Viel zu lange Cait hatte ich sie nicht mehr gesehen. Und was viel schlimmer wiegt: nicht mehr auf ihr gesessen. Auf der rechten Seite, vom Sitzenden aus gesehen. Denn das war immer mein Platz. Es war sogar mein Arbeitsplatz, bevor mein damaliger Arbeitgeber Probleme bekam, meine viel zu hohe Gage zu bezahlen. Ich kann Ihnen sagen, ich wurde mit Geld nur so zugeschissen, dass sich die Balken bogen. In Gehaltsverhandlungen habe ich mich aus Menschenfreundlichkeit selbst stets runtergehandelt, zum Schluss lag ich knapp über der Armutsgrenze, womit ich meinem Arbeitgeber damals entgegenkommen wollte. Was zählte da schon meine langjährige Betriebszugehörigkeit? Da war ich Mensch genug, um nicht zu gierig zu erscheinen. Doch es half alles nichts, schlussendlich bot ich an, das Unternehmen aufzukaufen, machte jedoch kurz vor Ablauf der Frist, die sich aus dem Insolvenzverfahren ergab, einen Rückzieher, um Urlaub in Holland zu machen … Zwei Jahre ist das nun her, als ich nach drei Jahren diesen liebgewonnen Platz auf der Couch räumen musste.

Lesen Sie dazu auch den betrunken verfassten und sehr emotionalen Artikel: Abschied.

Nach einer heftigen, dafür aber recht kurzen Trauerphase, die sich weniger auf den Jobverlust als auf den Verlust einiger Kollegen bezog, schloss ich zu meiner Überraschung schnell mit dem heiteren Kapitel Fernsehmoderation ab, denn tief gefallen war ich ohnehin nicht, war unser Publikum doch sehr übersichtlich: Den meisten Zuschauern hatten wir im Laufe der Zeit sogar die Hand geschüttelt. Vielmehr sah ich es positiv: Für einige Jahre konnte ich exakt das tun, was ich mir schon als Kind für mich vorgestellt hatte, und anstatt das ausbleibende Millionenpublikum zu beklagen, freute ich mich über die wenigen anderen, die sich unsere Sendung damals tatsächlich angesehen hatten. Es gibt genug Menschen, die noch weniger erreicht haben; Klagen verbot sich mir also – Es war eine geile Zeit, die aber ihren Zenit schon lange vorher überschritten hatte.

Übrigens, einigen Lesern dürfte Sabrina USA bekannt sein. Auch mit ihr saß ich mal auf diesem Sofa, um dem Zuschauer eine spannende Packstation-Geschichte näherzubringen. Kannste so nehmen … Dieses allerdings ist nicht Sabrina, das ist Emy:

Wenn Unternehmen unternehmungsunlustig werden, kommen Menschen in Anzügen, die kleine Aufkleber auf das Inventar kleben: ob auf Stühle, Rechner oder Lockenstäbe – alles wird versteigert, was nicht vorher schon von der Belegschaft gestohlen wurde. Also nicht, dass ich da was mitbekommen hätte … Und wo der Lockenstab abgeblieben ist, ist für mich nie ein großes Rätsel gewesen … erst das Fressen, dann die Moral.

Doch die Couch, auf der ich drei Jahre lang zusammen mit meinem hochgeschätzten Kollegen Christopher moderiert – oder gerne auch „moderiert“ – habe, diese Couch war zufällig nicht Eigentum des Unternehmens, sondern gehörte einer Kollegin – das Sofa war dere einzige Gegenstand, auf dem kein Kuckuck klebte, somit nicht Teil der Insolvenzmasse. Kollegin Sophie war es zu verdanken, dass uns das Sopha blieb! (Freilich ein schwacher Trost, wenn von einem Medienimperium an Ende nur eine Couch übrigbleibt …)

In den folgenden Monaten ereigneten sich einige Zufälle, die dazu führten, dass ich wider Erwarten mein Moderationsdasein, das ja nichts anderes als konsequente Selbstdarstellung war und ist, woanders fortzusetzen konnte, auch wenn „Freunde“ und sogar Kollegen mir damals weismachen wollten, „du wirst nie wieder vor einer Kamera stehen“. Ich war da etwas aufgeschlossener und dachte mir, mal gucken, was so kommt, warum sollte ich etwas ausschließen?! Das ist im Grunde auch meine Art, nach vorne zu schauen; die Dinge werden sich schon entwickeln, manchmal aber eben auch abwickeln. Ich muss meine Fresse nicht in die Kamera halten, wie mir manchmal unterstellt wird, aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, dann zögere ich auch nicht, denn ich genieße es durchaus. Daraus zieht manch einer den falschen Schluss: Ich könne nicht ohne. Blödsinn. Um davon süchtig zu werden, braucht es Ruhm. Und mit Ruhm hatte ich noch nie zu kämpfen.

