netto

Nein! Umdenken! Der Leser muss nach dieser Überschrift umdenken! Es geht mitnichten darum, dass ich überrascht bin, wie wenig von meinem Bruttolohn übrigbleibt. Das überrascht mich nicht, da Netto in der Regel immer weniger ist als Brutto. Außerdem gebe ich gerne dem Staat, der uns dieses großartige Land beschert hat!

Es geht hier um einen Skandal, der an den Grundfesten meines Einkaufsverhaltens rüttelt. Es ist ja unlängst bekannt, dass „Edeka“ große Teile der „Kaiser’s-Tengelmann“-Supermärkte erworben und inzwischen auch schon okkupiert hat. Davon abgesehen, dass diese Übernahme der Gesamtwohlfahrt Schaden zufügt (aus diesem gute Grunde hatte die Kartellbehörde diesen Transfer ja untersagt), den Wettbewerb weiter zerstört, was höhere Preise für Kunden und höhere Kosten für Zulieferer bedeutet, bin ich nun gezwungen, statt in meinem Kaiser’s in einem „Netto“ einzukaufen, zu dem er innerhalb von rund drei Wochen umgestaltet worden ist.

Nichts gegen Diskonts. Sie haben ihre Berechtigung, aber es findet eben dort kein Wettbewerb mehr statt, wo ich als Kunde nur noch Auswahl zwischen „Lidl“, „Netto“ und „Netto“ habe, wenn ich aus einem Einkauf nicht direkt eine Landpartie machen will.

Da ich ein betont unflexibler Mensch bin, fällt es mir schwer, mich mit den neuen Begebenheiten anzufreunden, so sehr ich mich auch freue, dass das angestammte Personal Kaiser’s’s übernommen worden ist. Immerhin, an neues muss ich mich somit nicht gewöhnen und ich hoffe, es verdient noch mindestens genauso viel wie vorher. Doch das Netto-Sortiment hat nichts mit dem zu tun, was als Sortiment bei mir Zuhause vorhanden sein muss. Es fängt schon bei meinem „Wäscheweiß“ an, das ich bei Netto nicht mehr bekomme! In der Folge werden meine weißen T-Shirts, die ich trage wie andere ihre Unterhemden, im Laufe der nächsten Wochen nach und nach ergrauen. Nun wäre ich ja immerhin so flexibel, dass ich durchaus bereit wäre, meine Shirts mit „Sidol Küchenkraft“ zu behandeln, mit dem ich sonst immer Teile meiner Küche reinige, aber natürlich, auch dieses knaller Markenprodukt ist bei Netto unerhältlich, nicht einmal ein Generikum finde ich.

Das Debakel gipfelt an der Kasse. Erst freue ich mich noch, dass dieselbe Kassierin dort sitzt, die mit mir seit nunmehr vier Jahren das EC-Lastschriftverfahren durchgeht (was viel schneller vonstattengeht als die meisten Bargeldzahlungen) und die schon weiß, dass ich auch 49 Cent mit Karte löhne, da es auch hinter mir wartenden Kunden ja egal sein kann, ob ich nun 100 Euro oder 49 Cent per Maestrocard zahle. Und sie fragt auch gar nicht mehr, warum auf meiner EC-Karte die Unterschrift fehlt … Ich bin zwar Anhänger der Barschaft, habe aber nie welche dabei, was mit der Schließung einer Sparkassen-Filiale in meiner Nähe zusammenhängt. Ich mache doch keinen Tagesausflug, nur um Bargeld zu holen!

Meine Freude über die alte Bekannte währt also nur kurz, als ich feststelle, dass ein Teil des Kassenmobiliars offenbar fehlt oder noch nicht aufgebaut worden ist. Denn die bereits eingescannte Ware findet keinen Platz, wo sie sich sammeln könnte, um dann eingetütet zu werden. Und ja, ich kaufe jedes Mal eine Plastiktüte. Manchmal zwei. Und ja, ich weiß, es gibt Jutebeutel. Habe etwa 20 derer zuhause. Aber da kaufe ich nicht ein. Ich bräuchte sie also im Laden an der Kasse. Das fällt mir aber immer erst ein, wenn ich schon da bin und die Beutel noch zuhause sind. Manchmal kaufe ich dann auch einen Jutebeutel, doch moniert meine Mitbewohnerin inzwischen, dass diese einen nicht unerheblichen Teil unserer Abstellkammer in Anspruch nehmen.

