Verehrte Leser des seppologs!

Wie Sie wissen, ist mir nichts wichtiger als Klicks, likes und Abonnenten. Sämtliche der zurückliegenden 816 Artikel habe ich so konzipiert, dass sie eine maximale Klickzahl erreichen, um so das Suchtzentrum meines egomanischen Gehirns zu befriedigen, das immer gieriger wird. Wie mein Ärzteteam in der Schweiz nun herausgefunden hat, droht Entzug, sollte das permanente Wachstum oben genannter Kennzahlen einmal auch nur stagnieren. Eine latente Unzufriedenheit meiner Person mit derselben wäre die Folge, womöglich auch ein gesteigerters Aggressionsverhalten, worunter nicht zuletzt auch meine Mitbewohnerin zu leiden hätte.

Das darf nicht passieren!

Aus diesem Grunde hat sich der zugegebenermaßen geniale Chefautor dieses Blogs etwas erdacht, auf das der gemeine Schreiberling nie kommen könnte: Zielgruppenspezialisierung, zu Deutsch: targeted content distribution. Es würde mich nicht wundern, wenn das seppolog damit in der Medienbranche Schule machen würde. Doch da die Leser dieses Blogs weniger klug sind als der Autor, beginnen wir von vorn, um die Neuausrichtung des seppologs genau zu erklären. Da es nun wichtig wird, wechseln wir die Schriftfarbe; erschrecken Sie nicht!

Wie Sie sehen, habe ich mich dafür entschieden, sie bei Schwarz zu belassen, da ich gemerkt habe, dass man auch die Hintergrundfarbe verändern kann (Lesern, die im WordPress-Reader lesen, entgeht dieser bunte Spaß möglicherweise.). In dem Zusammenhang fällt mir Leserin Merle ein, die mich gestern per E-Mail fragte, wie ich an meine zugegebenermaßen hohe Abonnentenanzahl gekommen sei. Ich habe ihr erklärt, dass Sie keine Chance hat, mit mir gleichzuziehen. Worauf ich allerdings hinauswollte: Ein roter Texthintergrund schreckt ab. Also mein nachzureichender Tipp an Merle: Siehe davon dringend ab, es stört mich ja schon beim Schreiben. Um die 100 Leser werde ich also mit diesem Absatz verloren haben. Das hat mit targeted content distribution nichts zu tun!

Machen wir es also wie Krankenhäuser: in Grün. Patienten, deren Leben womöglich am seidenen Faden hängt, wovor wir alle, selbst ich!, nicht gefeit sind, sehen als letztes möglicherweise eine grüne Tapete. Diese soll wohl beruhigend wirken, obwohl ich ja auf so ein frisches Gelb stehe.

Da wir uns nun auf eine Farbgebung geeinigt haben – und Einigen kommt nicht von Steinigen -, setze ich nun zur Schilderung eines Erweckungserlebnisses an.

Was auch in meinem sozialen Umfeld möglicherweise noch nicht jeder mitbekommen hat: Ich bin nach Münster gezogen (weitere 100 Leser klicken auf „Tab schließen“ …) und habe penetrant sporadisch darüber an dieser Stelle geschrieben. Spätestens nach Veröffentlichung des gestrigen Artikels habe ich festgestellt, dass ich meine Leserschaft nahezu verdoppelt habe. Zunächst hielt ich diese Information für einen Fehler in den Statistiken, doch ging ich der Sache dann näher auf den Grund, um nachzuvollziehen, woher diese zusätzlichen Leser eigentlich kommen. Um es abzukürzen: Sie kommen aus Münster. Und so stellte ich schnell fest, dass es mir durch Zufall gelungen ist, mir erstmalig eine klar definierte Zielgruppe zu erschließen, deren Potenzial bei rund 300.000 Menschen liegt, denn so viele Menschen sind glückliche Münsteraner.

Freilich ist es cain Geheymniß, dass man zielgruppenspezifisch adressieren sollte, um Streuverluste zu vermeiden. Doch mit einem derart stark ausgeprägten Effekt, der sich auch in Diskussionen in diversen Facebook-Gruppen widerspiegelte, hatte ich nicht gerechnet und so wurde mir klar:

Ich schreibe ab sofort nur noch über Münster, da ich mir sicher sein kann, dass es die mehr als 300.000 Münsteraner auf jeden Fall interessiert. Ich meine, welcher Münsteraner guckt sich nicht den „Wilsberg“ an? Wer von ihnen verzächte auf den „Münster-Tatort“?! Auch meine Mitbewohnerin und ich sehen beide Filmreihen, die vorgeben, in Münster zu spielen. Natürlich wissen wir, dass 95 Prozent der Aufnahmen irgendwo bei Köln entstehen. Ich erinnere an die „Wolbeck“-Folge des „Tatorts“, bei der im Hintergrund permanent ein Kraftwerk zu sehen war, was in Münster zu einem Skandal geführt hatte, da Münster ausschließlich von Feldern und lästigen Nachbarstädten, aber eben nicht von Kraftwerken umgeben ist. Meiner Mitbewohnerin und mir genügen aber im Grunde die zwei, drei Schnittbilder von Münster, die in die Filme reingeschnitten werden: der Prinzipalmarkt (wenn Kriminalhauptkommissar Thiel über seltsamste Umwege zum Polizeipräsidium radelt) und das „Antiquariat Wilsberg“ (wenn Ekki sich zum hundersten Mal den Autoschlüssel abnehmen lässt). Jedes Mal, aber auch wirklich jedes Mal, wenn diese zwei Schnittbilder erscheinen, sagten meine bis vor Kurzem noch in Düsseldorf lebende Mitbewohnerin und ich:

