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Ich stehe in diesen Minuten vor der Herkules-Aufgabe, aus beruflichen Gründen zu dichten. Und ich weiß, warum ich keinen Lyrik-Blog, sondern einen Epik-Blog betreibe. Lustig soll das Gedicht sein, voller Anspielungen auf das Kollegium. Ohne dass es beleidigend wird – und das ist schon eine massive Einschränkung. Wenn alle Stricke reißen: Beleidige jemanden, hau‘ auf seine Schwächen ein. Eine sehr simple und feige Form des Humors, die nur dann funktioniert, wenn sie sich gegen einen selber richtet. Damit fahre ich immer ganz gut, aber nun, die Vorgaben dieses Mal sind andere.

Ich habe kürzlich einen Witz auf Kosten von Eltern in ihrer Sorge um ihre Kinder gemacht. Ich wiederhole ihn hier nicht, da er gerade mal so in der Situation lustig war. Aber man beklagte sich danach bei mir. Und ich konnte es nachvollziehen. Es ist ein wenig wie mit den Polen-Witzen, die nicht mehr en vogue sind. Ich finde sie völlig in Ordnung, da ja nicht die eigentliche Pointe des unsere Autos stehlenden Polen im Vordergrund steht, sondern der Reiz geht doch vielmehr von der Provokation aus, es überhaupt zu wagen. Genau zu wissen, dass sich die Zuhörer daran reiben. „Wie kann er nur?!“ Nur das macht es für mich reizvoll.

Statt jetzt zu reimen, schreibe ich hier. Ich habe schon darüber nachgedacht, mich einem Wein zuzuwenden in der Hoffnung, dass er kreative Kräfte freisetzt, aber ich besuche heute Abend noch ein Konzert und will zumindest den Soundcheck noch mitbekommen, bevor ich mich Richtung Theke bewege.

Mein weiteres Vorgehen wird nun sein, dass ich ein klassisches Gedicht als Vorlage nehme, um dieses dann zu vergewaltigen. Hatte das heute Morgen bereits mit der Weihnachtsgeschichte versucht. Und mit dem Gedicht „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt“. Ich arbeite in etwas, das wir intern nicht ganz zu Unrecht „Container“ nennen. Ich hätte also gereimt:

„Advent, Advent, / der Container brennt.“

Da aber Container auch Flüchtlingsunterkünfte sein können, verbietet sich diese Zeile und könnte missgedeutet werden. Haha, ich lache herzhaft. Welch‘ ein Fauxpas!

Ich wollte mal ein Mädchen mit einem Gedicht von Rainer Maria Rilke beeindrucken. Leider sprach ich ihr, einer Germanistik-Studentin, gegenüber den Namen „Rilke“ schon falsch aus, was an sich gar nicht möglich ist, aber nun, ich war nervös. Die Nummer war damit aber auch durch. Heute ist sie mit einem Chirurgen verheiratet, der kürzlich meinen Bruder operiert hat …

Ich trinke gerade „Red Bull“, und ja, ich weiß um die tödliche Gefahr dieser Getränke. Entscheidend ist aber, dass ich beim ersten Schluck direkt an Wodka dachte. Ich kenne „Red Bull“ nur in der Kombi mit Wodka. Nun gut, ich muss nun reimen.

Ich mach’s jetzt doch mit der Weihnachtsgeschichte.

Jetzt druckt der Drucker nicht. Ich habe gestern noch gedruckt. Warum druckt er jetzt nicht?! Er druckt nicht. Ich sitze im bei uns „Medienraum“ genannten Wohnzimmer und höre mich rufen:

„Er druckt nicht! Der Drucker druckt nicht!“

Alles, was ein Drucker tun soll, ist: drucken. Und genau das tut er nicht. Ja, meine Mitbewohnerin weist mich gerade daraufhin, dass unser Drucker auch des Kopierens und des Scannens mächtig ist. Und sie fragt mich allen Ernstes:

„Ist Papier im Drucker?“

Da antworte ich erst gar nicht. Schiele allerdings kurz zum Drucker rüber, um ganz sicher zu gehen. Und lege Papier nach.

„Natürlich liegt Papier drin!“, lüge ich sie an. Und der Multifunktionsdrucker druckt nicht.

Ich starte alles neu.

Nun will Windows Updates installieren. Das dauert. Ich muss die Weihnachtsgeschichte in Luthers Version ausdrucken. Weil ich kurz dachte, wir befänden uns bereits im Luther-Jahr. Ich gehe mal wieder zum Drucker.

Er hat gedruckt. Und zwar alle eben noch gescheiterten Aufträge. Mit so einer schnellen Verbreitung der Weihnachtsgeschichte in der Luther’schen Version hat vermutlich nicht mal er selber gerechnet.

Es ist halb fünf, die Zeit rennt mir davon. Und der „Red Bull“ reizt meinen Darm. Diese ganze Nummer steht unter einem schlechten Stern. Stern von Bethlehem? Vielleicht kann ich das verwerten. Ich reiße mich also nun zusammen, vollende das Werk und gehe erst hernach aufs Klo. Nein, doch nicht. Der Körper gibt sich kompromisslos.

So, damit hat Luther wohl nicht gerechnet. Dass ich seine Weihnachtsgeschichte auf dem Klo lese. Aber wer weiß, wobei er sie geschrieben hat. Oder übersetzt vielmehr. Wie auch immer. Ist es blasphemisch, sie zu schänden? Vermutlich. Aber ich stehe unter Zeitdruck.

Mein Bart muss noch gestutzt werden. Und das Haupthaar. Das wird ’ne enge Kiste. Ich schlage mir also vor, das Ganze morgen zu vollenden. Das wird für wenig Begeisterung sorgen.

Auf meinem „Chromebook“ habe ich nicht einmal ein ordentliches Textprogramm. Was nun? Ich schreibe es mir als E-Mail.

Ich verwerfe den Plan, die Weihnachtsgeschichte zur Grundlage zu machen. Das wird nicht lustig. Es ist einfach nicht lustig. Vielleicht ist der Zeitdruck ein erhebliches Problem. Und möglicherweise wäre es hilfreich, zumindest diesen Artikel zu beenden.


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