Was für ein klischeeträchtiges Foto, oder? Das könnte einen Reisekatalog von „Thomas Cook“ zieren – oder eben den großen Fotoroman des seppologs! In dieser Geschichte möchte ich beeindruckende Eindrücke mit Ihnen teilen. Lehnen Sie sich zurück, aber vergessen Sie das Scrollen nicht!

Tag sechs unseres Urlaubes hier auf der Insel, die uns abermals nicht nur mit unerwartet gutem Wetter, sondern auch mit atemberaubenden Panoramen überrascht hat. Unser Land ist nicht ohne Grund des Deutschen liebstes Reiseziel, da selbst die als besonders spießig verschriene Insel Landschaften zu bieten hat, die durchaus instagramgeeignet sind – und darauf kommt es ja heutzutage an! So wie dicke Menschen bei Instagram sofort gelöscht werden (Uploadfilter), findet auch die Ruinenstadt Düsseldorf dort nicht statt. Und da ich mich jüngst von Instagram verabschiedet habe, bleibt mir nur noch diese Plattform: Enger könnte ich mir meine eigene Echokammer gar nicht bauen!

Für das asiatische Auge fotografiert (rassistisch).

Bevor wir starteten, überfraßen wir uns bei einem brunch, da ich am Vorabend genau errechnet hatte, was wir alles essen müssen, damit das hiesige „Café Extrablatt“ einen Verlust einfährt. Dass wir ausgerechnet in einer Filiale dieser Kette landeten, grenzt an Komik, und so erinnerte uns das Interior auch an jene Filiale(n) in Münster, in die wir regelmäßig einkehren. Kleiner Unterschied: Hier war der Kaffee nicht im Pauschalpreis inbegriffen, sodass ich eine Formel entwickelte, nach der auch meine Mitbewohnerin zu essen hatte:

„Wenn du einen Milchkaffee bestellst, musst du zusätzlich sieben Brötchen essen oder 14 Pancakes, sonst zahlen wir drauf. Und Flothos zahlen nicht drauf!“, erklärte ich ihr.

„Ich erinnere dich daran, wenn du das nächste Mal einen Weihnachtsbaum hochhandelst!“

„Das war ein Missverständnis zwischen dem Verkäufer und mir.“

Es gelüstete mich nach einem „Lemon Squash“, ohne dass ich genau wusste, worum es sich dabei handelte, doch Urlaubsseppo ™ ist meine spontane Variante und frei von Spieß. Da wird nicht diskutiert, da wird zugeschlagen! Das ist das einzige, was ich mit besonders extremen AfD-Wählern gemeinsam habe.

„Verdammt. Wegen des Lemon Squashs muss ich jetzt noch 23 Nürnberger Würstchen essen. Aber das ist es mir Wert. Oder würdest du noch zwölf Mini-Frikadellen runterkriegen? Dann müsste ich nur elf Nürnberger … nein, warte, wir machen es anders … ich habe Tupperdosen mitgenommen. Wenn ich unauffällig zwei Liter von dem Rührei eintuppere, kommen wir mit plus-minus null raus, wenn ich statt des Lemon Squashs eine Maracuja-Schorle bestelle. Sofern du nicht noch einen weiteren Kaffee bestellst. Es ist eigentlich ganz einfach.“

Mit dem dann doch bestellten Lemon Squash kam ich erstmals mit einem der neuen, umweltfreundlichen Strohhalme in Kontakt. Und dachte mir: Die sind ja viel besser als die Plastikteile! Es geht doch! Die Politik muss es nur wollen!

Mehr Platz für Mikroplastik: Ebbe ebnet Boden für Altlasten.

