Das Beitragsbild zeigt eine ganz normale Alltagssituation: das Sitzen auf einem Parkplatz, ganz ungestellt und natürlich. Und damit willkommen zur 14. Folge der heiteren Serie des seppoABCs, in dem es mal nur um mich geht, anders als in allen anderen Texten auf dieser Plattform. (Der letzte Satz kostet mich – das ergab meine Marktforschung – etwa 100 Leser. Dass ich ihn dennoch schreibe, spricht für meine publizistische Unabhängigkeit …)

Zusammen mit meiner Lektorin, die wir hier immer KM nennen, habe ich einen halben Tag darüber nachgedacht, welcher Begriff mit N mich charakterisiert, denn heute ist eben jenes N an der Reihe. Und ich sage direkt, dass Narzissmus natürlich vorgeschlagen wurde. Jedoch habe ich darüber schon mehr als selten geschrieben.

„Schwierig, aber für M weiß ich schon was. Münster! Aber erst brauchen wir N!“, schrieb ich KM.

„Ähm …“

„Nein, N!“

„Nein, Seppo. M war doch schon. M kommt vor N!“

„Ach, verdammt, natürlich! … Ach scheiße! Was hatte ich denn bei M?!“

Mann.

„Ach, scheiße! Dann hab ich ausgerechnet meine Heimatstadt vergessen! Oh wie traurig, alte, neue Heimat!“

Doch ich bin ziemlich sicher, dass Münster noch seinen Platz hier finden wird. Jedoch nicht heute, denn schließendlich bewegte meine Lektorin mich dazu, über nächtliches Wasserlassen zu schreiben. Im Folgenden geht es also um Urin. Pipi. Harnsäure. Pinke. Seiche. Unsere eben noch verlustig gegangenen Leser würden sich im Grabe umdrehen, wüssten sie, welch heitere Thematik ihnen nun entgeht. Denn Wasser lassen wir doch alle.

Und zur Einstimmung ein funfact, wie man heute so sagt: Die menschliche Blase, die bei jedem in etwa gleich groß ist, kann durch Überdruck nicht platzen. Womöglich nehme ich dem einen oder anderen, der gerade massiv muss, aber aus verschiedenen Gründen daran gehindert wird, eben diese Sorge, dass ihm seine Blase platzt. Eine Einschränkung jedoch muss sein: Prallt der menschliche Körper aus guten oder eher schlechten Gründen irgendwo auf, dann besteht leider durchaus die Gefahr, dass seine Blase dabei explodiert. Das gilt dann aber auch für viele andere Organe oder gar den Kopf. Ein Aufprall ist somit global gesehen eine Risikosituation, die es zu meiden gilt. Und ich meide sie. Ich neige beispielsweise nicht zu Extremsportarten, wo man mit Aufprällen rechnen muss. Allerdings schweben unangenehm oft schwere Eisengewichte über meinem Kopf, nachdem ich selbst sie dort hingehievt habe. Wenn die mir mal aus der Hand rutschen, dann gnade mir Gott. Das könnte ich dann vermutlich nicht mehr verbloggen. Hmm, sollte ich dann vielleicht vorher tun. Bitte notieren, mich notfalls daran erinnern!

Gut. Schiffen, es soll um Schiffen gehen. An sich kein Problem, ist es ja nicht selten ein sehr befreiender Vorgang. Nicht selten komme ich von der Toilette und denke noch Minuten später, wie gut ich mich fühle, wie entspannend es war. Teilweise muss ich es anderen Menschen dann sogar mitteilen, doch nicht jeden interessieren meine flüssigen Toilettengänge, was ich ziemlich ignoarrogant finde. Dabei habe ich eigens dafür den Blog seppoilet eingerichtet, schaut gerne mal dort vorbei.

Doch Urindrang zur Unzeit ist etwas anderes und dazu geeignet, eine ganz erheblich störende Spannung aufzubauen: Pipi unter dem Sternenhimmel.

