Hier sehen wir den Papst in meiner Straße, der Mimigernaford-Straße in Münster.

Lassen Sie sich schnell auf den neuesten Stand bringen: Fabio Chigi heißt unser neuer Nachbar, der ein Nuntius des Papstes ist und vor einigen Tagen aus dem Vatikan geflohen ist, da sein Verhältnis mit dem Verhältnis vom Papst aufgeflogen ist. Schwierige Sache, aber gar nicht Hauptgegenstand dieser Geschichte, die absolut wahrhaftig ist. Chigi taucht jedenfalls und ausgerechnet in Münster unter, hat sein Klingelschild mit meinem getauscht, damit der Papst ihn nicht findet, er aber weiterhin seine Post bekommt. So weit alles logisch und nachvollziehbar. Und nun steht wer vor meiner Tür?! Richtig, der Papst. Weil: Klingelschild vertauscht, das merkt selbst der Papst nicht. So, steigen wir direkt in die Handlung ein! Lassen Sie sich von meiner Erzählkunst verzaubern und entführen in ein Reich der Phantasie, in dem alles möglich ist. Aber gut, dieses hier ist eben nicht ausgedacht. Ich schwöä!


Und wieder klingelt der Heilige Vater an meiner Tür. Ich beschließe mich zusammenzureißen und zu öffnen. Es ist ja schließlich der Papst und kein Zeuge Jehovas, derer ich übrigens in Münster noch nicht einen Vertreter an der Tür hatte. In Düsseldorf noch marschierten sie armeegleich durch die Straßen. Was ist los mit Euch? Ich wäre jetzt so weit! Bereit fürs Harmagedon!

„Hello, holy father!“, sage ich, als ich die Tür öffne. Ich gebe mich als Kosmopolit, der ich bin, international.

„Sprechen Sie ruhig Deutsch, mein Sohn“, sagt der Papst und blickt misstrauisch in unseren Flur. Meine Mitbewohnerin stößt aus dem Ostflügel zu uns.

„Oh!“, sagt sie nur.

„Das ist der Heilige Vater“, sage ich zu ihr, „Und das ist meine Mitbewohnerin“, sage ich zum Papst.

„Nun lass doch den Papst nicht vor der Türe stehen!“, meine Mitbewohnerin gespielt empört, „Möchten Sie was trinken, Heiliger Vater? Seppo hat für unseren ‚SodaStream‘ neulich so einen Sirup gekauft, der schmeckt wie ‚RedBull‘, also nicht sooo gut. Aber vielleicht genau Ihr Ding?“

„Der Sirup riecht sogar ein bisschen nach Kotze, um ehrlich zu sein“, sage ich.

An die Anwälte vom fantastischen RedBull-Konzern: Wenn etwas nach Erbrochenem riecht, heißt das ja erstmal nichts. Denn wenn Erbrochenes nach RedBull riecht – das wäre ja der Umkehrschluss -, dann riecht Kotze so lecker wie Ihr fantastisches Getränk!

„Seppo!“, mahnt sie.

„Ja, was soll ich groß lügen?! Gott weiß doch eh alles. Und wenn Gott es weiß, weiß es der Papst wohl auch. Oder, Heiliger Bimbam, Vater, Vater!“

„Äh, ich, äh, ja, nehme ein Glas Ihres Tranks. Aber verzeihen Sie, wer ist Seppo? Ich suche einen Fabio Chigi.“

„Das bin ich. Fabio Chigi“, erwidere ich, denn der Papst soll ja denken, ich heiße Fabio Chigi, auch wenn ich nicht der Fabio Chigi bin, den er sucht. Es ist nicht einfach, lesen Sie im Zweifel den ersten Teil dieser Geschichte!

Meine Mitbewohnerin sieht mich an wie ein Auto, denn sie ist in den genialen Plan nicht eingeweiht, was die Genialität des Planes zugegebenermaßen etwas schmälert. Also fahre ich fort: „Seppo ist ein entfernter Cousin von mir, der uns gelegentlich Getränke liefert. Er ist ein Getränke-Samariter gewissermaßen.“

Der Papst, meine Mitbewohnerin und ich setzen uns in den Westflügel ins Wohnzimmer. Als er meinen Vorrat an „Captain Morgen“ sieht, scheint er sich sehr über das Glas selbstgemixten RedBulls zu ärgern.

„Möchten Sie ein Gläschen Rum? Wir reichen Leib Christi mit Schokoguss dazu!“, scherze ich. Und das gefällt dem Heiligen Vater, der schenkelklopfend auf Latein lacht. Lateiner lachen in Moll, darum klingt es eher traurig, obwohl es fröhlich gemeint ist. Uns zuliebe lacht er nun in Dur.

„Publius est rusticus, heheheheh“, scherzt er, was ich aber nicht verstehe.

Wir leeren im Laufe von zwei Stunden eine komplette Flasche vom Captain, als beim Papst der Hunger einsetzt. Vielleicht kennen Sie das, dieses drängende Hungergefühl nach Alkoholkonsum.

