Gleich zwei Anwaltskanzleien haben sie auf mich gehetzt, um den Druck meines Buches „Pullivers Reisen“ zu vereiteln. Und obwohl ich inzwischen steinreich bin, wollte ich mir einen langen und teuren Prozess ersparen und mein Geld lieber in die schnelle Befriedigung durch vorhaltige Konsumgüterprodukte investieren. Denn weiß der Teufel, wie lange ich noch lebe. Nur Narren sparren.

Die klagende Gegenseite, die Nachfahren von Jonathan Swift, der einigen von Ihnen bekannt sein dürfte, verteidigt „Gullivers Reisen“ bis aufs Blut und stieß sich daran, dass ich im Wesentlichen jenen Original-Text übernahm, wobei ich jedes „Gulliver“ durch „Pulliver“ ersetzte, was wohl nicht das erforderliche Maß schöpferischer Höhe darstelle, was im Wesentlichen der Vorwurf war. „Plagiat!“, riefen sie.

In meinem neuesten Werk „Moby Strick“ jagt ein Wal im Strickpulli einen holzbeinigen Schiffskapitän, der ihm seine Carrera-Bahn entwendet hat. Im Grunde handelt es sich um einen ausgesprochen spannenden Krimi, der die Tierwelt begeistern wird. Besonderes Gimmick: Die Buchseiten bestehen aus Plastik, um die Bäume zu schonen. Ja, auch ich bin inzwischen auf dem Nachhaltigkeitstrip (sieht man von meinem oben erwähnten vorhaltigen Konsum einmal ab).

Seit acht Jahren schon – freilich mit großzügigen Pausen – schreibe ich hier in diesem Blog, der in den ersten Jahren unfassbare Zugriffszahlen hatte, von denen ich dercait nur noch träumen kann. Der Niedergang ging einher mit meiner tiefen Verbitterung, die mich ab dem 2014. Jahr nach Christus überkam, da sich damals meine Lebensumstände unangenehm verschlechterten. Erst seit rund einem Jahr weiß ich, wie fantastisch es eigentlich sein kann, wenn alles stimmt! Die Verbitterung wich einer Party, die seit einem Jahr währt und wenn sich diese Grundstimmung hier wieder manifestieren kann,

Ich muss zur Toilette, Augenblick …

Also wenn sich diese Stimmung in meinen Texten widerspiegelt, ist uns allen, insbesondere mir, geholfen.

Nun gut, es geht mir hier aber um ein schockschwereunnötiges Ereignis. Ich muss etwas ausholen für die neuen Leser, werde mich aber sehr kurz fassen: Vor einiger Zeit ermordete ich Lara Ungern. Ich ermordete sie nicht etwa ungern, sondern ihr Nachname ist schlicht „Ungern“. Ich ermordete Lara Ungern gern. Nach ihrem Tod wählte sie das Opferschutzprogramm, was ihr gutes Recht ist. Leider, leider trat sie jüngst aus ihrem Schatten und suchte meine Begegnung auf einer Lesung von mir. Stimmungskiller, kann ich Ihnen sagen, wenn da Ihr Mordopfer vor Ihnen steht mit diesem unvergleichlichen

„Hallo, Seppo!“

„Oh, Lara. Verrückte Welt. Folgendes: Ich bin zeitlich ganz eng gerade. Nett, dich wieder mal getroffen zu haben, aber du weißt ja, wie gerne ich Menschen treffe. Also, mach’s gut!“

„Seppo, ich ziehe nach Münster! Dann können wir noch einmal bei Eins anfangen!“

„Null. Man fängt bei Null an, Lara.“

„Achja, wie doof von mir.“

„Macht nichts, siehst ja ganz passabel aus“, antworte ich. Denn ich bin, weil es ja Trend geworden ist, nun als alter, weißer Mann unterwegs. Alle über 40 sind das. Vor allem die Weißen. Ich weiß nicht genau, wann es war – vielleicht vergangenes Jahr -, da wurde es zum Trend, jeden mit „alter, weißer Mann“ zu betiteln, der irgendetwas sagte, was dem Gegenüber irgendwie nicht passte. Und da alle ja ganz plötzlich übertrieben politisch korrekt sein wollen, wird jeder, der das etwas differenzierter sieht, als alt und weiß bezeichnet. Damit wird eine Diskussion im Keim erstickt, man macht seinen „Gegner“ schon vor der Debatte unmöglich. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich gehöre keineswegs zu Querdenkern, Faktenleugnern oder überhaupt zu irgend einer kritischen Gruppe. Im Gegenteil. Ich liebe dieses Land, ich liebe die Regierung, ich liebe das System. Ich liebe die freien Medien. In diesem Land darf man alles von sich geben. Bei uns sprechen sogar Nazis unbehelligt im Bundestag! Man wird nicht eingesperrt. Man wird nicht gefoltert. Man wird nicht vergiftet. Ich habe keine Lust, überall Übles zu vermuten und gleichzeitig die unbestreitbaren Errungenschaften unserer fantastischen sozialen Marktwirtschaft zu genießen. Mit jeder Impfung – und derzeit lasse ich mich sehr häufig impfen – steigt meine Liebe zur Regierung. Das muss an diesen kleinen Chips liegen, die sie mir subkutan spritzen. Und um es mal gesagt zu haben: Die Langzeitfolgen der mRNA-Impfungen sind durchaus bekannt. Es ist eben kein neues Prinzip. Und freut Euch doch mal einen Arsch, dass Ihr das umsonst bekommt! Dass Ihr es überhaupt bekommt!