Wenn man als Kunde nun nicht schnell genug seine frisch erworbene Ware irgendwo verstaut, schiebt die Kassiererin sie vom Kassentisch. Und weil ich zuhause oftmals Mangos fallenlasse, weil ich etwas ungeschickt bin, was meine Mitbewohnerin kürzlich noch zur Weißglut trieb,

„Die war schon so weich!“

weiß ich, dass bestimmte Lebensmittel nicht auf den Boden fallen dürfen. Eier zum Beispiel. Was komisch ist, denn das gilt auch für die aus Bodenhaltung. Quark. Quark scheint sehr schwer zu sein und wenn er fällt, dann fällt er mit Elan. Öl. Olivenöl in einer Glasflasche. Darf auch nicht vom Kassenband fallen. Passiert aber alles, wenn man bei Netto nicht schnell genug ist.

„Packen Sie es doch in Ihren Wagen!“, rät sie mir.

„Ich habe keinen Wagen.“

Habe ich nie. Wenn ich einen Supermarkt betrete, rechne ich am Eingang kurz durch, ob ich die zu kaufenden Waren alle auch ohne Wagen allein kraft meiner Arme tragen könnte. Kann ich immer, stelle aber meist am Weinregal fest, dass ich mich verrechnet habe. Oftmals beuge ich mich zum Schluss über das Kassenband und lasse alles darauffallen, weil es anders nicht mehr geht. Auch bei diesem Vorgang darf übrigens nichts danebenfallen. Schon gar nicht der Wein.

Einen Wagen brauche ich also im Grunde erst immer dann, wenn es schon zu spät ist. Und außerdem:

„Es ist doch unwirtschaftlich, wenn ich erst meinen Wagen auf das Kassenband entleere, dahinter dann wieder mit denselben Waren befülle, um dann an der Fensterfront [wo man diese Ablagen findet, Anm. d. A.], den Wagen wieder in die Plastiktüten zu entleeren!“

„Dann müssen Sie schneller Ihre Tüten an der Kasse füllen! Übrigens verkaufen wir auch Jutebeutel.“

„Ich weiß, habe 20 zuhause.“

Aber sie scannen die Produkte ja meist wahnsinnig schnell ein, sodass ich nicht hinterherkomme. Um aber doch irgendwie mit den Kassierern mithalten zu können, packe ich schnell und unüberlegt ein. Die Eier zum Beispiel, wem sage ich das?!, sollten nie als erstes die Tüte betreten.

Übrigens, ist Ihnen bekannt, warum Kassierer*/_x(innen) den Eierkarton kontrollieren? Ich glaubte immer, das sei eine Serviceleistung, die sicherstellen soll, dass alle Eier heil sind. Oder dass alle drin sind. Mitnichten. Sie suchen Diebesgut! Habe schon einmal versucht, einen Kasten Krombacher in einem Sechser-Eierkarton aus dem Laden zu schmuggeln.

Natürlich habe selbst ich inzwischen gelernt, dass man die Waren schon so auf dem Kassenband anordnet, dass die Eier eben erst als letzte eingedengelt werden. Ich mag unflexibel sein, aber weniger doof. Obwohl es schon lange gebraucht hat, um auf diese Idee zu kommen … erschreckend lang … an sich hat es mir meine Mitbewohnerin beigebracht …

Doch Netto kommt mir entgegen. Zwar verkauft er zu meinem großen Unglück nicht meinen „Müller-Thurgau“, dafür aber in großen Massen den von mir geschätzten „Captain Morgan“. Punkt für Netto also. Ich muss auch zugeben, dass mir die TK-Auswahl etwas besser gefällt, während er sich dem Verkauf meines Kapselkaffees verweigern. Ja, ich kaufe Kapselkaffee und transportiere ihn in Plastiktüten nach Hause. Das dürfte doch ein Anknüpfungspunkt für empörte Leserkommentare sein!


Wie ich Alu und Plastik zweitverwerte, verrate ich auf meiner Facebook-Seite! Schaut überdies gerne mal bei meinem anderen Blog vorbei:

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