„Kann man hier irgendwo gut Pizza essen?“, lallt er.

„Ja, klar! Hier um die Ecke ist das ‚SS‘!“, sagt meine Mitbewohnerin, wonach ich ihr mit meiner Hand am Hals deute, gefälligst die Klappe zu halten. Denn das „SS“ ist das „Spaghetti und Schutzgeld“, die Pizzeria von dem Fabio Chigi, den der Papst sucht und auf keinen Fall finden darf. Der Name der Pizzeria ist verunglückt, aber das können Sie mir jetzt nicht anlasten. Die ganze Situation ist ja schwer verunglückt.

„Auf ins SS!“, ruft der Papst, „Geht alles auf mich!“

„Hui“, schwärmt meine Mitbewohnerin, „Ich hol mir die komplette Kirchensteuer in Laib Pizzi zurück!“

Während der Papst sich seine Soutane überwirft, schreibe ich Fabio Chigi hektisch eine Whatsapp-Nachricht.

„Der Papst will Pizza im SS essen! Was soll ich tun?!“

Fabio hatte mitbekommen, dass der Papst bei uns ist. Und wieder einmal erleben Sie, wie der Autor dieser Zeilen sich langsam aber sicher tief in der Handlung dieser Geschichte verheddert. Was kann ihn retten? Denn natürlich könnten der Papst, meine Mitbewohnerin und ich ins SS gehen, da ja Fabio Chigi nicht dort, sondern zuhause ist. Das jedoch hat der Autor dieser Zeilen für einen Moment vergessen. Doch wie immer rettet ihn ein klingelndes Handy.

Mein Handy klingelt. Nicht mein privates, sondern mein Diensthandy.

„Verdammt! Ich habe ja Rufbereitschaft!“

Ich eile ins Ankleidezimmer im Südflügel, wo der Papst mit seinem Zepter wild gestikuliert und seine Osteransprache 2021 übt: „Liebe Brüder und Schwestern, frohe Ostern! Heute erklingt überall in der Welt die Botschaft der Kirche: Jesus Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!“

Meine Mitbewohnerin hört das irritiert: „Auch das noch. Um diese Zeit?! Ob er aus unserem RedBull ein lecker Weinchen macht?“

„Heiliger Vater! Großes Unglück! Ich habe Rufbereitschaft und mein Diensthandy klingelt. Ich dürfte gar nicht betrunken sein!“, rufe ich.

Alle paar Wochen habe ich für sieben Tage Rufbereitschaft, falls außerhalb der Kernarbeitszeit Dinge zu regeln sind, die meinen Job betreffen. In aller Regel bleibt das Telefon stumm, sodass ich lediglich für die Bereitschaft bezahlt werde. Der Konsum von Alkohol ist allerdings in diesem Zeitraum nicht angebracht, da ich im Notall handlunsgfähig sein sollte. Und das bin ich nüchtern schon nicht, wenn ich mal offen sprechen darf.

Ich nehme den Hörer meines Handys ab. „Flotho, hallo?“, lalle ich. Am anderen Ende erzählt mir ein Kollege, den ich zumindest vom Namen her kenne, etwas von einem Versorgungsausfall im Süden Münsters. Was besseres hätte mir nicht passieren können! Zum Papst: „Holy father, wir können nichts ins SS, ich muss überraschend arbeiten, ein Notfall. Versorgungsausfall in Münster-Hiltrup. Ich kann meinen Kollegen jetzt unmöglich sagen, dass ich mit dem Papst pizzaessen gehen wollte. Obwohl es, glaube ich, keine bessere Ausrede auf der Welt gibt. Aber es würde mir auch niemand glauben.“

„Kein Problem“, entgegnet der Papst, „Fahren wir halt zusammen! Nehmen wir das Papamobil!“

„Sie sind alles andere als nüchtern! Wer kann fahren?“, frage ich in die Runde.

„Ich bin der Papst. Den Polizisten will ich sehen, der mich pusten lassen will! Außerdem ist das Papamobil schusssicher! Und ihre Kollegen werden Augen machen, wenn Sie den Papst mitbringen! Sollten Sie etwaige Akzeptanz-Probleme im Kollegium haben, sind die danach wie weggeblasen!“

„Ich und Akzeptanzprobleme im Kollegium? Ich bitte Sie! Ich bin unfassbar beliebt. Vor allem bei …“

Wir werden unterbrochen, bevor ich zwei Namen aussprechen kann. Schaaaaaaaadeeeeeeee. Doch wovon wir unterbrochen werden, weiß der Autor gerade nicht mehr, da er an diesem Text mehrere Tage gearbeitet hat. Gönnen wir uns also eine Pause, bis der Autor eine Ahnung hat, wie es weitergehen kann. Bis dahin empfiehlt er sich im Wunsche, dass Sie ihm gewogen bleiben.

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