Dieses ist der den Urlaub abschließende Artikel und ohne die vorigen lesbar, allerdings mit Kenntnis derer verständlicher!

imageDreiuhrsechzehn
Wie wach kann man um 3 Uhr 16, nein, 17 sein? Schwer zu beantworten. Typbedingt. Es gibt da Abstufungen. Ich bin auf einer Skala von eins bis zehn, wobei zehn hyperaktiv sei, bei etwa vier. Unser Flug geht um halb acht am Morgen, abgeholt werden wir hier um halb fünf. Stumme Blitze eines weit entfernten Gewitters mahnen meine Mitbewohnerin und mich zu Ruhe, da die meisten Hotelgäste noch schlafen. Ein schönes Naturschauspiel:

imageLeider habe ich den Moment eines Blitzes beim Auslösen verpasst.

Der Live-Ticker zur Heimreise, auf die ich mich freue, beginnt.

Dreiuhrzweiundzwanzig
Mitbewohnerin mit einem Übermaß an Liebe zärtlich geweckt. Überraschend freundliches Gesicht, als sie mich sieht.

Dreiuhrzweiundzwanzig
Gerade Satz von drei Uhr 22 korrigiert.

Dreiuhreinunddreißig
Bereue den Plan, die Uhrzeiten auszuschreiben. Und stelle in dieser tollen Mondnacht fest, dass Urlaubsseppo™ sich langsam, aber zielstrebig in Spießerseppo™®© rückverwandelt. Ich habe ihn vermisst, den Menschen mit Regeln, unumstößlichen Prinzipien und einem erlesenen Wertekanon. Meine Mitbewohnerin versucht derweil, mit kosmetischen Produkten den Anschein zu erwecken, als sei sie so etwas wie wach. Dabei sehen Frauen verschlafen doch am zweitschönsten aus. Charmeseppo™ ist offenbar hellwach! Wenn ich könnte, würde ich mit mir schlafen. Ach, halt! Kann ich ja! Dank Flexiseppo™.
Wir kriegen den Koffer nicht zu. Obwohl ich dieses Mal nur zwei Hüte im Urlaub erwarb. Ich beschließe, vollumfänglich in Schweiß auszubrechen und biete mein Eigengewicht als Druckmittel auf dem Koffer an. Es klappt.

Vieruhrvier
Auschecken im Hotel. Bei Mr. Fish! „Nice to meet you again, Mr. Fish!“, begrüße ich den Nachtportier und werde umgehend schamrot. Nur weil er aussieht wie ein Fisch, muss er nicht so heißen. Unangenehme Situation, die das Auschecken aber beschleunigt. Warten auf unseren Reisebus, der uns zum Flughafen bringt. Meine Mitbewohnerin stellt fest:

„Jetzt isser vorbei, der Urlaub.“

Vieruhrachtundvierzig
Der Bus sollte um vier Uhr 25 aufschlagen, er tat es mit zehn Minuten Verspätung. Mir war bereits um vier Uhr 20 klar, dass kein Bus kommen würde. Jetzt allerdings sitze ich in einem erstaunlich vollen Bus mit einem gleichermaßen vollem Busfahrer. Und vielen unausgeschlafenen Senioren. Eine letzte Rundfahrt über Maltos, eine Insel, auf die auch Putin ein Auge geworfen hat. Natürlich nur als Urlaubsziel.
Ich sende einer Freundin aus den USA dieses Foto. Sie könnte noch wach sein.
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Meine Mitbewohnerin erzählt mit großem Bedauern einhergehend, was wir alles nicht gesehen haben auf der Insel. Sie kündigt an, in zehn Jahren hier abermals Urlaub zu machen. Ich frage mich, ob ich wohl Teil ihres Planes bin.

Die Klimaanlage! Der Busfahrer hat den Knopf gefunden, bin ich doch schon für deutsche Wetterverhältnisse gekleidet. Zwei Sorgen treiben mich um: Erstens hoffe ich auf einen Platz in Flugrichtung, sonst muss ich brechen. Zum Zweiten hoffe ich auf einen erfolgreichen Check-In, da es uns online leider nicht möglich war. Unterdessen haben wir sechs weitere Anreisende eingesammelt. Man spricht deutsch.

Fünfuhrsiebenundzwanzig
imageWir erreichen den Flughafen. Meine Mitbewohnerin, vor zwei Wochen noch von einem Auto angefahren, sitzt friedlich neben mir und schläft. Trotz Unfalls konnten wir diesen Urlaub antreten. Ich hätte den Unfallgegner und -verursacher andernfalls auch verhauen.

