In den Redaktionshallen des seppologs herrschte am Morgen eine seltsame Stille, eine nahezu bedrückende. Zwar ging alles seinen gewohnten Gang und suchten Redakteure nach verwertbaren Themen für neue Bloggeschichten, doch etwas war … anders.

„Es war außergewöhnlich ruhig, bleiern ruhig. Etwas fehlte. Wir haben alle lange überlegt, dann wurde uns klar: das Gebrüll vom Chef. Seppo war nicht da“, berichtet Seppos persönlicher Zeitungsbügler Zabulon, „Wie gewohnt wollte ich ihm die gebügelte F.A.Z. in sein Büro bringen, aber die Tür war verschlossen. Also klopfte ich. Mehrmals. Von drinnen hörte ich aber nur ein leises Stöhnen. Das Stöhnen eines überrollten Igels.“

Themen-Thorsten bekam zunächst nichts von Seppos Abwesenheit mit, als er in der ersten Redaktionskonferenz des Tages mögliche Blog-Themen vorschlug: „Wir diskutierten gerade, wie viele Leser von weiteren Kraftsport-Themen vergrault werden würden, als Zeitungs-Zabulon in den Konferenzraum stürmte, den wir seiner Form und der Glaswände wegen ‚Aquarium‘ nennen. Und auch, weil dort schon viele Kollegen untergegangen sind, versunken im Gezeter von Seppo.“

„Seppo hat sich in seinem Büro eingeschlossen! Und er … er stöhnt!“, habe Zeitungs-Zabulon gerufen.

„Großer Gott, der kranke Typ wichst in seinem Büro?!“, fragte Büromatratze Benita, die Seppo im Zuge der #metoo-Debatte eingestellt hatte.

„Nein, nein, wenn er stöhnt, ist das meist ein Zeichen dafür, dass er gerade Gewichte stemmt! Da sind schon viele auf eine falsche Fährte gelockt worden!“, frohlockte Hauspost-Harald, dessen Aufgabe es ist, Fanpost zu fälschen, um Seppo Ruhm vorzugaukeln. Es ist ein offenes Geheimnis, dass nur ein umschmeichelter Seppo ein angenehmer Zeitgenosse ist.

Das irritierte Kollegium war ratlos, ein ratloser Teil des Kollegiums hingegen irritiert, ist es doch Seppo, der bei der Umsetzung von Themenvorschlägen immer das letzte Wort hat.

„Ob wir ihn mal anrufen?“, schlug Telefonistin Thessa vor.

„Das kannst du vergessen. Ich habe es noch nie erlebt, dass der irre Tyrann an sein Telefon geht!“, so Reinigungs-Ralf, der gerade die Mülleimer leerte.

Erschrockenes Schweigen. Niemand wagte es bislang, sich respektlos gegenüber Seppo zu äußern. Jeder wusste, dass der Chefautor des seppologs die Belegschaft des Medienimperiums mit Spitzeln durchzogen hat, um seine Autokratie zu festigen.

„Ja, das könnt ihr ihm ruhig erzählen!“, rief Reinigungs-Ralf, „Ich hab keine Angst mehr vor ihm, jetzt wo er ein Phantom ist! Vermutlich ist er schon tot, aber das Regime will es uns nicht sagen! Das ist unsere Chance, den Laden hier zu übernehmen!“

Ein schwerer Fehler von Reinigungs-Ralf. Völlig überraschend betraten vier Männer in Anzügen den Raum und gingen auf Reinigungs-Ralf zu: „Reinigungs-Ralf? Wir haben ein paar Mülleimer im Keller zu leeren. Kommen Sie bitte mit und bewahren Sie Ruhe.“

Reinigungs-Ralf fügte sich seinem Schicksal, während die Kollegen betreten auf den Boden starrten, ganz so, als habe sie nicht angegangen, was sich vor ihren Augen abspielte.

Alldieweil Reinigungfs-Ralf nie wieder gesehen ward, schlug Merugin-Darsteller Makruel vor, einfach nach Hause zu gehen: „Oder will einer von den Strebern im Sekretariat nachfragen, wo Seppo bleibt?!“, frotzelte er.

„Also ich bleibe“, sagte Teilzeit-Thomas, „das gibt nur Ärger morgen, wenn er fragt, wo alle waren. Keiner von uns will einen zornigen Seppo erleben. Wir sollten seine Bürotür aufbrechen. Vielleicht ist er gestürzt oder hat sich unter einer Hantel begraben!“

Makruel verdrehte seine Augen: „Schisser. Mitläufer.“

Die Belegschaft ging geschlossen ins Obergeschoss, wo Seppo in der „Piazza“ genannten Rotunde sein Büro hat.

„Man riecht auch keinen Zigarrenqualm“, bemerkt Kippen-Karla, die Seppo immer seine kubanischen Zigarren importiert.

„So, wer von uns klopft da jetzt?“, fragte Kopier-Karsten, „Wer will schuld sein, wenn er dann ausrastet?“

„Also ich klopfe auf keinen Fall“, war Marketing-Manfred zu vernehmen, „Nachdem ich ihn das letzte Mal gestört hatte, hat er meine Frau verführt und damit meine Familie zerstört!“

„Deine Olle macht’s ja auch mit jedem!“, bemerkte eine anomyme Masse.

