larasende

Mal ist es humorig hier im seppolog, mal subtil, gelegentlich politisch und nicht selten ernst, mitunter auch traurig.

Nun wird es erstmals richtig traurig.

„Die Einschläge kommen näher“, sagt bereits mein Vater, der in Kürze einen runden Geburtstag feiert (seinen), doch auch im jungen Alter können uns Einschläge auf den Boden der Realität des Lebens zerren. Es schlug ein.

Am Abend des vergangenen Montags starb neben mir ein Mensch.

Es ist etwa 21 Uhr, als ich an jenem Montag nach Hause komme und mich meine Mitbewohnerin mit den Worten begrüßt:

Lara langweilt mich. Gehen wir zu ihr hoch und bringen sie um.“

„Schon wieder?!“, frage ich sie bass erstaunt und stelle fest, dass ich schon lange nicht mehr bass erstaunt war, was mich bass staunen macht.

„Ja, aber dieses Mal so richtig. Mit Exitus.“

„Aber manch Leser meines Blogs wird sie vermissen!“

„Nein, das war vielleicht mal so, aber sie ist ausgelutscht, hat ihren Zenit mehr als überschritten. Ich meine, es hat nun wirklich auch der Letzte kapiert, dass Lara so etwas wie ein blonder Pornoengel ist. Das beeindruckt auch niemanden mehr.“

Ausgelutscht, denke ich …

Am 15. September 2015 trat jenes pornöse Wesen von geringem Verstand in mein Leben und wurde schnell Gegenstand von bislang mehr als 25 Geschichten, was sie anfangs noch gestört hatte, sie dann aber nach und nach mehr ehrte.

„Wann schreibst du wieder was über mich, Seppo?“, fragte sie mich bis zuletzt. Und nur um meine Ruhe vor ihrem Gebohre zu haben, schrieb ich ein weiteres Mal über sie. Inzwischen schlachtet sie im Gegenzug jede Geschichte über sie auf ihrem „Beauty“-Youtube-Kanal aus, was mir Leser und ihr Seher bringt. Wir haben also schon immer beide voneinander profitiert. Aber meine Mitbewohnerin warnte schon früh:

„Sie zieht nicht mehr.“

„Ja, sie zieht nicht mehr. Ich müsste schon irgendwie schreiben, dass ich sie an die Wand tackere, aber dann wird’s unglaubwürdig.“

„Tackern wir sie doch im wörtlichen Sinne an die Wand!“

„Du weißt, wie zäh Lara ist. Das reicht nicht. Außerdem ist es gefährlich nahe an einer Kreuzigung. Ich will mir nicht ein weiteres Mal die Finger im Blog verbrennen.“

„Warum, gab es Ärger von ‚Capri-Sonne‚?!“

Sun! Capri-Sun! Aber nein. Nein, nein, nicht von denen …“

Ich hole mein Handy aus der Tasche, lege es wie jeden Abend auf meine Kommode im Schlafzimmer, wo ich mich als erstes meiner Klamotten entledige. Erst die Schuhe, dann Hemd, dann Hose. Gehe ins Bad und stürze meinen Kopf ins Waschbecken, um die Pomade aus Haupt- und Barthaar zu waschen, weil mich meine Mitbewohnerin sonst nicht anfassen würde.

Setze mich dann aufs Klo, suche mein Handy, das noch auf der Kommode liegt, breche kurz ab, um es zu holen, setze mich nun mit Handy wieder nieder und lese die neuesten Leserkommentare. Ein Wolfgang schreibt mir, dass er mich unerträglich selbstverliebt finde. Ich „like“ seinen Kommentar und gebe ihm Recht. Darauf antwortet er, dass er froh sei, nicht meine Mitbewohnerin zu sein. Das „like“ ich erst recht und antworte ihm, dass ich das auch sei. Beende das Wasserlassen, bleibe aber noch sitzen, bis alle anderen Kommentare „geliket“ sind, außer denen, die mir nicht gefallen. Werfe hernach einen Blick auf meine Abrufstatistiken, suche den letzten Lara-Artikel, sehe die schlechten Klickzahlen und denke, ja, die Alte ist fällig. Und rufe meiner Mitbewohnerin in der Küche zu:

„Die Alte ist fällig! Machen wir sie fertig!“

Und denke dabei, dass es herrlich ist, dass den Gedanken im Kopf keine Grenzen gesetzt sind. Ich sehe die Mordszenerie bereits vor meinem geistigen Auge, was mich wiederum fasziniert. Was alles möglich ist in unserem Kopf!

