Das seppolog wünscht (fast) allen Lesern einen besinnlichen Advent!

Spüren Sie diese Wärme? Diese Wärme zwischen Ihnen und mir? Das ist Besinnlichkeit, die ich meine. Die ich nun bereits im vierten Jahr mit Ihnen teilen darf! Vier Jahre älter sind (fast) alle nun geworden; vieles hat sich verändert, doch eines bleibt (fast) immer gleich: die alljährliche Besinnlichkeit! Eine Konstante in unserem Leben, die wir wertschätzen sollten, weil Leben eines sicherlich nicht sind: konstant.

Die also eigentlich konstante Besinnlichkeit bei meiner Mitbewohnerin und mir erfährt jedoch in diesem Jahr eine einschneidende Abweichung zu den bisherigen Jahren. Eigentlich wäre unsere Wohung schon lange üppig weihnachtlich dekoriert, wofür im Wesentlichen stets ich verantwortlich zeichne, da ich an keinem Deko-Artikel von „Tchibo“ vorbeilaufen kann, ohne ihn nicht auch zu kaufen. Eigentlich würden schon die kleinen Handschühchen unsere Türklinken zieren und übereigentlich stünde schon die traditionell von mir im Preis versehentlich hochgehandelte Nordmann-Tanne vom Düsseldorfer Fürstenplatz in unserem Wohnzimmer! Und zuguterletzteigentlich würde bereits das kleine Jesuskind in meiner ersten Schreibtischschublade von oben auf seinen Einsatz in der eigentlich schon aufgestellten Krippe warten. Doch nur eigentlich, denn nicht einmal die erste Kerze wurde entzündet!

Stattdessen leben wir zwischen Kartons, da wir in Kürze umziehen, selbstverständlich innerhalb dieser sehr weihnachtlichen Stadt, in der die neuen Nazis einfach keinen Fuß zu fassen vermögen. Erlauben Sie mir dazu eine kleine Anekdote:

Die Jugendorganisation der AfD wurde vom Bundesvorstand dazu verdonnert, künftig nicht mehr die erste Strophe der deutschen Nationalhymne zu singen (aus Angst vor Beobachtung durch den Verfassungsschutz). Statement der „Jungen Alternative“ dazu: „Wir erkennen an, dass das Singen aller Strophen des ‚Liedes der Deutschen‘ in der Öffentlichkeit leider falsch interpretiert wird und keine Vorteile mit sich bringt.“ Das muss man sich mal reinziehen! „Leider falsch interpretiert“?! Wohl der Fehler der Deutschen, die noch bei Sinnen sind und bei „Deutschland, Deutschland über alles“ irgendwie ein ungutes Gefühl im Magen bekommen …

Es bringt uns also nichts, unsere Übergangswohnung wenige Tage vor dem Auszug noch auf Besinnlichcait zu trimmen, sodass uns rund eine Woche des Dekowahns entgangen ist, was ich außerordentlich bedaure. Darum ergeht in der Bundesseppoblik Deutschland der Erlass, dass die Weihnachtszeit um eine Woche verlängert wird, sodass erst gegen Ostern die entsprechenden Deko-Artikel wieder entfernt und durch die neutralen Ganzjahresmonumente ersetzt werden.

Unsere neue Wohnung, die das I-Tüpfelchen auf unseren Neustart in Münster darstellt, verfügt über eine „höhere Decke“, obwohl nicht die Decke höher ist, sondern die sie tragenden Wände. Decken selbst sind nicht hoch oder niedrig … Diese höheren Wände also bieten uns nun die Möglichkeit, einen größeren Baum in unserem neuen Domizil aufzustellen. Die Rede ist freilich von einem Weihnachtsbaum, nicht von beispielsweise Birken, wie sie bei „Hans im Glück“ rumstehen, was mir gerade gar nicht einleuchten will, aber es wird einen Grund haben. Moment, ich googele mal eben.

Nichts rausgefunden. Nur, dass es wohl einen Rechtsstreit um das Birken-Design mit der Designerin gab. Man einigte sich besinnlich auf einen Vergleich. Wie dem auch sei …

Da ich kürzlich alle bis auf einen Chevy Chase-Filme sah, muss ich nun natürlich zwangsläufig an dessen Weihnachtsfilm (der in Deutschland seltsamerweise zwei Titel trägt) denken, der noch aussteht, da ich ihn erst in der neuen Wohnung zelebrieren möchte. In jenem Film erwirbt Familienvater Clark Griswold (in einem Film der Reihe schreibt er sich „Griswald“) einen durchaus ansehnlichen Weihnachtsbaum, der allerdings höher als Griswoldens Wände ist, woraus sich einiges an Geraffel ergibt, ganz im Stile der 80-Jahre-Filmdramaturgie.

Weil so etwas auch bei meiner Mitbewohnerin und mir passieren könnte, darf ich seit drei Jahren bei Käufen von Weihnachtsbäumen vorher zwar Wünsche anmelden, doch beim Kauf selbst nicht reden.