Ich bin ja Verfechter der Haltung, dass man mit beispielsweise 50 nicht alt ist, während viele bereits, wohl auch kokett, unter der 40 ächzen. Wenn wir alle so rund 80 Jahre und älter werden können, sollte man sich über eine 40 oder 50 nicht beklagen, zumal mancheiner, der sich mit 45 alt fühlt, mit 46 überraschend aus dem Leben scheidet. Sich mit dem Klagen über das Alter aufzuhalten, ist Zeitverschwendung und ein 90-Jähriger würde wohl nur mit dem Kopf schütteln, sofern er das noch kann.

Ich bin zirka 38 Jahre alt und halte mich für ausgesprochen jung. Ich war mit 20 ein körperliches Wrack, habe das aber zum Glück noch drehen können und arbeite inzwischen unter anderem an dem Gelingen des Spagats, der einem im Alltag natürlich nichts bringt, aber die Mobilität erhält. Sabrina USA, eine in den USA lebende und schneidende Freundin, findet das unmännlich, womit sie vollkommen Recht hat, während ich mir die Frage stelle, wie seltsam es sich anfühlt, wenn der Hodensack direkten Bodenkontakt hat. Sie merken, heute wird es etwas schlüpfriger.

Doch auch mit etwa 38 Jahren kann ich nicht verhehlen, dass manche Dinge anders ablaufen als noch mit 18. Erhebe ich mich aus einer Sitzgelegenheit, untermale ich das mit einem lauten Stöhnen, als hievte ich mich mit letzter Kraft angeschossen aus einem Schützengraben bei Verdun. Ganz klar ist mir die Ursache des Stöhnens nicht, denn es bereitet mir ja keinerlei Schmerzen, das Erheben. Aber ich beobachte es auch bei Gleichaltrigen. Vielleicht ist es irgendein Mann-Gehabe; „Seht her! Ich stehe auf!“

Zwei Tage hintereinander eine abenteuerliche Mixtur aus Rum, Cola, Rumcola und Wein trinken: nicht mehr möglich, sofern man am zweiten Tag danach etwas vorhat. Ein fürstliches Besäufnis überlege ich mir inzwischen zweimal und treffe oft die falsche Entscheidung.

Einige Dinge halten mir also durchaus vor Augen: Du bist keine 18 mehr. Da trifft es sich gut, dass ich auch lieber 38 als 18 bin, und nehme nur unter Protest in Kauf, dass ich nachts mindestens einmal den Schlaf unterbrechen muss, um Wasser zu lassen. Doch der Kern des Problems ist genau das nicht, sondern dieses:

Wie so viele andere vermutlich auch baue ich den Harndrang zunächst in den derzeit laufenden Traum ein. Zur Zeit träume ich sehr irre, was nicht für guten Schlaf spricht. Die Handlungen sind meist sehr spannend, zumal meine Träume wie hochwertige „Netflix“-Serien vertikal erzählen. Doch irgendwann wird der Urindrang zur Haupthandlung des Traumes, bis ich schließlich wach werde (und man bleibt trotz Wachwerdens müde, was paradox ist), wenn auch nicht in Gänze. Es ist dann wie bei Enten, die stets nur mit einer Gehirnhälfte schlafen, während die andere aufpasst. Ein Teil von mir schläft weiter, der andere verhandelt mit meiner Blase.

„Ist es so dringend?! In zwei Stunden geht der Wecker. Hältst du es noch so lange aus?“

Blase: „Ich würde es nicht ausprobieren. Die vielen Tees gestern Abend waren ein dummer Fehler, den ich jetzt wirklich nicht ausbaden will.“

„Und wenn ich jetzt einfach weiterschlafe, was dann? Was willst du dagegen machen?!“

