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Ich bin kein großer Frühstücker, eher gar keiner, doch am Sonntag mache ich wett, was ich werktags vernachlässigt habe: Ich frühstücke die Mengen, die ich sechs Tage vorher verschmäht habe.

Und es ist zu einer Tradtition zwischen mir und meiner Mitbewohnerin geworden, sonntags übertrieben groß aufzutischen, sodass man eher von einem brunch sprechen möchte, über das sich vollkommen zurecht schon Loriot lustig gemacht hatte.

Ich selber bin abartig großer Fan dieser kleinen „Nürnberger Würstchen“, die vermutlich nur über einen geringen Fleischanteil vermögen, dafür aber über möglicherweise Knochenreste und andere Abfallprodukte inklusive Medikamentencocktails. Und aus der Region kommen die mit Sicherheit auch nicht. Der Punkt ist aber der: Das ist mir vollumfänglich latte.

Wenn ich zu „McDonald’s“ gehe, und ja, die finden wir alle natürlich nicht so doll, was wir wissen, da wir alle hingehen bis auf die, die nicht hingehen, weiß ich sehr genau, dass ich in dem Moment hochkalorig und ungesund esse. Aber auch das: vollumfänglich egal. Denn mein Hirn sagt mir nicht: „Komm‘, lass uns mal gesund und kalorienarm essen, habe gerade richtig Heißhunger auf Gemüse!“

Dasselbe, wenn ich mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen und dann mir reinschiebe: Ich ahne, dass der Käsebelag, der dürftige, mit Käse vermutlich nicht so viel zu tun hat. Und dass die Salami-Scheiben vielleicht ein Produkt aus Öl und Plastik sind. Aber: Vielleicht hatte ich genau auf das Appetit. Und ich behaupte, dass wir nicht daran sterben.

Darum also diese fettigen Nürnberger Würstchen, eine Packung, gleich zum brunch. Meinem BMI, der ja gar nicht mehr maßgebend ist, können die nichts anhaben.

Ernährung mache ich nicht zur Religion, das verträgt sich nicht mit meinem Gott, mit mir. Aber ich lehne nicht prinzipiell gesunde Lebensmittel ab. Die Fleischmasse gleiche ich beim anstehenden brunch nämlich mit Mango aus. Derzeit bin ich auf dem Mango-Trip, wobei natürlich wichtig ist, dass die Mangos aus der Region kommen, sie wachsen bei uns auf der Fensterbank, auf unserer Mango-Plantage. Ich halte Mangos für die faszinierendste Frucht überhaupt, sieht man von der Frucht meiner Lenden ab, die nun wirklich alles in den Schatten stellt, wobei sie noch nie im Ernstfall getestet worden ist. Allerdings läuft die Zeit ab. Nicht meine übrigens. Doch das wird Thema sein in der Serie „Seppo sein dagegen sehr – Wie ich Vater werde“. Bald hier im seppolog.

Natürlich dürfen Teigwaren nicht fehlen. Haben wir Zeit im Überfluss, backen wir selber. Nicht zu toppen. Heute fehlt uns die Zeit, weil meine Mitbewohnerin mir gleich das Haupthaar noch kürzen wird. Also backen wir Teigklumpen zu Brötchen auf. Ein interessantes Zusammenspiel aus Hitze und Hefe. Diese Brötchen werden dann mit allem belegt, was auf dem Tisch steht, Nürnberger inklusive, sodass ich nach etwa zwei Brötchen satt bin, aber dennoch weiter esse, denn das Decken des Tisches soll sich ja lohnen.

Zu diesem möglicherweise spießigen Ritual des Sonntagsbrunches gehört nun aber auch die Zeitungslektüre. Und auch dabei muss ich an die Frühstücksszenen diverser Loriot-Sketche denken. Die am Frühstück beteiligten sehen sich nicht, da verdeckt von Presseerzeugnissen. Eben noch las ich über Lothar Spät, dann über Guido Westerwelle. Da kann einem das Brötchen im Halse stecken bleiben.

Ach verdammich. Gerade fällt mir ein, dass ich Formel 1 verpasst habe. Arrrg. Alle zwei Wochen lese sogar ich den Sport-Teil meiner Zeitung, wenn es um diese an Spannung kaum zu überragende Sportart Formel 1 geht. Rosberg hat gewonnen. Vettel leider nicht. Sie machen dort weiter, wo sie in der zurückliegenden Saison aufgehört haben.

