PeppermintBoy_1215Meine Mitbewohnerin und ich bereichern unseren Dezember stets mit einem jeweiligen Adventskalender bestehend aus industriell vorgefertigten und von eins bis 24 durchnummerierten Säckchen, die es zu befüllen gilt. Im vergangenen Jahr durfte ich am ersten Dezember das erste Säcklein öffnen, während sie sich bis zum vierten des Monats gedulden musste, da ich vergessen hatte, für ihre Bestückung – und ich bestücke meine Mitbewohnerin nicht gerade ungern – einzukaufen. Denn ich bastele selbstverständlich nicht. Das war natürlich eine menschliche Enttäuschung für sie und da wusste sie noch nicht einmal, dass sie am 24. Dezember ihr Geschenk nicht bekommen würde, da es zu Schwierigkeiten bei meiner „Amazon“-Bestellung gekommen war. Und ich bastele auch nicht für Heiligabend. Also, Adventszeit und Weihnachten 2014 – für meine Mitbewohnerin eine derbe Enttäuschung.

Damit das in der 2015. Neuauflage von Weihnachten nicht abermals geschieht, erinnerte sie mich in diesem Jahr bereits ab August wöchentlich daran, dass ich gefälligst an die Befüllung des Adventskalenders zu denken habe. Auf diese Weise konnte sie gestern ihr erstes Türchen öffnen, das so eine Q10-Nachtcreme beinhaltete. Von der „DM“-Eigenmarke. Überhaupt wird in etwa die Hälfte der Säcke mit Pflegeprodukten bestückt sein. Umgekehrt ist es ebenso, ich bin in freudiger Erwartung von etwaigen Bart-Produkten.

So geschah es, dass wir am vergangenen Samstag dort waren, wo ich als gestandener Kapitalist mehrfach im Jahr aufschlage, in den „Düsseldorfer Arcaden“, die architektonisch an die besten Zeiten der DDR erinnern und deren Vorplatz zum Drogenumschlagplatz geworden ist, was mit seinem Neubau eigentlich verhindert werden sollte. Aber niemand muss dort Drogen kaufen, zumal sich dort jetzt ein Weihnachtsmarkt befindet und der Drogenhandel saisonal bedingt in hintere Ecken verlegt wurde.

Am Adventssamstag shoppen zu gehen, ist natürlich ein gewagtes Unterfangen, wie schon die Schlangen im „Dänischen Bettenlager“ zeigten, wo es eigentlich kaum Betten zu kaufen gibt, dafür aber Unmengen an der von mir hochgeschätzten Weihnachtsdeko. An der Kasse gab es offenbar Probleme, gleich drei Mädels bedienten eine Kasse und ich hatte etwas Angst vor meiner Mitbewohnerin, die in solchen Situationen immer etwas – ich muss mich zurückhaltend ausdrücken – ungehalten wird. Ich versuchte mich an betonter Gelassenheit, da ich ja wusste, dass Adventssamstag ist und nur Idioten zu solchen Zeitpunkten einkaufen gehen, zu denen wir nun auch gehörten. Natürlich, ich fragte mich auch, warum nicht eines der Mädels die zweite Kasse bedient, aber es wird schon seinen Grund gehabt haben. Vielleicht waren alle drei Mädels etwas tumb und nur als Trio eine vollwertige Kassiererin, man steckt ja nicht drin. Und da nicht nur meine Mitbewohnerin durch gelegentliches Stöhnen ihrem Unmut in der Schlange Luft machte, wurden die Mädels natürlich recht nervös und überspielten es mit weihnachtlicher Besinnlichkeit, wofür ich sehr empfänglich bin. Ich verspürte nahezu Lust, mit den dreien die Weihnachtsnacht zu verbringen. Das behielt ich aber besser für mich, denn gerne passiert es in Schlangen, dass meine Mitbewohnerin den Einkaufsvorgang abbricht und angesichts der fantastischen Deko-Artikel, die ich gefunden hatte, wäre das ein zu hoher Preis für die Nacht im Quartett gewesen. Viel entscheidender allerdings für die Frage, wie ich zu „Peppermint Boy“ wurde, sind andere Ereignisse: die in der mitarbeiterfreundlichen Kette „DM“, die anders als „Schlecker“ dereinst auf breite Gänge zwischen den Regalen gesetzt hat. Dennoch kenne ich „DM“ nur als gnadenlos überfüllt, sodass ich bei jedem Besuch mit meinem „Einkaufskorb“ Artikel aus den Regalwänden reiße. Und es ist als Mann irgendwie peinlich, Tampons zurück in die Regale zu legen. Aber vielleicht bin ich auch nur verklemmt. Immerhin weiß ich, dass die Mumu aus zwei Eingängen besteht, einige andere Männer wissen das nicht. Die Vagina, für viele eben doch noch ein Geheimnis.

Interessant hierbei, dass ich von „Ein“-gängen spreche. Ich könnte mir vorstellen, dass die Frau sie als „Aus“-gänge bezeichnet!

Und auch komplizierter als der Penis, der einfach da ist. Präsent, wenn man ihn aktiviert. Durch ein Kassierinnen-Trio beispielsweise. Egal. Ich also im „DM“ auf der Suche nach diesem Pröbchen-Regal, denn die zu kaufenden Artikel für den Adventskalender müssen ja auch in die kleinen Säckchen reinpassen.