Die Zahl der Pancakes, die meine Mitbewohnerin heute verspeiste, behalte ich für mich – zu ihrem Schutz. Noch nie habe ich mich so für sie schämen müssen. Doch ich war auch nicht besser. Schwer und fett saßen wir da auf den Stühlen und uns war klar, dass wir mindestens 20 Kilometer wandern müssten, um wenigstens einen Teil des Gegessenen irgendwie sinnvoll in Energie umzuwandeln. Also: Gürtel gelockert, Hose aufgeknöpft und los ging es. Ziel heute war das nördlichste Ende der Insel, die nach einem Körperteil benannt ist, der zwei sehr ähnlich klingende Namen hat, wobei die eine Variante als „gehoben“ gilt. Die ist freilich die von mir benutzte …

v.l.n.r.: ich, meine Mitbewohnerin (die ein Tatoo meines Gesichts in ihrem Gesicht trägt - aus Liebe).

Dieser etwas bescheidene Leuchtturm, der kaum größer als meine Mitbewohnerin ist, war Wegmarke unseres heutigen ersten Zieles, jener nördlichen Spitze. Der Weg dorthin führte uns direkt an der Küste entlang, von der aus man Dänemark sehen kann. Und viel Wasser, sofern nicht gerade Ebbe ist, was der Fall war. Kurz überlegten wir, nach Dänemark rüberzugehen, doch waren es die Zweifel meiner Mitbewohnerin an meinen Navigationsfähigkeiten, die uns letztlich davon abhielten.

„Seit diesem Urlaub weiß ich, dass ich entgegen früherer Aussagen von mir dir nicht überall hin folgen würde.“

Schau.

Wieder wurden es 20 Kilometer, die wir wandernd zurücklegten, wobei wir den 20. Kilometer um unser geparktes Auto herumliefen, nur um die 20 vollzukriegen. Und offenbar umliefen auch Polizisten unser Auto, denn diese wiesen mich mittels eines Zettels unter dem Scheibenwischer darauf hin, dass bereits im Juli meine Hauptuntersuchung fällig gewesen wäre.

„Verdammt. Wie konnte ich das verpassen?! Sonst bekam ich immer eine Erinnerung von Toyota geschickt.“

„Weiß Toyota, dass wir nicht mehr in Düsseldorf wohnen?“, fragte sie.

„Nein. Weiß Toyota nicht. Was für eine grauenhafte Langzeitfolge unseres Umzuges!“

Zehn Tage Cait habe ich nun, meinen Toyota Yaris zum TÜV zu bewegen, bevor es sonst unangenehm teuer wird. Allerdings ergab gerade eine Google-Recherche, dass zunächst nur 15 Euro fällig würden. Für diese 15 Euro bekäme ich hier nicht einmal einen Hotdog …

Hinter dem Horizont, also hinter dem Rand der Scheibe, liegt Großbritannien, das einst so stolz war auf seinen Parlamentarismus, über den heute die halbe Welt lacht.

Das obige Panorama zeigt den Ausblick nach rund acht Kilometern, als wir das nördliche Ufer erreichten, das allerdings gen Westen zeigt. Das hat mit meiner Navigation zu tun, das würde ich hier ungern näher erläutern; es gab da Probleme mit meinem Kompass und eins kam zum anderen. Ich möchte angesichts des strahlend blauen Himmels erwähnen, dass wir hier etwa elf Grad haben, die sich allerdings direkt am Strand kälter anfühlen als geschützt zwischen den Dünen unter der Sonne. Kleidungstechnisch waren wir aber optimal angepasst: So nehmen wir inzwischen mehr als nur eine Mütze mit: für jede Temperatur und Windstärke eine andere. Und das ist kein Scherz. Streckenweise Strecken sind aber auch selbst mir als Haarlosem ohne Mütze möglich. Und erstmals kam ich heute auch während des Wanderns ins Schwitzen, wogegen mich nichts wappnet; hingegen die Funktionsunterwäsche, die ich sonst beim Laufen trage, gegen die Folgen des Schwitzens. Ich kann jedem nur ans Herz legen: Beim Wandern mit Schweißaufkommen unbedingt ein funktionales Oberleibchen tragen; den Damen lege ich eine Korsage nahe. Nicht nur, dass dieses Textil bei kaltem Wind wärmt, nein, es transportiert den etwaigen Schweiß auch in die richtige Richtung – vom Körper weg.