„Ach, wer würde denn nicht mal mit Seppo …“, träumte Schreibtisch-Chantalle vor sich hin.

„Wenn wir etwas gegen die Tür werfen, dann wäre es ja kein Klopfen im engeren Sinne. Es könnte ja vom Wind, vom Durchzug, an seine Tür geblasen worden sein oder so“, überlegte human resources-Uma.

Doch die Belegschaft fand zu keiner Lösung – und musste dieses auch gar nicht mehr, da plötzlich ein lautes Rufen aus Seppos Büro zu hören war:

„ICH HAB SCHLAAAAAF-PARALYYYYSEEEE! ICH WAR GELÄHÄÄÄHMT LETZTE NACHT!“

Plötzlich reißt Seppo die Tür auf, was allen noch so präsent ist, dass ab hier im Präsenz berichtet werden muss, und brüllt:

„WAS ZUR HÖLLE IST DENN HIER LOS?! KANN ICH NICHT MAL IN RUHE SCHLAFPARALYSIERT GELÄHMT SEIN?!“

Schockstarre im Kollegium. Was da vor ihm steht, das ist nicht der gewohnte Koloss von einem Mann, nein, es ist nur noch der Schatten eines Seppos, der vollkommen gebrochen zu sein scheint.

Stammel-Stefan macht den Anfang: „Wir … wir … also wir hatten gerade Re-… Re-… Redaktionskonferenz und ha-… ha-… haben uns gefragt, wo … wo-“

„HERRGOTT, KANN NICHT EIN ANDERER REDEN?!“

„Wir waren in Sorge, weil Sie nicht anwesend waren. Wo Sie doch immer so vorbildlich pünktlich sind!“, versucht es Foto-Redakteur Fiete.

„ICH HAB SCHLAFPARALYSE, FREUNDCHEN! DASS ICH ÜBERHAUPT NOCH HIER STEHE, IST EIN WUNDER! SEID IHR DENN NICHT EIN MAL IN DER LAGE, EINEN BLOGARTIKEL OHNE MEINEN SEGEN ZU SCHREIBEN?! SCHREIBT DOCH WAS ÜBERS LAUFEN, DAS GEHT IMMER!“

„Eigentlich geht genau das nicht immer“, bemerkt Satzbau-Sarah.

Wieder dieses betretene Schweigen, während jeder auf den Boden guckt. Wie aus dem Nichts betreten jene vier Herren im Anzug die Szene und nehmen Satzbau-Sarah mit: „Wir haben ein grammatikalisches Problem im Keller. Wenn Sie bitte mitkommen, ohne groß Aufsehen erregen?“

Zu erregen!“, sagt sie noch und wird nie wieder gesehen.

„Ich fand die eh zu fett“, murmelt Seppo, „aber nun gut, ich bin dem Mob wohl eine Erklärung schuldig. Also, liebe Handlanger. Es kann sein, dass das seppolog eine Pause einlegen muss; eine Sommerpause meinetwegen. Wird ja bald Sommer. Also. Folgende Situation ist eingetreten: Vergangene Nacht, so gegen drei, erlitt ich einen schlafparalytischen Anfall. Natürlich wisst ihr nicht, was das ist. Weil ich offensichtlich nur Idioten für mich arbeiten lasse. Nun gut, der Geist war wach, der Körper schlief aber noch. Der Pöbel nennt es Schlaflähmung, ich nenne es beim Namen: Schlafparalyse. Ich lag da im Bett, war wach und konnte mich nicht bewegen! Ich hab gedacht, ich hab ’nen Schlaganfall! Oder einen epileptischen! Einen epileptischen Schlaganfall! Ich wollte schreien, aber auch das ging nicht! Ich war praktisch tot!“

„Ja, gut, das ist aber an sich nichts Ungewöhnliches!“, wagt sich Kraftold Kramer vor, der sich so viel Chuzpe auch leisten kann, ist er doch seit jeher Seppos Manager.

„ICH HAB SCHLAFPARALYSE! DAS KANN CHRONISCH WERDEN! ICH BRAUCHE RUHE!“

„Das kommt von deiner Sportsucht.“

„ICH BIN NICHT SPORTSÜCHTIG! ICH HABE SCHLAFPARALYSE!“


Aufgrund dieser erschreckenden Vorgänge sieht sich das seppolog gezwungen, gezwungenermaßen alsbald in eine Sommerpause zu gehen. Seppo bittet darum, in diesem Zusammenhang, und auch kurz vor dem dreijährigen Geburtstag dieses Blogs, seinen Dank an Sie, die treuen Leser, zu überbringen. Wohlwollend registriert er die steigenden Zahlen, die ihm Statistik-Stenz vorgelegt hat und dem seppolog auch im laufenden Jahr 2018 glänzende Abrufwerte bescheinigen, womit er nicht gerechnet hatte. Bleiben Sie ihm auch über eine längere Schreibpause gewogen!

Unsere Gedanken sind derweil ganz bei ihm und wir hoffen auf baldige Genesung von der Schlafparalyse!