Dass meine Art vor der Kamera nicht massenkompatibel ist, empfinde ich als Kompliment, und dass manch einer sie sogar ausgesprochen unsympathisch findet: geschenkt! Ist eingepreist. Da kann ich nur müde lächeln, es interessiert mich nicht mehr. Überhaupt stelle ich seit einigen Jahren eine gewisse Milde mir selbst gegenüber fest; den nachlassenden Drang, es anderen rechtzumachen. Es ist mir einigermaßen egal, was mir nicht ganz so wichtige Menschen von mir denken. Meistens liegen sie ohnehin falsch. Ein wirkliches belastbares Urteil kann man sich nur von jenen Menschen bilden, die man wirklich kennt. Aber zurück zu den Fernsehfressen, von denen aalglatte es genug gibt. Warum also sollte ich dem Einheitsgedöns nacheifern?! Gutes Aussehen, bisschen geradeaus sprechen, mehr braucht es nicht, um einige Monate lang irgendetwas vor die Wand zu moderieren. Typen, also Menschen mit Kanten zum Anecken, die sind im Grunde nicht mehr gewünscht, und Frauen Ende 20 zu alt, um dem Zuschauer zugemutet werden zu können. Was für ein Schwachsinn. Ich fand Christine Westermann auch am Ende von „Zimmer frei“ noch toll und wusste gar nicht, wie alt sie ist. Ich habe da nicht einmal drüber nachgedacht. Und dennoch wurde das „Alter“ ihr zum Verhängnis.

Mir geht es immer um die Zuschauer – das trifft auch für Leser zu -, die meine vielleicht Nische von Humor verstehen. Um die anderen kümmern sich eben … andere. Die interessieren mich nicht. Soll ich mich jedem erklären?! Wer’s scheiße findet – das gilt ja auch für diesen Blog -, der soll eben weiterziehen. Kein großes Ding.

Das ist nicht einfach nur eine komfortable Einstellung, es ist die einzig richtige. Denn wem bringt es etwas, schmisse sich der Absender an seine Rezipienten ran, um möglichst viel Zuspruch – heute auch likes – zu erhalten?!

Und ohne viele likes zu erhalten, moderierte ich unerwartet ein weiteres Jahr von jener abgewetzten Ledercouch aus – und das auch noch zusammen mit meinem alten Kollegen Christopher; nun eben für ein anderes Unternehmen. So viel Glück muss man erst einmal haben.

Zogen dann um in ein neues Studio, von Hürth nach Berlin, und irgendwie wurde das alte Sitzstück nicht mehr Teil dessen, wurde ersetzt durch ein moderneres, dessen Armlehne ich allerdings bereits beim Testsitzen beschädigt hatte, was ich aber nicht an die große Glocke hing.

Eine wesentliche Eigenschaft von Projekten ist die, dass sie irgendwann einmal ein Ende nehmen. Das ist für einen selbst als Moderator meist weniger überraschend als für den Zuschauer, der sich in abstrusesten Spekulationen erging, während dieser Winter mit seinen endlosen Schneewalzen seinen Lauf nahm und die Sendungen mit meiner Beteiligung nicht mehr stattfanden, was sehr simple und wenig spektakuläre Gründe hatte.

Und heute war es wieder da.

Das Sofa.

Für eine neue Sendung, über die ich leider an dieser Stelle nicht viel sagen darf, weil noch in Planung befindlich, drehten meine Kollegen und ich heute einen Ankündigungstrailer sowie deren opener, also „Vorspann“, wie man zu den goldenen Fernsehzeiten noch sagte. Im Mittelpunkt des Vorspanns stehe wider Erwarten nicht ich, obwohl ich mich ins Zeug gelegt habe, sondern:

das Sofa.

Und weil wir dieses Mal nicht den Arbeitgeber gewechselt haben, war da auch noch mein Kollege Christopher, der freilich inzwischen mehr als nur das ist. Und dann standen wir da wieder, vor unserem Sofa.

„Krass, oder?“, fragte ich Christopher.

„Ja, irgendwie seltsam.“

Wir setzten uns. Ich rechts, er links. Wie damals. Wie immer.

„Was für eine riesige Scheiße wir schon von diesem Sofa aus gemacht haben!“, sagte ich, „Es ist besessen von uns.“

„Damals waren wir noch jung. Heute eigentlich zu alt für’s Fernsehen“, dann Christopher.

„Wir waren eigentlich damals schon doppelt so alt wie unsere Zielgruppe. Aber die hat das nicht gemerkt, die hat ja auch nicht zugeguckt.“

„Aber wir hatten Seher gestern!“ …

Und nun geht es um die Seher von Morgen, die über mein Morgen entscheiden. Und irgendwann werde ich feststellen, dass ich über die gesamte Zeit meiner „Moderationskarriere“ auf einem Sofa saß. Auf ein und demselben. Einmal schlief ich auch darauf. Mehr oder weniger.

Ist dieses Sofa nun ein gutes oder ein schlechtes Omen? Im Grunde ist mir das egal. Ich freue mich einfach, dass es weitergeht. Wieder losgeht. Dass ich mit Christopher – und mit mindestens zwei weiteren Kollegen – wieder auf diesem Sofa sitzen werde, um das zu tun, was ich möglicherweise am besten kann. Was nicht unbedingt ein Kompliment sein muss …

Ich muss zugeben, ich bin ein bisschen nostalgisch.