Unser brunch wird sich über etwa zwei bis drei Stunden erstrecken, zumal das Wetter heute nicht zu einem Picknick einlädt. Vergangene Woche war ich danach im Küchensessel eingeschlafen, während leise die Dunstabzugshaube den Gestank der Nürnberger Würstchen absorbierte. Meine Mitbewohnerin ist generell geruchsempfindlich. Das Phänomen ist einen eigenen Artikel wert. Sie riecht Dinge, die ich nicht einmal hören kann, und wenn diese auch noch unangenehm sind, wird sie missmutig. Dass ich hingegen missmutig werde, wenn unser Frühstück permanent vom Saugen der Abzugshaube begleitet wird, muss da zurückstehen.

„Du wolltest ja unbedingt Nürnberger!“, sagt sie dann und ich erwidere nichts, da ich die sonntägliche Ruhe nicht unnötig gefährden möchte. Ich gefährde sie ja jetzt schon, da sich der Beginn des Frühstücks wegen dieses Artikels nach hinten verschiebt.

Grundsätzlich brunchen wir auch gerne außerhalb. Allerdings verträgt sich das mit unserem gemeinsamen Sportprogramm nicht mehr, das vor dem Frühstück absolviert werden muss, denn nach dem Frühstück fallen wir in eine Bewegungsstarre. Außerhalb Teigwaren zu essen, ist für mich inzwischen ein Problem.

Ich aß am Freitag im „Büro“ zwei Brötchen. Ich kann dort nicht mehr in Ruhe essen, denn ich höre dann stets zwei Dinge von den Kollegen:

„Er isst!“ und „Du hast da was im Bart hängen.“

Beides Tatsachen, über die ich auch ohne deren Verkündung Bescheid weiß. Ja, ich esse. Ganz bewusst. Und ja, natürlich hängt mir ein Drittel des Brötchens in Form von Krümeln und Belag im Bart, wo es sich vermengt mit der fettigen Pomade. Daraus entwickeln sich dann popelähnliche Kügelchen. Wenn ich mit meiner Mitbewohnerin essen gehe, sitze ich meist mit meinem Gesicht zur Wand. Damit ich mich der Saucen im Bart nicht schämen muss. Brötchen öffentlich esse ich auch nur noch im Notfall, da auch da wieder ein Sketch von Loriot ins Spiel kommt, wo eine Figur gemütlich essen gehen will und ihm ständig andere Gäste „ins Essen quatschen“. Ich persönlich hasse das massiv, ich will beim Essen nicht auch noch über das Essen reden.

Das macht mich sogar extrem aggressiv und ich muss mich schwer zusammenreißen. Einige meiner Kollegen wissen das natürlich und weisen mich nur aus eben diesem Grunde auf Reste im Bart hin. Und weil ich weiß, sie werden es wieder sagen, bin ich schon vorab aggressiv. Das wiederum wissen sie auch.

Kann man mit Bart nicht essen? Doch. Es kommt sehr auf die entsprechende Speise an. Suppe geht. Aber ich hatte auch schon Suppe im Bart hängen, ohne das zu bemerken. Meine Mitbewohnerin ist meist die erste, die es merkt, dann nämlich, wenn ich ihr näher komme und sie dann eben auch Suppe an ihrem Kinn hat.

„Trockne dich erst mal ab!“

Inzwischen steht der Bart aber nicht mehr zu Disposition. Dieser Kampf hat mehr als ein Jahr gedauert, aber ich habe schon längere Kämpfe ausgefochten. Sie akzeptiert den Bart und schläft immer seltener mit einer Schere unter ihrem Kopfkissen. Zudem las ich ihr gestern einen Artikel vor, in dem die Wirkung von Bart auf Frauen beschrieben wird. Ihr Frauen könnt Euch gar nicht wehren gegen die unbewusste Erkenntnis:

„Wow, der Typ muss ’ne Menge Testosteron haben!“

Mein Testosteron ist derart optimal dosiert, dass es für Haare im Gesicht reicht, aber eben nicht für Haare auf dem Rücken. Da bin ich blank.


Ob ich wohl poste, was ich frühstücke?

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