Fünfuhrsechsundfünfzig
Das Klopapier am Malteser Flughafen hat keine Sollrissstellen! Ja, steht denn die Welt Kopf?! Darauf einen Kaffee. Der erste wirklich gute seit neun Tagen.
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Regelmäßige Oftmaligkeit. Eine Wortschöpfung, die ich demnächst einmal in Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr verwenden werde. Wir haben eingecheckt. Ich werde am Fenster sitzen und die Triebwerke im Auge behalten, um rechtzeitig eine Panik im Flieger auszulösen. Ich kaufe als Lektüre mir gleich noch das „Handelsblatt“, das sich in gegebener Enge zum Lesen deshalb eignet, weil es im „Tabloid-Format“ gedruckt wird, das ich ansonsten als anspruchslos ablehne. Inzwischen ist die Sonne oder ein vergleichbarer Himmelskörper aufgegangen.
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Wir sitzen im oder am Flugsteig. Abflugbereit. An mir soll’s nicht liegen. Vielleicht an meiner Mitbewohnerin, die eben noch mal „kurz durch Douglas“ schlendern wolle. Die sehe ich nie wieder. Ich überlege, nochmal kurz zum Klo zu schlendern, da der Kaffee treibt. Hier ist ein Gate-Wächter, der uns gestern noch im „Mexi.co“ unser Essen brachte. Ah, Mitbewohnerin kehrt zurück, ich schlendere dann mal zum Klo.

Welch‘ Unterschied: Sie schlendert durch eine Duftwolke aus Parfüms, ich durch eine aus Urin und Kot.
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Eigentlich -dreizehn, aber ich bin abergläubisch. Ich will meine Flugangst hier anders als im Artikel „Die Anreise“ nicht mehr thematisieren. Es ist ja auch mehr die Angst vorm Absturz als die vorm Fliegen. Ich stelle mir einfach vor, ich sitze in einem Zug, gaukele meinem Hirn also etwas vor, das allerdings die Frage stellt, was ein Zug in zehn Kilometern Höhe zu suchen hat. Es ist wieder so ein kleiner Zug wie bei der Hinfahrt. Hochgradige Nervosität. Der Pilot ist allen Ernstes der Busfahrer von heute Nacht.

Ich finde eine Kotz-Tüte. Meine Mitbewohnerin klärt mich auf, dass es eher eine vergessene Butterbrot-Tüte ist, die vermutlich nicht kotzdicht ist.
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Maximale Absturz-Höhe erreicht. Einige visuelle Eindrücke, bevor ich später des Tages hier noch ein, zwei Videos und massig Fotos hochlade:

wpid-20151028_073054.jpgimageimageLetztes Bild zeigt die Insel Gozo. Da sollte jeder Malta-Reisende auf jeden Fall hin! Wir waren nicht dort. Ich war auch während meines gesamten Studiums nicht einmal in der Mensa. Gozo wird auch „die Mensa Maltas“ genannt.

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Mitbewohnerin schläft. Oder tut zumindest so. Ich habe derzeit nichts zu sagen, schreibe jedoch zwecks Ablenkung. Die Triebwerke wurden leiser. Für mich ein klarer Fall: Sie geben den Geist auf. Ich bin alles andere als entspannt. Gerade Sizilien hinter uns gelassen. Also hinten unten. Die Aussicht ist zweifellos toll, aber sie sollte bitte nicht die letzte sein, die ich sehe.

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Übrigens habe ich ein großes Rätsel gelöst. Unser Hotel hatte uns 2.000 Wi-Fi-Minuten für 15 Euro angeboten, die allerdings innerhalb von 1.500 Minuten verbraucht werden müssen – mit einem Gerät und nicht etwa mehreren gleichzeitig. Mich hat das tagelang beschäftigt, da ich der Meinung war, das ginge gar nicht. Doch die Lösung liegt so nahe und ich muss mich für meine Dummheit entschuldigen. Ich werde nun versuchen, es meiner Mitbewohnerin gleichzutun und zu schlafen. Oh, es gibt den Snack!

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Kein Thunfisch! Ist das der Beginn eines neuen Lebens? Eines besseren? Oder meine Henkersmahlzeit? Noch 1.300 Kilometer.