So, nachdem ich nun alle auf Regierungslinie gebracht habe – die Reptiloiden baten mich eindringlich darum -, fahren wir im eigentlichen Handlungsstrang fort.

„Ich habe mir die Bürste gemacht!“, sagt Lara und hebt die Gemachten mit ihren Händen an.

„Du bist eine gemachte Frau, Respekt!“, entgegne ich und ertappe mich dabei, wie ich ihr versehentlich nicht auf die Brüste starre.

Lara und ich haben uns in Düsseldorf kennengelernt, 2015 muss das gewesen sein. Vor drei Jahren habe ich Düsseldorf verlassen, da ich dann doch eher der Westfale bin und meine Heimatstadt Münster ausgesprochen schätze. Mit Lara ist mir nun der zweite Mensch nach Münster gefolgt, denn auch mein Kompagnon Merugin …

Moment, heute Nacht ist mir eingefallen, dass ich den Feministinnen zuliebe meine Mitbewohnerin hier im seppolog übergangsweise „Mitgemeinte“ nennen könnte. Aber irgendwie ginge das nicht nur gegen Frauen, sondern auch gegen sie.

Nun also auch Lara.

„Ich wohne im Südviertel!“, erzählt sie, was mich innerlich wie äußerlich zusammenbrechen lässt, denn da wohnen meine Mitgemeinte und ich ab Dezember ebenfalls.

„Neutorstraße!“, konkretisiert Lara.

Und ich weiß einfach nicht, womit ich das verdient habe, denn genau da werden wir auch wohnen. Eine im Übrigen sehr beliebte Wohngegend: der Pöbel weggentrifiziert, Platz für mich. Nein, Spaß. In Münster gibt es gar keinen Pöbel.

So wie Homer Simpson in der grünen Hecke verschwindet Lara nun wieder in der Menge. „Wir sehen uns!“, sagt sie noch und ist verschwunden.

Ich steige in mein Auto und fahre im Standgas die rund zwei Kilometer nach Hause. Zwischendurch überholt mich Merugin auf seinem nachhaltigen Lastenrad, auf das er ein Solardach montiert hat. Die Felgen hat er begrünt und in der Satteltasche wohnen Fledermäuse. Er ruft mir irgendwas mit „kalter Fusion“ zu und ich nehme an, er hat in Sachen kalter Fusion den Durchbruch erreicht. Wir dürfen davon ausgehen, dass wir bald alle mehr darüber erfahren werden.

Zuhause angekommen treffe ich meine Mitgemeinte, die mir mitteilt, dass sie die neue Optik des seppologs – Sie halten es gerade in Ihrer Hand – etwas trist finde. Ich gebe ihr Recht, denn bei der Neugestaltung des Blogs ging es mir darum, überflüssigen Kram über Bord zu werfen. Die Texte sollen ab sofort im Vordergrund stehen und nicht irgendwelche Verlinkungen auf uninteressantes Gedöns. Über ein neues Logo brüte ich ebenfalls.

„Achso, und dann wollte ich dir noch erzählen, dass Lara wieder da ist. Sie zieht in die Neutorstraße!“, sage ich.

„Dann bringen wir sie halt wieder um“, antwortet sie trocken.

„Ja, hilft ja nix, sie kommt ja immer wieder.“

„Pflock ins Herz?“

Es klingelt an unserer Wohnungstür. Und wie in einer Fernsehserie frage ich: „Erwartest du jemanden?“

„Ja“, sagt sie zu meiner Überraschung, „Es wird wohl Ordophob Ohßem sein.“

Ordophob Ohßem! Grundgütiger! Münsters bei allen Ganoven gefürchteter Hauptkommissar!

„Oh, verdammt!“, entfährt es mir, „Er ist uns auf den Fersen. An den Hacken. Unterm Fußballen.“

„Bringen wir ihn einfach um!“, sagt meine Mitbewohnerin.

Doch ich habe eine viel bessere Idee!


Welche Idee wird das wohl sein? Es bleibt spannend in dieser spannenden spannungsgeladenen Geschichte! Demnächst mehr hier im tristen seppolog!


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