ganz so wie ein Hund sich nicht vorstellen kann, wie der Breitbandausbau in Deutschland jemals vonstatten gehen könnte, wenn die Politik versagt. Er hat keinen geistigen Zugang zu der dahinterstehenden Technologie. Und es ist ihm wohl auch egal. Mir übrigens nicht, aber da kann Bello ja nichts dafür.

Was macht Leben für uns aus? Natürlich gibt es eine klare Defintion. Nein, gibt es nicht, sehe ich gerade. Also, für Leben gibt es keine klare Defintion, aber Kriterien. Merkmale. Der Stoffwechsel gehört dazu. Pipi machen also. Wachstum. Reproduktion. Geschieht alles so nebenbei, gegen vieles davon können wir uns nicht einmal wehren. Irgendwann setzt sich die Blase ja doch durch.

Aber was macht Leben für uns auf, sagen wir mal, geistiger Ebene aus? Womöglich kennt der eine oder andere Leser so einen Moment, wo man dasitzt und sich denkt:

Krass, ich bin irgendwie da.

Ich habe solche Momente.

Das ist jetzt irgendwie alles echt. Um mich herum sind andere. Die denken wie ich.

Der Leser möge es mal versuchen, darüber nachzudenken. Und schon wird deutlich, dass Leben einem Wunder gleicht.

Doch Wunder sind eine Erfindung, oder zumindest doch Benennung, durch: Lebende. Sie sind ungeeignet, etwas zu erklären. Das müsste ein Außenstehender tun und damit wären wir bei dem Konstrukt Gott. Ich fürchte, es gibt ihn nicht. Tragische Offenbarung an dieser Stelle. Die Bombe ist geplatzt. Wäre natürlich blöd, ich stehe dann irgendwann (toi, toi, toi) vorm Jüngsten Gericht und muss mich für diesen Text rechtfertigen. Ich sag einfach, es war ein ghostwriter. Wobei, da wäre ich zu eitel für. Und landete wegen meiner Eitelkeit in der Hölle. Die ist aber nun wirklich eine menschengemachte Erfindung. Es war die Kirche!

Leben halte ich für einen Zufall. Es sind einige Dinge zusammengekommen, die dazu führten, dass sich Leben bilden konnte. Und es ist ja irgendwo auch die Ausgeburt der menschlichen Arroganz, das für etwas Außergewöhnliches zu halten. Denn was ist der Maßstab? Gut, im Vergleich zu einem Stein sind wir natürlich schon irgendwo was Besseres. Was aber irgendwie wieder arrogant ist. Dem Stein gegenüber.

Ich finde diese nüchterne Betrachtungsweise nicht schlimm. Es mindert ja nicht meinen Lebenswert. Ich bin deshalb nicht in irgendeiner Form desorientiert oder bar jeden Zieles. Zwar glaube ich nicht, dass es ein Lebensziel sui generis gibt, aber man kann sich ja selbst Ziele setzen, die einen antreiben.

Wenn ich aber schon einmal da bin, weil zufällig die Entfernung zur Sonne stimmt, dann möchte ich das Leben gestalten. Ich selbst bin schlecht darin, handwerklich Dinge zu gestalten, also bemühe ich meinen Kopf. Das liegt mir, wie ich meine. Diese Annahme mir zu nehmen, als Illusion zu entlarven, wäre für mich ein Debakel. Weil dann wäre es wirklich sinnlos für mich. Ich will auch diesen abgedroschenen Begriff, diese inflationäre Kreativität nicht überstrapazieren, aber ich habe nur den, um ihn für mich zu beanspruchen. Leider ist es nun so, dass Geistesergüsse physisch meist nicht wahrzunehmen sind, anders als beispielsweise eine Pyramide, die jemand (mithilfe von Sklaven) errichtet hat. So etwas werde ich also nicht hinterlassen. Ich hinterlasse vermutlich gar nichts, was aber in Ordnung ist, da es mir dann egal sein wird. Denn mit Sicherheit geht dann auch mein Geist ins Nichts hinüber und mit ihm das, was zumindest ich als Kreativität empfinde. In meinen Augen, wenn ich so über mich selbst nachdenke, ist das Konstruieren von Dingen im Kopfe (in meinem Fall von Geschichten, ferner Texten) unfassbar faszinierend. Denn das kann ich zu jedem Caitpunkt. Weil es in mir stattfindet, relativ unabhängig vom Äußeren.

Was mit dem Tode geht, ist unersetzlich. Der Körper sowieso, aber der Geist, die Seele darin, ist nicht wiederzubringen. Ein ganzes Universum an Gedanken und Erinnerungen siecht dahin, als wäre nie etwas gewesen. Selbst das Konservieren des Gehirns brächte (vermutlich) nichts, denn der Genius ist nicht fassbar, vielleicht sogar nicht einmal verortbar.

Sieht man einen Menschen an, ist es unmöglich zu sehen, welche Weiten sich hinter seinen Augen verbergen. Faszinierend, oder? Grenzenlosigkeit trotz begrenzten Schädelvolumens. Mehr als sieben Milliarden Universen wandeln auf Erden innerhalb dieses einen uns bekannten, das immerhin eine Grenze hat. Unsere haben keine. Und das macht Leben aus.


Bilder aus meinem leblosen Leben finden Sie auf meiner Instagram-Seite. Die Buchstaben A bis K des seppoABCs hingegen hier.