Blase: „Ich werde dir Schmerzen beibringen, mein Freund.“

Ich weiß natürlich, dass ein Einschlafen in dieser Hochdrucksituation nicht einfach ist, ich im Zweifel eine halbe Stunde wachliege, in der ich eine möglichst druckfreie Körperhaltung zu finden versuche. Rational ist mir klar, dass der Toilettengang eine Sache von nur wenigen Minuten wäre. Doch ich würde das Licht einschalten müssen! Ich mag treffsicher sein, aber weißgott nicht im Dunkeln. Setze ich mich aber dem Licht aus, denkt mein Biorhythmus, Guten Morgen, kann losgehen. Dann fährt er völlig verfrüht und übereilt sämtliche Körperfunktionen hoch und staunt nicht schlecht, wenn ich das Licht wieder ausschalte, mich ins Bett lege. Hellwach dann.

Ich muss also abwägen. Lichtflut riskieren? Oder noch zwei Stunden Beine zusammenkneifen und das Beste hoffen?! Ich folge da cainer festen Regel. Je nach Dringlichkeit und Restschlafzeit entscheide ich individuell. Und ganz nebenbei staune ich morgens, wenn ich es mir in der Nacht also verkniffen habe, dass man auch im Schlaf seine Schläuche derart im Griff hat. Ich meine, der Körper könnte doch einfach sämtliche Schleusen öffnen. Auch Staudämme bersten, wird der Druck mal zu hoch. Dann aber ist nichts mehr sicher vor der Flutwelle und ein Tsunami im Bett wäre mit 38 schwer vermittelbar.

Viel schlimmer, als beispielsweise nachts um drei mal zu müssen, ist es, wenn ich abends noch etwa zweimal aufstehen muss, weil mein Körper plötzlich übereifrig entwässern möchte. Gerade winters trinke ich Unmengen an Tees, besonders Ingwertee hat es mir in dieser Saison angetan. Das können auch abends gerne noch zwei Liter sein, von denen ich natürlich weiß, dass sie zum Problem werden können. Aber ich denke ungern in die Zukunft. Ich lebe schließlich jetzt. Blöd, wenn man drei Stunden später immer noch lebt und im Bett liegt. Gerade einschlummert, aber währenddessen schon geahnt:

„Ich könnte jetzt, wenn ich wollte.“

In dem Fall steht man besser umgehend auf, damit im Laufe der frühen Nacht aus einem leichten Drang kein Fass ohne Boden wird. Also wuchte ich mich aus dem Bett, erledige das Nötige und lege mich wieder hin. Doch ich mit meiner Kommunionsblase und zwei Liter Tee intus löse damit erst den Monsun aus. Wieder gerade leicht eingeschlummert hinein in die bessere Welt … muss ich abermals.

Das war mit 18 nicht so. Und eigentlich, leicht hypochondrisch veranlagt, war mir klar, dass ich an irgendetwas leide. Aber ich gehe ja nie zum Arzt, sodass ich mich damit abfand. Jetzt, wo ich mir drei Tage in der Woche ein Haus mit drei anderen Männern teile (Wir haben es zusammen in einer Lotterie gewonnen), weiß ich aber, dass es völlig normal ist.

Ich stehe immer als Erster auf, um fünf Uhr. Trinke dann meinen Kaffee im Bett, lese dabei und höre dann wie beispielsweise Zimmernachbar Butzi das Klo aufsucht. Oder eine Etage unter mir, der Christopher, der gerade eine Weisheitszahn-OP hinter sich gebracht hat – durchgeführt von mir. War eine megascheiß Idee. Hat sich entzündet. Mach ich nie wieder. Am falschen Ende gespart. Sorry, Christopher! Und gute Besserung!

Nun überlege ich aber abschließend und richte mich mit einer daraus resultierenden Frage an die Leser älteren Semesters: So es mir vergönnt ist, ein siebentes Lebensjahrzehnt anzutreten, mit welcher nächtlichen Frequenz muss ich da rechnen? Lohnt es sich gar, direkt auf dem Klo zu nächtigen?

Freue mich sehr über entsprechende Kommentare, aber auch andere Erfahrungen zu dieser Thematik.


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