Auf dem Weg dorthin kam ich beim Männer-Duschgel vorbei, wo mich ein Produkt ganz besonders reizte. „Original Source“-Duschgel mit natürlichem Duft! Pfefferminze! Pfefferminze ist für mich das Größte. Ob als Schokolade oder Tee oder als echte Minze, immer wieder göttlich. Und das gibt es als Duschgel?! Sensationell! Direkt mehrere Flaschen gekauft. Doch nicht ganz zu Unrecht stellte sich mir eine Frage: Will ich als Mann nach Pfefferminze duften? Das Produkt war klar für Männer gekennzeichnet. Das genügt mir oft schon, wenn die Industrie es für Männer freigibt und entsprechendes Marketing es uns zu benutzen nahelegt. Erst als die Deodorant-Werbung in den Siebzigerjahren sich auf Männer gestürzt hatten, fingen die überhaupt erst an, Deos zu benutzen, da es bis dahin noch als typisches Damen-Produkt galt. Inzwischen schmieren sich manch Männer ja auch Cremes ins Gesicht, was ich nicht tue. Was bewirken sie? Nichts. Warum benutzen manche Frauen Cremes gegen Falten? Es ist eindeutig nachgewiesen, dass Cremes nichts gegen Falten ausrichten können. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich darf aber anmerken, dass eine Frau älteren Datums ohne Falten kurios aussieht, Falten ab einem gewissen Alter sind nicht per se unattraktiv, das darf ich hier als Mann mal sagen. Es ist aber nicht so, dass ich „Granny“-Pornos konsumieren würde. Also Falten sind jetzt auch nicht hochgradig sexy, aber sie gehören nun einmal dazu. Leider auch am Po.

Ich zahle also an der Kasse für Unmengen an Kleinstartikeln und mehreren Flaschen an Pfefferminz-Duschgel und mir kommt eine Situation in den Sinn, in der ich am Küchentisch saß und glaubte, meine Mitbewohnerin erriechen zu können. Weil es nach Mango roch. Denn nicht wenige Frauen-Duschgels meinen, nach Früchten duften zu müssen. In jener Situation war es aber lediglich die vor mir liegende Mango in unserer Obstschale und nicht die frisch geduschte Mitbewohnerin, die dann gerne nach Obstkorb duftet. Will ich als Frau wie eine Aprikose riechen? Als Mann dusche ich ja auch nicht mit einem Duschgel, das nach Bier oder Bratwurst duftet.

Ich benutze immer gerne Pflegeartikel von meiner Mitbewohnerin. Irgendwann war da so ein Duschgel mit Reiskörnern! Sensationell! Warum sollte das dem Manne vorenthalten bleiben? Oder derzeit hat sie sündhaft teure Frisör-Produkte für das Haar in tollen Verpackungen! Und was gut für ihr Haupthaar ist, kann doch nicht schlecht für mein Barthaar sein, das ich jetzt immer in „Conditioner“ einweiche. Ich weiß nicht, was „Conditioner“ überhaupt ist, aber man benutzt es wohl nach dem Shampoonieren. Ich erhoffe mir davon, dass der Bart weicher wird, denn das kommt eben auch meiner Mitbewohnerin zugute. Gestern allerdings, das nur so nebenbei, ereignete sich ein Unfall. Auch ich weiß jetzt, was ein „Bad Hair-Day“ ist. Mein Bart kann das auch. Dann lässt er sich einfach nicht frisieren und so nimmt man eben noch etwas mehr Pomade.

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Nun ist es so, dass die Haare nach einer zu großen Menge an Pomade recht unbeweglich werden und ein weiteres Stylen unmöglich wird. Ein Kämmen führt nur noch dazu, dass man sich ganzer Bartregionen entledigt. Also Pomade wieder auswaschen, die aber darauf ausgelegt ist, sich eben so schnell nicht auswaschen zu lassen. Nach drei Waschvorgängen war die Menge der Restpomade ideal, sodass ich den Bart in den Griff bekam. Das alles geschieht nach dem Duschen. Und während des Duschens geschehen Dinge, über die Männer nicht gerne sprechen, wenn sie nicht gerade unter sich sind. Doch gestern, da geschah noch etwas ganz anderes.

Erstmalig benutze ich das Pfefferminz-Duschgel. Ich möchte fast sagen, dass ich hochgradig aufgeregt die Dusche betrat, voller Vorfreude auf den sich ausbreitenden Pfefferminz-Duft. Und ja, es ist fantastisch! Ein leicht kühlender Effekt und nicht einmal ein Brennen auf der Eichel, das ich befürchtet hatte. Ja, es brennt nicht mal in den Augen! Was für ein großartiges Produkt aus 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen. Nachhaltig. Fair! Zukunft!

Doch mein Leben sollte sich völlig verändern. Ich wurde „Peppermint Boy“. Ich erzählte das gestern Abend meiner Mitbewohnerin, die nur anmerkte, dass „Peppermint Boy“ wie der Name eines Dildos klinge. Dass ich aber ein völlig anderer Mensch geworden bin, weiß sie noch nicht. Dazu demnächst mehr …


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