Hier sind Stewardessen, die Futter sind für meine sexuellen Träume. Ja, hier mache ich Frauen zu Objekten. Das finden sie nicht gut, ist aber ein Kompliment. Auch ich böte mich gerne als Sex-Objekt an. Gestern, als mir meine dunkelhaarige Mitbewohnerin beim Dinner gegenüber saß, sagte ich: „Ich stehe auf kleine, dunkelhaarige Frauen.“
Sie wurde ganz verlegen und lächelte, realisierte dann allerdings, dass ich der kleinen, brünetten Kellnerin hinterher sah. Ihr unvergleichlich zauberhaftes Lächeln verwandelte sich übergangslos in ein unvergleichlich bedrohliches Antlitz. Versehentlich sagte ich dann zu meiner Mitbewohnerin:

„The bill, please!“

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Mir ist es gelungen zu schlafen. Dreimal. Beim ersten Mal bildeten Flugzeuginnenwand, mein Ellbogen sowie mein Unterarm eine komfortable Kopfstütze. Die allerdings in sich zusammenbrach, als meine Muskulatur weitestgehend erschlaffte, sodass mein Kopf gegen das Fenster krachte.
Es ruckelt. Das Ruckeln macht mich nervös. Eine Stunde Flug noch. Wir befinden uns derzeit irgendwo über Österreich. Ich seh’s schlecht. Wegen der Wolken.

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Die weiteren Male erwachte ich, weil ich der Illusion verfallen war, gebraucht zu werden. Dem war nicht so, sodass ich weiter schlief.
Turbulenzen. Dieses Mal aber richtig. Das ist nichts für mich. Kann so ein Flugzeug eigentlich dabei aus dem Gleichgewicht geraten? Warum liegt es immer so schön waagerecht in der Luft? Ich bin von meinen drei Powernaps etwas gerädert. Ich habe meine Mitbewohnerin geweckt, um mich zu erkundigen, was es mit dem Ruckeln auf sich habe.
Mein Humor ist mir jetzt kurz vor Augsburg Flöten gegangen, da ich mit dem Grundgerüst der Situation nicht gänzlich zufrieden bin. Ich habe Lust auf eine gute Tat und überlasse meiner Mitbewohnerin die Armlehne. Um sie auf meine Großzügigkeit aufmerksam zu machen, werde ich sie abermals wecken.

Ihre Begeisterung über meine Selbstlosigkeit stößt auf für mein Verständnis enge Grenzen.
Die Turbulenzen sind wohl vorbei. Ach, Herrgott! Ich entdecke das Radio am Sitz! Habe doch extra Ohrstöpsel! Muss dazu erneut meine Mitbewohnerin wecken, um sie auf meine Entdeckung hinzuweisen.

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Riesen Enttäuschung. Man hört nichts. Eine kurze Ablenkung von meiner permanenten Todesangst. Wie kann man nicht Angst haben abzustürzen?! Nicht der Eintritt des Todes wäre mein vorderstes Problem, sondern die dramatischen Minuten davor: die entsetzlichen Schreie der Passagiere in Todesangst, die nutzlosen Sauerstoffmasken, die über einem baumeln und die umherschleudernden Gepäckstücke. Absolute Todespanik kann man sich wohl nur vorstellen, wenn man schon einmal in ihrem Genuss kam. Oh, ein Flugzeug neben uns.

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Warum eigentlich sind Flugbegleiterinnen immer so gnadenlos perfekt geschminkt? Der linke Flügel wackelt. Muss das so?

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Irgendwo unter meinem Bart hat sich ein mächtiger Pickel entwickelt. Liebäugele damit, ihn unauffällig auszudrücken. Fürchte jedoch, dass sein Aufplatzen den Kabinendruck außer Kontrolle bringen könnte.
Oha, Landeanflug. Noch 30 Minuten. Es regnet. Warum regnet es oberhalb der Wolken? Oder brennt es?!
Meine Mitbewohnerin spricht mir gerade jeglichen Verstand ab, als ich ihr von meiner Regentheorie erzähle. Ich glaube, sie denkt, ich sei verwirrt. Ich bin aber bei klarstem Verstand. Was in Gottes Namen hört sich denn hier am wie Regen?!

„Du siehst doch, dass es nicht regnet!“

„Ja, vielleicht will der Regen nicht gesehen werden!“

„Hast du an den Chemtrails geschnüffelt?!“

Ich darf in nun mit einigen Eindrücken der bevorstehenden Landung Eindruck schinden:

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Wir verlieren dramatisch an Höhe. Sicherlich Teil des Landeanfluges.

Puha. Wieder einmal habe ich mit Stil und gebotener Ruhe einen Flug absolviert. Eine abschließende S-Bahnfahrt rundet die Nummer ab.

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Vielen Dank für’s Verfolgen meines urlaubsseppologs! Gegen Abend werde ich auf meiner Facebook-Seite noch Fotomaterial posten!