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Es könnte die Öffnung eines seltsamen Tiefsee-Bewohners sein; es könnte aber auch einfach mein Gebiss sein, das eben von einem Fell umgeben ist. Wir bleiben hier bei der Darstellung, es handele sich um meinen Mund versehen mit einem „Nostalgie“-Effekt der Google-Fotos-Applikation, um das Bild einigermaßen erträglich zu machen.

Ein- bis zweimal im Jahr gönne ich mir eine professionelle Zahnreinigung verbunden mit einem Kontrolltermin, bei dem ich auch heute wieder das Röntgen meines Kopfes verweigerte, da man sich unmöglich sooft radioaktiv durchleuchten lassen kann. Außerdem meint es das Schicksal zahnmäßig gut mit mir und verzichtet auf den Einsatz von Karies. Nur bin ich hingegen sehr anfällig für Verfärbungen, die auf meinen Kaffee-/Tee-Konsum zurückzuführen sind.

Heute hat es mehr als eine Stunde gedauert, was sich in der Rechnung über rund 64 Euro nicht widergespiegelt hat, denn die hat man mir schon vorher in die Hand gedrückt. Allerdings ist meine Freude über das nun wieder leicht strahlende Gebiss getrübt durch den fehlenden Einsatz vom Sandstrahl mit seinem leicht minzigen Aroma.

Bereits beim ersten Blick in meinen Schlund stöhnte die Fachfrau auf – da war mir schon klar, es wird eine längere Sitzung. Man liegt dann da so und ist verschiedenen Geräten ausgeliefert, wobei der Speichelabsaugschlauch der lauteste ist, zumal ich da gerne mit der Zunge dran rumspiele, was mir aber dann untersagt wurde. „Wie hat denn meine Kollegin das beim letzten Mal alles entfernen können?“, fragte sie und wartete auf eine Antwort, was mutig war, war sie doch zeitgleich mit einer Hand in meinem Mund. Merkte sie dann selbst und antwortete „Mit dem Sandstrahl?“ – „Hmmma“, bejahte ich und dann die Enttäuschung: „Den hab‘ ich nicht hier im Raum, müssen wir alles ohne abkratzen.“ Da war ich ja schon beleidigt, denn für den vollen Preis will ich auch den Einsatz der vollen Zahnreinigungsausrüstung. Ich war besorgt und plante schon eine zweite Zahnreinigung in einigen Wochen bei einem anderen Zahnarzt.

Immer toll, wenn zwischendurch Zahnarzthelferinnen reinkommen und einen nicht begrüßen, sondern nur mit der gerade putzenden Kollegin plaudern. „Brauchste noch lang?“, wollte da eine wissen, die ich nicht sah, nur hörte. „Ja, ist ein hartnäckiger Bursche. Ist, glaube ich, ein Pfeifenraucher“. Was soll ich sein?! Ein Pfeifenraucher? Ich protestiere mit Stöhngeräuschen. „Tut’s weh? Wenn’s weh tut, winken.“ Ich winkte nicht, weil es ja nicht Ausdruck von Schmerz, sondern von Protest war. Ich rauche und paffe keine Pfeife! Das erinnerte mich an einen HNO-Arzt, bei dem ich mal mit einer Gehörgangsentzündung saß. Es war das schmerzhafteste, was ich jemals hatte, wobei der halbe Kopf anschwillt. Dieser Arzt sagte mir, ich dürfe mir keine Zündhölzer mehr in die Ohren schieben. Durchaus ein sinnvoller Tipp, aber wie kam er darauf, dass ich das getan hätte?! „Hab‘ ich gar nicht“ – „Doch, haben Sie“. Ich hab‘ dann selbst nach möglichen Ursachen gegoogelt und siehe da, solche Entzündungen treffen meist Kinder, die zu lange sich in Chlorwasser aufhalten, welches ohnehin verunreinigt sein, in die Ohren eindringen und dort zu Entzünden führen kann. Nichts von Streichhölzern gefunden. Und Q-Tipps nutze ich ebenfalls nicht. Soll man ja nicht.

Nun also das Pfeifenrauchen als Diagnose meiner hartnäckigen Verschmutzungen. Wenn ich Pfeife rauche, benutzen Sie aber auch den Sandstrahl, dachte ich und ließ das Prozedere weiter über mich ergehen. Eine Zahnreinigung kann unangenehmer sein als der Einbau eines Implantats, das ich seit zwei Jahren stolz mit mir herumtrage. Gerade am Oberkiefer an der Innenseite kitztelt der Sandstrahl extrem, was mir aber heute verwehrt blieb.

Leicht beunruhigend ist der abschließende Vorgang, der Einsatz dieses Streifens, der wie Zahnseide durch die Zahnzwischenräume gezogen wird. Eine Art Schmirgelpapier. Das ist jedes Mal ein Kampf, da meine Zwischenräume sehr raumsparend gestaltet sind und da eben kaum Platz für Schmirgelpapier ist. Ein Kraftakt für die Dame, eine Herausforderung, bei der ich jedes Mal befürchte, dass sie mir den Kiefer dabei bricht. Sie sah meine Sorge: „Ich mache nichts kaputt.“ Weiß ich im Grunde ja. Letztlich musste sie aufgeben, es passt bei mir nur Zahnseide dazwischen. Ich bin was Besonderes.

Nach der Reinigung zeigte sie mir nicht mittels Handspiegels das Ergebnis. Hatte mich schon skeptisch gemacht. Ich wollte den Betrieb aber auch nicht weiter aufhalten, vermutlich wartete gerade mindestens ein Patient überfällig im Wartezimmer, weil ich ja unbedingt Pfeife rauchen musste. Statt dessen kamen die obligatorischen Tipps zur Zahnpflege und, was soll ich sagen?, von Praxis zu Praxis unterscheiden die sich, widersprechen sich meist. Vor einigen Jahren riet man mir, die Zähne nur zweimal mit der elektrischen Bürste zu bürsten und abends dann nochmal mit einer weichen Handzahnbürste. Dieses Mal hieß es, elektrische sind immer okay, aber nur die „Philips Sonicare“, die weit mehr als hundert Euro kostet. Die billigen schrubbten zu stark, was für meine sich lichtenden Zahnhälse zum Problem würde. Frei liegende Zahnhälse scheinen das Unglück meines Alters zu werden, da offenbar irreversibel. Für mich ganz klar: Neue Zahnbürste in Kooperation mit meiner Mitbewohnerin muss her. Die Zeit drängt! Von einer weichen Handzahnbürste sei abzuraten, es bedürfe der mittelweichen Ausführung. Achja, kein Wort von „Elmex Gelée“ dieses Mal. Offenbar erhält die Praxis Zuwendungen von einem anderen Konzern.

Ich besuche wenn überhaupt Ärzte nur dann, wenn sie in meiner unmittelbaren Nähe praktizieren. Das ist bei diesem der Fall und so ging ich schnell nach Hause in freudiger Erwartung, mir das Ergebnis anzusehen. Und es kann sich sehen lassen – ganz ohne Sandstrahl.