Ich beende nun auch das inzwischen sinnlose Sitzen auf dem Toilettentopf, stehe auf, spüle ab, klappe Klodeckel hoch, wundere mich, wische weg, klappe wieder runter, ziehe Boxershorts hoch, suche mein Handy, finde es auf der Ablage unter dem Waschbecken, wasche mir die Hände, trockne sie ab und ärgere mich über die Pomadenreste im Handtuch, die ich nun wieder an den Händen habe. Wasche also meine Hände abermals und trockne sie am Handtuch meiner Mitbewohnerin ab und ärgere mich über die Pomadenreste in diesem, da ich es offenbar am Morgen nach dem Pomadieren ebenfalls missbraucht hatte. Also wische ich die Pomade an meinen nackten Beinen ab, deren Haare nun irgendwie ekelhaft auf der weißen Haut kleben.

„Ich dusche schnell!“, rufe ich meiner Mitbewohnerin zu, die, was ich nicht sehen kann, vor dem Messerblock in der Küche steht und das Fleischmesser näher betrachtet. Ich weiß das, weil ich zwar Teil der Ereignisse bin, aber auch allwissender Erzähler. Denn noch weniger wissen kann ich, dass Frau Fahrgescheit, die über uns wohnt, gerade im Flur gestürzt ist und sich den Kiefer dabei zertrümmert hat. Weil ich das nicht wissen kann, werden diese Geschehnisse hier auch nicht weiter verfolgt.

Nach dem Duschen gehe ich ins Schlafzimmer, ziehe Boxershorts an, ein T-Shirt (weiß), eine Jeans (grau) und ein Hemd (weiß) und fühle mich hochmotiviert, einen Mord zu begehen. Als ich in die Küche gehen will, höre ich aufgebrachtes Gerede aus dem Hausflur. Ich bin sehr neugierig und blicke durch den Türspion. Sehe einen Sanitäter die Treppe hochhechten. Hoffentlich nichts Schlimmes, denke ich. Was albern ist, denn Sanitäter kommen selten, wenn etwas Gutes sich ereignet hat.

Da ich weniger neugierig als gedacht bin, gehe ich also weiter in die Küche, wo meine Mitbewohnerin mir sagt:

„Das Messer ist stumpf irgendwie.“

„Es wäre auch zu unspektakulär. Einfach niederstechen. Nein, es muss schon mit viel Tamtam passieren.“

„Guck doch mal in deinen darknet-Foren, was es da an Möglichkeiten so gibt. Da kann man auch direkt Waffen bestellen?“

„Ja, das ginge. Aber das ist illegal.“

„Achso. Nee, dann nicht.“

„Mein Fuß ist eingeschlafen“, informiere ich sie.

„Wobei? Beim Durchdiewohnunggehen?“

„Nein, beim Schreiben dieser Zeilen. Geht aber gerade wieder. Kennst du dieses herrliche Gefühl, wenn das, äh, naja, das Gefühl wiederkommt?“

„Ja.“

„Herrlich, oder?“

„Ja, herrlich.“

Achja, mein Handy. Wo ist es? Es liegt wieder im Schlafzimmer, wo ich mich angezogen hatte. Ich gehe hin, gucke aber nochmal durch den Türspion. SCHOCKSCHWERENOT! Im selben Augenblick sehe ich im Vollbild einen blutenden Unterkiefer, der direkt am Türspion vorbeizugehen scheint.

„ALTER!“, rufe ich aus! Und halte es für einen ungünstigen Schatten, sodass ich weiter ins Schlafzimmer gehe. Nehme mein Handy, öffne den Facebook-Messenger und schreibe:

„lara, da?“

„seppi! ja was los?“

„hast du zeit heute abend, wir würden kurz mal vorbeikommen“

„äh, ja, okay. was besonderes?“

Verdammt, so weit hatte ich nicht gedacht. Ich rufe meiner Mitbewohner zu:

„Was schreib ich ihr?“

„Du hast ihr schon geschrieben?!“

„Ja, du weißt doch, meine Schnellschüsse! Sie will wissen, was los ist.“

Naja, eigentlich wollte sie nur wissen, ob es etwas Besonderes gebe.

„Naja, eigentlich will sie nur wissen, ob es etwas Besonderes gibt.“

„Schreib ihr ‚ja‘. Denn es wird etwas Besonderes geben!“


Nur was? Erleben wir es in „Ruhe in Frieden II“. Bis dahin scrollt runter bis zum Januar 2011 auf meiner Facebook-Seite. Dort erwartet Euch eine üble Überraschung!