„Sei aber bitte freundlich!“, mahne ich meine Mitbewohnerin jedes Jahr wieder, denn diese verwandelt sich innerhalb von Sekunden in einen knallharten Verhandler, wenn es um den Preis für die Bäume geht. Ich hingegen neige dazu, nicht zum Verhandlungstalent zu neigen. Sagt mir der Verkäufer, er wolle 50 Euro für einen Baum, dann schlage ich sofort ein. Es gab jedoch dieses eine Jahr, in dem ich versehentlich den Preis des Baumes hochgehandelt hatte, weil ich offenbar nicht auf der Höhe meines Verstandes war.

„Den gebe ich Ihnen für 50 Euro!“, sagte damals der Verkäufer.

„Nein, nein, nein. Nicht 50!“, setzte ich an, „Ich habe nur 60 Euro dabei.“

„Gut, 60.“

„Abgemacht!“

Meine Mitbewohnerin stand neben mir und sackte leicht in sich zusammen, wobei sie schwerfällig ausatmete.

„Wie habe ich das gemacht?“, fragte ich sie stolz.

„Ja, wie hast du das gemacht?!“, fragte sie zurück.

„Zehn Euro! Das sind … Moment … 40 Prozent!“

„Es sind nicht 40, es sind 20. Und nicht 20 weniger, sondern 20 mehr. Du hast gerade … Also war das ein Witz?! … Du hast den Preis nach oben getrieben!“

„Was?! Mooooment, das ist …“, sagte ich und rannte zum Verkäufer, der gerade den Baum durch die Vernetzungsmaschine schob.

„Das ist ein Missverständnis! Ich hatte gedacht … Was kostet der Baum? 40?“

„40?! Ich muss doch was an dem Baum verdienen!“, er gespielt empört, wie ich es jedes Jahr höre.

„Ach, das sagen Sie immer! Also, auf wie viel hatten wir uns geeinigt?“

„Auf 70.“

„70?! Das sind ja, das sind ja *räusper* Prozent!“

„Gut, ich gebe Ihnen den Baum für 60!“

„Abgemacht!“, ich freudig und drehte mich zu meiner Mitbewohnerin um, die noch tiefer in sich gesackt war, „Na, wie habe ich das gemacht! 60 statt 70! Das sind … das sind … das sind … einige Prozente!“

Naja, heute lachen wir darüber und ich freue mich schon darauf, wenn mir diese Anekdote in ein, zwei Wochen wieder unter die Nase gerieben wird. Sie hat mich schon gewarnt:

„Dieses Jahr kaufen wir nen Baum bei ‚Bauhaus‘ für 20 Euro und gut ist.“

Da es in unserer Beziehung mitnichten der Fall ist, dass ich keinerlei Hosen anhätte, wie es ja in Zeiten, da der Mann ganz gerne immer ein bisschen zur Witzfigur gemacht wird, weil er ja eigentlich ein Vergewaltiger ist, der die Frau unterdrückt, was freilich für alle Männer gilt, wird es dazu aber nicht kommen, es sei denn, ‚Bauhaus‘ verkauft zufällig mir adäquate Bäume. Was sie auf jeden Fall verkaufen, sind Küchenarbeitsplatten. Die nämlich haben wir bestellen müssen, da am kommenden Wochenende unsere Küche neu gebaut wird.

Der anstehende Umzug steht und fällt mit dem Küchenbau. Provisorisch haben wir sie derzeit in unserer Übergangswohnung errichtet, wo mir deutlich wurde, wie wichtig es ist, dass eine Arbeitsplatte exakt waagerecht verläuft. Dass unser Provisorium allerdings ein Gefälle hat, merke ich spätestens, wenn ich Öl in eine Pfanne gebe, welches sich dann an deren südlichem Ende sammelt, was einen Bratvorgang erheblich beeinträchtigt. Erst als der Bierdeckel in Brand geriet, merkte ich, dass man diese Unebenheit zwischen Herdplatte und Pfanne nicht mit Pappe ausgleichen sollte, aber immerhin funktionieren die Rauchmelder tadellos.

Neun Wochen haben wir nun auf engem Raum zusammengelebt und unsere Beziehung hat auch das überlebt, wobei meine Mitbewohnerin auffällig oft abends nicht nach Hause … aber gut, das hat sicherlich Gründe.

Den heutigen erste Advent allerdings begehen wir getrennt, da ich in Berlin weile. Erlauben Sie mir also, ihr auf diesem Wege einen schönen ersten Advent zu wünschen, wobei mir bewusst ist, dass sie dieses mit rund zwei Wochen Verzug lesen wird. So gesehen wünsche ich dazu noch einen schönen dritten Advent!

Bleiben Sie besinnlich! Räumen Sie jeden Menschen aus dem Weg, der eine Gefahr für Ihre Besinnlichkeit darstellt. Das ist mein Rat zum ersten Advent an Sie!

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