(Hallo, Nikki!) Es war ein police officer, der mir gestern in den Bart griff und sagte:

„I love this beard!“

So also, dachte ich, fühlen sich Frauen, denen man an die Brust fasst und die Liebe zu dieser bekundet. Ich fühlte mich dreckig und benutzt, zum Objekt degradiert. Es ist lange her, dass mir Menschen in den Bart fassten. Vier Jahre trage ich ihn nun und anfangs schien ich damit voll im Trend, fast im Hype zu liegen, der inzwischen wieder etwas abgeflaut ist, da der Vollbart nicht mehr nur „in“, sondern irgendwie normal geworden ist.

„But what is this?!“, fragte der police officer dann etwas erbost, als er bemerkte dass er große Teile meiner Pomade nun in seiner Hand trug.

Darum warne ich insbesondere Frauen immer wieder: „Fass nicht rein, ist ölig!“ Doch der police officer warnte mich nicht vor, er betrachtete das Eis zwischen uns bereits als gebrochen, nachdem er das Gespräch angefangen hatte mit:

„Hitler had good ideas!“

Ich lachte, da ich das für einen (billigen) Scherz hielt und war froh über das Stichwort, denn so konnte ich mein

„Don’t mention the war!“

anbringen! Interessierte ihn aber nicht, da er mir seine Hitler-These näher erläutern wollte.

„You are kidding me?“, hakte ich nach.

„No.“

Und dann legte er los, während ich meinen Wein verschlang und bereits Ausschau nach einem neuen Gesprächspartner suchte, da mir gestern Abend nicht nach Hitler war … Später aber, viel später, als ich Erfolge feierte mit meinem „Danke“ in Hitlersprech, merkte ich, die Schotten stehen drauf, wollen genau das vom Deutschen geliefert bekommen. Sie geben uns Bond, wir geben ihnen Hitler.

 

Der Taxifahrer, der uns gestern zur Dundas Castle chauffierte, hatte nicht nur starken Raucherhusten, sondern auch eine Tante in Höxter, die er zuletzt 1991 besucht hatte.

„Germany’s very clean!“

Noch so ein Klischee. Ich sagte ihm daher auch:

„If you want to see waste, visit Düsseldorf.“

„Never heard about Dusseldorf.“

Sympathischer Mann irgendwie.

 

Der gemeinsame Nenner zwischen Briten und mir ist die hiesige Humorindustrie und so war mein Eisbrecher in der Kontaktaufnahme zum Einheimischen John Cleese, auch wenn der eben Engländer und nicht Schotte ist. Er scheint jedoch überall zu funktionieren und wird hier meinem Eindruck nach hauptsächlich mit „Fawlty Towers“ in Verbindung gebracht, was mir entgegenkommt. Zumal auch hier wieder sehr gut mein

„Don’t mention the war!“

passte, das ja nun einmal von Cleese stammt. Nahtlos ging es über zu league of gentlemen, das in Deutschland weniger bekannt ist, obwohl es ebenfalls gnadenlos humorig ist. Meine Mitbewohnerin allerdings hasst die Serie, da sie von der Szene angewidert war, in der ein Schwein unter Zuhilfenahme einer menschlichen Damenbrust gestillt wird. Auch darüber hinaus hat die Serie durchaus etwas im Wortsinne Unheimliches …

 

Weil ich das schottische Englisch (ich meine natürlich nicht die Amtssprache, die „schottisches Englisch“ strenggenommen meint, sondern schlicht den Dialekt) nicht verstehe, habe ich heute versehentlich nach dem haggis ein Dessert bestellt. Haggis übrigens schmeckt ausgesprochen gut, sofern man nicht darüber nachdenkt, woraus es besteht. Seit 38 Jahren verweigere ich das Essen von Fisch ohne zu wissen, wie er eigentlich schmeckt, aber bei haggis zögerte ich caine Sekunde. Erst danach informierte ich mich über die Inhaltsstoffe und so wurde mir klar, warum haggis so aussieht, wie es aussieht.

„Hieß Haggis nicht auch der Typ aus ‚Harry Potter‘?“, fragte ich haggis kauend meine Mitbewohnerin.

„Was? Haggis?! Nein. Achso, du meinst Hagrid!“

„Hagrid! Richtig! Aber wenn haggis ein Mensch wäre, sähe er aus wie Hagrid!“

In dem Moment kam die Kellnerin, die etwas sehr Schottisches zu mir sagte. Ich versuchte, nicht ratlos auszusehen und sagte:

„Yes. Thank you.“

Denn ich setzte alles darauf, dass sie nur gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei. Keine fünf Minuten später kam dann das Dessert. Ich blicke nun doch ratlos drein und zwar in die Augen meiner Mitbewohnerin, die wusste:

„Du hast eben ihr Angebot des Tagesdesserts angenommen.“

„Achso, das war ein Missverständnis. Aber gut, wenn’s schon mal da ist. Thank you!“

„Zehn Pfund“, gab meine Mitbewohnerin zu Protokoll.

„Das ist natürlich scheiße.“

„Das ist auch der Grund, warum du unsere Weihnachtsbäume nicht mehr kaufen darfst.“

(Kleine Randnotiz: In diesem Moment schaltet sich wieder der Fernseher ein. Wir bekommen das Gerät einfach nicht in den Griff. Wir lassen ihn inzwischen gewähren. Wir sind hier schließlich nur Gäste.)

Große Probleme hatte ich mit der Schiebetür, die ich nicht als solche erkannte, doch die Beule ist bereits wieder auf dem Rückzug. Größerer Unmut verursachte hingegen die Kaffee-Situation, denn hier bekommt man schwer guten Kaffee, sofern man „Starbucks“ meidet. Hier bekommt man in der Regel „Americano“, was ein mit Wasser verdünnter Espresso ist. Der Leser sollte hier innehalten und sich noch einmal verdeutlichen: mit Wasser (!) verdünnter (!) Espresso!

Leider verfügt unser Apartment auch nicht über eine Kaffeemaschine, sodass meine Mitbewohnerin und ich frevelhaft zu einem löslichen Kaffeepulver griffen! Schmeckt nicht nach Kaffee, aber besser als Americano – zum Aufwachen reicht es irgendwie und diese Zeilen entstehen bei einer Tasse Tee.

Ich könnte noch mehr berichten, doch angemessener wäre es, man würde mir berichten, da mir ein paar Stündchen des gestrigen Abends fehlen. So sagte man mir, ich sei der König der Tanzfläche gewesen, was ich mir erst gar nicht bildlich vor Augen führen möchte. Doch ich wollte den Schotten mal zeigen, wie man in Deutschland feiert, zumal um zwölf Uhr hier Feierabend ist, was ich nicht nachvollziehen kann. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass man hier früh anfängt und den Abend mittels Flachmann vorneraus verlängert. Ich stand dem in nichts nach.

Das waren drei heitere Berichte aus Edinburgh. Einige optische Eindrücke sind auf meinem Instagram-Profil zu sehen.