„Ach, Münster! Wie schön!“

„Tatort“ und „Wilsberg“ sind womöglich mitverantwortlich dafür, dass wir zurückgezogen sind.

Ich kenne Münster und ich kenne die Münsteraner. Und da wäre ich doch doof, das nicht bis zum Erbrechen auszuschlachten. Aus diesem Grunde verabschiede ich mich heute vom Untertitel „Irrelevanzlieferant“ und biedere mich an mit:

Ein Münsteraner bloggt.

Damit habe ich auf einen Schlag 300.000 Leser mehr! Inhaltlich muss sich nicht viel verändern. Was im „Tatort“ die wenigen Schnittbilder, sind hier dann sanfte Ergänzungen im Text. Ein Beispiel:

Wo es früher hieß: „Es ist zehn Uhr am Samstagmorgen. Es klingelt an der Wohnungstür“, heißt es ab sofort: „Es ist zehn Uhr am Samstagmorgen. In Münster. Es klingelt an der Wohnungstür.“

Haben Sie den Unterschied bemerkt? Natürlich nicht. Für Sie hat sich nichts geändert, doch der Leser aus Münster hat das „Schnittbild“ sofort erkannt. Ich hebe es noch einmal hervor:

„Es ist zehn Uhr am Samstagmorgen. In Münster. Es klingelt an der Wohnungstür.“

Na, überrascht?! So einfach ist targeted content distribution! Herkömmliche Leser denken: „Ach, der übliche Seppo-Scheiß schon wieder!“, doch 300.000 Münsteraner denken: „Geil, dieser gottgleiche Schreiberling ist einer von uns!“  Und dann hagelt es likes und Bewunderung! Auf diese Weise werde ich in meiner Heimatstadt, über deren Grenzen ich mich künftig weigere hinauszudenken, eine lokale Berühmtheit, da es zur nationalen – Bilanz einer TV-Karriere – freilich nicht gereicht hat, weil ich beim „Taff“-Casting durchgefallen bin. Statt meiner moderiert da nun ein sprachbehindertes Model, was aber okay ist wegen Inklusion und Frauenquote. Beide Begriffe in einem Satz! Sowas lesen Sie nur aus Münster!

Für die treuen Leser, die teilweise seit dreieinhalb Jahren hier mitlesen, ändert sich also nichts. Es wird weiterhin irgendwie um mich gehen mit dem Unterschied, dass ich diesen tollen Fokus einbette in Münster. Sie und eben die Münsteraner dürfen sich freuen auf beispielsweise die Geschichte, wie meine Mitbewohnerin und ich am zurückliegenden Samstag leicht angetüddelt in der Buchhandlung – Achtung, Schnittbild! – „Poertgen Herder“ in der Salzstraße waren. Ich hatte derart einen sitzen, dass ich nicht mehr in der Lage war, die Titel der Bücher zu erkennen, weil wir uns vorher die extrem lange Wartezeit auf eine Pizza in der „L’Osteria“ an der Promenade (Schnittbild!) mit Cocktails verkürzt haben. Kleiner fun fact: Unsere Bedienung war Düsseldorferin, denn an sich wartet man in Münster nie besonders lange auf Bestellungen. (War klar …)

Münster wird also in den Mittelpunkt rücken, zumal ich mir das demnächst auch beruflich nutzbar machen möchte. Und einmal jede Ironie beiseite: Ich stehe auch voll dahinter, so wie ich hier im Blog nur Dinge schreibe, hinter denen ich stehe, denn genau das war vor dreieinhalb Jahren, als ich zu schreiben begann, meine Intention. Wären mir likes und Co. wirklich wichtig, dann hätte ich mir vieles verkneifen müssen. Und dann könnte man sich ja gleich „Taff“ ansehen. So habe ich auch stets auf die bezahlte Erwähnung von Produkten verzichtet, auch wenn mir das immer wieder angeboten wird. Und so schreibe ich weiterhin auf meinem erstaunlich günstigen Laptop von „Asus“ das, was mir in den Sinn kommt. Das, was mir beflügelt durch das Leben in Münster in den Sinn kommt!

Für eine Lesung bei „Poertgen Herder“ stehe ich jederzeit zur Verfügung. Auch im Untergeschoss.