wpid-2015-07-15-12-09-32-jpg

(Unter dem Text findet der Leser die HÖRBAR-Variante!)

„Zeitmanagement“ ist ein unsäglicher Begriff. Im Grunde ist alles, was Alltägliches, Normales, mit „-management“ verbindet unerträglich, weil überhöht.

Dennoch finde ich mich seit zwei Stunden dabei wieder, den Vormittag zu ordnen, ohne dabei auf einen gemeinsamen Nenner mit mir zu kommen. Beruhigt hat mich allerdings die Information, dass es Mikrowellen gibt, die am Ende des Erhitzungsvorganges sogar sechs Mal piepen, also zwei Mal mehr als meine neue Mikrowelle. Um dem Piepen zu entgehen, öffne ich den Mikromaten oft eine Sekunde vor Null. Ob so eine Mikrowelle das merkt und sich ärgert? Und wären wir schlauer, wir hätten Hitlers Handy gefunden? Ob er Eva schmutzige Selfies geschickt hat und dabei seinen Hoden im Bild gespiegelt hat, damit es aussieht, als habe er zwei?

In zwei Stunden, um halb elf also, muss ich zum fußläufig schnell erreichbaren Zahnarzt. Es steht eine Kontrolle an, bei der sehr wahrscheinlich nichts gefunden wird, aber eben auch meine halbjährliche Zahnreinigung, die ich schwerstens genieße, da mein Tee- und Kaffeekonsum erhebliche optische Schäden bei meinen ansonsten tadellosen Zähnen anrichten.

Für mich stellt sich nun die Frage, was ich bis halb elf tue. Kraftsport war angedacht, aber der dauert mit zwei Stunden zu lang, da ich ja noch mein Haar richten muss. Und auch ich als sehr eitler Mensch muss immer einen „Bad Hair Day“ einkalkulieren, der sich durch einen widerspenstigen Scheitel ausdrückt und dann mehr Zeit im Bad beansprucht.

Ich habe mich nun also für das Schreiben anstatt des Sports entschieden, der dann eben nach dem Zahnarzt samt sauberer Zähne erfolgt. Aber auch dann wird die Zeit knapp, da ich wieder einmal zur Post am Hauptbahnhof muss, da die bestellte Biegehantel zu groß, nein, zu lang, für die Packstation war.

Der die Zeit limitierende Faktor ist natürlich mein Arbeitsbeginn, der ohnehin schon eher spät am Tage erfolgt, sodass ich hier gerade ein Luxusproblem manage.

Überhaupt, die Biegehantel. Sie ist bereits meine zweite. Nicht etwa, weil ich die erste mit meiner kaum zu bändigenden Kraft zerbrochen hätte, sondern weil ihre Widerstandskraft von 60 Kilogramm etwas zu optimistisch gewählt war. Das gleich abzuholende Modell wartet mit 40 Kilogramm auf, die ich hoffentlich bewältigen werde, um dann in einigen Wochen es mit den 60 Kilogramm aufnehmen zu können.

Als ich mit der 60 Kilogramm-Variante nach Hause kam, versuchte sich auch meine Mitbewohnerin an dem Teil. Sie macht selber viel Sport, weit mehr als ich, aber – gottseidank! – sie scheiterte ebenfalls beim Biegen der Biegehantel. Was sie kränkte. Ich sah es ganz genau. Sie schmiss das Teil in die Ecke und erklärte mir, warum all diese Sportgeräte eigentlich nutzloser Schrott seien. Sie war beleidigt. Süß.

Meine professionelle Zahnreinigung, wie sie heißt, wird wieder sehr lange dauern. Nicht etwa, weil soviel Arbeit vor der Fachkraft liegen würde, sondern weil ich sehr wahrscheinlich wieder in dem Behandlungszimmer liegen werde, in dem sie nicht dieses Sandstrahlgerät zur Verfügung hat, sodass sie alles manuell wird abkratzen müssen.

Ich würde ja zu einem anderen Zahnarzt gehen, allerdings suche ich grundsätzlich nur Ärzte auf, die ich fußläufig innerhalb weniger Minuten erreiche. Dasselbe gilt auch für Bankautomaten. Daher habe ich nie Bargeld. Die von mir abgelehnte Abschaffung des Bargeldes würde ich im Grunde gar nicht bemerken. Ist sie schon passiert?

Zum Frisör gehe ich nicht, weil meine Mitbewohnerin aus unerfindlichen Gründen schneiden und frisieren kann, obwohl sie es nie gelernt hat. Und wenn ein Dorian Grey wie ich – was jetzt ein übertrieben hartes Urteil ist – sich ihr hingibt, ist das schon ein großes Kompliment. Anders als viele Frisöre redet sie aber auch nicht soviel beim Frisieren, wofür ich auch gar nicht geschaffen wäre. Daher meide ich Frisöre. Und bei der Zahnreinigung wird das nicht anders sein, denn jene Fachkraft, die ich bereits kenne, redet unentwegt beim Reinigen. Und sie müsste wissen, dass ich schlecht antworten kann, wenn ich ein bis zwei Hände von ihr in meinem Mund habe. Aber sie stellt tatsächlich Fragen, durchaus auch offene, die ich mit einem „mhhh mhh“ nicht bejahen oder verneinen kann.

Im Wartezimmer des Zahnarztes werde ich nicht den „Spiegel“-Artikel lesen über einen Autoren, der sich im Selbstversuch Testosteron gespritzt hat. Denn den Artikel habe ich bereits heute Morgen gelesen, ich sehe nicht ein, ihn ein zweites Mal zu lesen.

Ich selber lehne das Spritzen von etwas, das ich ohnehin im Überfluss habe, ab. Ich gehe davon aus, dass man dadurch Gleichgewichte durcheinanderbringt und überraschend stirbt, womit den Wenigsten geholfen wäre. Bei jenem Autoren wuchs zwar die Muskelmasse an und er steckte auch einen bewusst herbeigeführten Alkoholrausch besser weg, fühlte sich insgesamt frischer und klarer. Allerdings können nach Testosteron-Zugabe die Brüste anschwellen und es kann sogar irgend etwas aus den Brustwarzen austreten. Kann an sich nur Sperma sein. Oder Milch? Vatermilch?

„Reich‘ mir doch mal eben die Milch herüber!“

„Nein, das ist Vaters Milch.“

„Hat Vater ein Monopol auf unsere Milch?“

Das ist nur ein fiktiver Dialog, der aber durchaus irgendwann einmal in der Menschheitsgeschichte so stattgefunden haben kann. Vielleicht nicht auf Deutsch, vielleicht in einer schon lang ausgestorbenen Sprache. Wir werden es daher nie erfahren.


audioseppo


Also wenn das jetzt nicht irrelevant war! Mehr Irrelevanzen auf meiner Facebook-Seite!

Seppo_medien_klein_hut