muensterpromenade26(Promenade Münster)

Wenn ich gegen die geplante U-Bahnlinie in meiner Heimatstadt Münster wäre, wäre es mir vermutlich nicht egal, was derzeit als großer Lokal-Skandal ans Tageslicht kommt: Seit vier Jahren wird mehr oder weniger heimlich Münsters Unterwelt durchbohrt. Als Anhänger der U-Bahn freue ich mich natürlich, dass die Befürworter in der Politik die Untertunnelung der Stadt bereits 2010 in Auftrag gegeben haben, bevor 2013 dann Baubeginn war. Doch es ist schon etwas ungewöhnlich, dass sie etwas heimlich bauen lassen, was nicht einmal demokratisch im Stadtrat beschlossen wurde.

Vor etwa zwei Wochen wurden Anwohner im beliebten Kreuzviertel auf mittelschwere Vibrationen aufmerksam, die sie eine weitere Woche später beunruhigten, als sie feststellten, dass ihre Wohnhäuser leicht absackten. Und zwar ruckartig.

Nun kann also nicht mehr vertuscht werden, was jetzt sogar internationale Medien beschäftigt, nämlich dass der Bau der „Promenaden“-Linie in vollem Gange ist. Seit vier Jahren.

Die Promenade meint in Münster einen grünen Gürtel, der die historischen Umrisse der Stadtmauer umreißt und, wenn man so will, als Fahrrad-Autobahn benutzt wird. Nachts werden dort allerdings Frauen überfallen, meist von Männern.

Nach allem, was bislang so durchgesickert ist, führt die Promenaden-Linie der U-Bahn vom Hauptbahnhof Richtung Promenade, diese unterirdisch nachzeichnend hin zum Domplatz. Ich finde das toll. Zwar ist Münster keine große Stadt und verfügt über einen ausgezeichneten ÖPNV, wie ich jüngst auch einer „Zeit“-Studie entnehmen durfte, aber so eine U-Bahn macht doch was her und sie stört ja auch nicht, da unterirdisch. Sofern sie das Problem im Kreuzviertel in den Griff bekommen.

Und sofern überhaupt noch weitergebaut wird, da dieses „chinesische Vorgehen“, wie die überrumpelten Münsteraner es nun nennen, nicht unseren Maßstäben entspricht. Gegraben wird durch das Bauunternehmen „MS Bau & Hochleitungen“, das diesen Auftrag vermutlich nicht durch eine öffentliche Ausschreibung erhalten hat, die natürlich vorgeschrieben wäre, dann aber doch irgendwie zu auffällig.

Mich freut sowas. Zum einen wird Münster nun durch diesen wirklich kranken Skandal weltbekannt, zum anderen wird endlich mal nicht lange rumdiskutiert, sondern einfach mal gemacht. Das Diskutieren und Gejammere nervte mich schon im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“, bei dem der Bürger von Anfang an mit einbezogen wurde, es aber erst gemerkt hatte, als der erste Baum gefällt worden war. Großprojekte sind in Deutschland leider kaum noch möglich, weil sich plötzlich jemand wundert, dass sie hundertmal so teuer werden. Natürlich werden sie das. Das überrascht aber auch niemanden. Immer Meckern, Nörgeln, Jammern und Blockieren – nicht so in Münster, wir machen einfach! Und wir werden am Ende gar nicht wissen, um welchen Faktor teurer der Bau sein wird, da ja alles geheimgehalten wurde.

Doch wie ist das nun als Stadtoberhaupt, wenn rauskommt, dass man jahrelang eine nicht genehmigte U-Bahn-Trasse gräbt? Man äußert sich so, wie ich den „Westfälischen Nachrichten“ entnehmen konnte:

Meine Fraktion und ich sind wie unsere Bürger nicht über die U-Bahnisierung der Innenstadt in Kenntnis gesetzt worden. Wir teilen die Empörung der Bürger und werden mit den Stadtwerken Münster ein ernstes Wort reden.

Die Stadtwerke Münster betreiben in meiner Heimat den ÖPNV und müssen sich also auf ein „ernstes Wort“ gefasst machen.

Natürlich wurde der Bau nun gestoppt, Münster hat also jetzt eine Bauruine, die niemand sieht, weil unter der Erde. Interessant ist aber der bereits fertiggestellte Abschnitt zwischen Überwasserkirche und Rathaus: Dort fahren nach ersten zaghaften Geständnissen der Stadtwerke bereits seit zwei Jahren Bahnen des Herstellers „Siemens“. Testweise freilich nur. Kommt jetzt erst heraus wie auch die Sache mit den Schimpansen. Und nun wird es gruselig, ab hier vergeht auch mir jedes Verständnis.

Wo sonst „Crashtest-Dummies“ eingesetzt werden, setzten die Stadtwerke, wenn man den „Enthüllungen“ von „N24“ Glauben schenken darf, auf Schimpansen. Keine Sorge, auf bereits tote Schimpansen. Warum sie tot waren, weiß ich allerdings nicht, hoffen wir, dass sie nicht zu diesem Zwecke getötet worden sind.

Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Meldung vom „Allwetterzoo Münster“. Nachdem dort vor etwa acht Jahren drei Löwen ausgebrochen waren, die bis heute nicht wiedergefunden worden sind, vermisst die Zooleitung nun 398 Schimpansen; das „weltgrößte Schimpansengehege der Welt“ (Eigenwerbung Allwetterzoo) steht also leer, Zoobesucher meinen allerdings, dort zuletzt Pferde gesehen zu haben.

Jetzt gilt die Addition, eins und eins zusammenzuzählen: Hier Schimpansen weg, dort Schimpansen in der illegalen U-Bahn.

So schnell der Bau bislang voranging, so lang wird er sich nun hinziehen, da alles danach aussieht, dass einige der Beteiligten in diverse Knäste wandern, und die Bahn letztlich nie fertiggestellt werden wird. Denn die „Westfälischen Nachrichten“ warten mit einer brisanten repräsentativen Umfrage auf, die ergibt, dass etwa 78 Prozent der Münsteraner gar keine U-Bahn wollen! Der Pressesprecher der Stadtwerke, damit konfrontiert:

Darum haben wir vorher niemanden gefragt.

Er hat nicht Unrecht. Denn ich frage vieles meine Mitbewohnerin nicht, wenn ich mit einer mir ungünstigen Antwort rechnen muss. In der Wirtschaft, aber auch überall sonst, spricht man vom Prinzip der

„vollendeten Tatsache“.


Kleiner Service-Hinweis: Ab 14.00 Uhr überträgt „N-TV“ die Pressekonferenz der Stadt Münster zu diesem „Skandal“.


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