"Making-of Beitragsbild": Hier sehen Sie einen Profi-Fotografen bei der Ablichtung eines Haufens aus Steinen. Vermutlich handelt es sich um ein Hünengrab. Erstaunlich, dass unsere Vorfahren zu solchen baulichen Leistungen fähig waren!

Beachten Sie das Detail: Oben trage ich bereits meine zweite Mütze – für gegen weniger Wind. Zu Beginn der Wanderung allerdings, direkt am Watt entlang, wurde mir erstmals klar, dass dicke „Naketano“-Kapuzzen durchaus einen Zweck erfüllen können – und eben nicht immer im Weg sind:

Zwei Schafe nehmen reißaus, nachdem ich sie auf ihren illegalen Aufenthaltsstatus aufmerksam gemacht habe. In Deutschland sind Fremde nicht mehr willkommen, müssen sogar damit rechnen, gehetzt und anschließend zusammengeschlagen zu werden. Das ist die Freiheit, die Bernd, nein, Björn Höcke meint.

Nach 15 Kilometern sind wir zurück am Auto. Unsere erste Wanderung des Tages endet und ich wechsle ins Präsenz. Erinnern wir uns an unsere erste Wanderung zum „Roten Kliff“. Diese ging etwas schief, wie Sie hier lesen mögen. Grund waren meine Navigationsfähigkeiten. Heute also wollen wir die Besichtigung des Kliffs von unten nachholen.

Brennend heißer Wüstensand; fern, so fern dem Heimatland: das Rote Kliff.

Und je näher wir dem Kliff kommen, desto gefangener bin ich von dessen Antlitz, das sich bei perfekt stehender Sonne zeigt – ganz so, als blickte ich in einen Spiegel. Doch möge ich nun schweigen und die Bilder sprechen lassen, die teilweise auch dem „Sony“-Objektiv der Kamera meiner Mitbewohnerin entspringen.

Kliff Richards.
Kliff Huxtable.
Kliff Hanger. Zur Orientierung zeige ich auf das eigentliche Fotomotiv (rechte Hand).

An diesem Punkt der Wanderung bin ich im Übrigen schlecht gelaunt, da meine Füße schmerzen. Die gestern noch beschriebene Leichtigkeit ist seit dem heutigen zehnten Kilometer nur eine verschwommene Erinnerung. Der Grund ist wohl, dass wir heute gegen starken Wind anwandern und vor allem: durch Sand. Das jedoch betrachte ich als Läufer als ideales Koordinationstraining für die Füße. Es hat seinen Grund, warum Sandlaufen zum Läufertraining dazugehört. Und so rede ich mir die Hemmschuhe unseres Weges schön – zurecht, denn nach diesem Urlaub werden sich unsere Wanderungen – 100 Kilometer bis heute inklusive – in meinem Lauftempo widerspiegeln.

Hier breche ich das Gesetz! Todesmutig leiste ich Ungehorsam. Einem Seppo schreibt niemand etwas vor! (Aber der TÜV-Aufforderung komme ich bald möglichst nach.)

Morgen setzen wir einmal aus, morgen gehen wir auf Robbenjagd. Dazu nehmen wir ein kleines Boot, das uns vom südlichen Ende dieser Insel, das wir noch nicht kennen, zu einer Kegelrobbenbank bringt. Die zweifte Tageshälfte gehört einem Lehrgang, bei dem man uns zeigt, wie man Robben ausnimmt, bevor man sie dann zubereitet. Wie schmecken Robben wohl? Ich hoffe nicht wie Seehunde.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Denn auch das gehört für mich zu diesem Urlaub: das abendliche Schreiben und Rekapitulieren des Tages, während meine Mitbewohnerin mir gegenübersitzt und Postkarten schreibt. Vielleicht ist ja einer unter Ihnen, der schon bald Post von ihr erhält. Zum Beispiel Sandra! (Wäre peinlich, Du bekämst jetzt keine …)

Eine Insel, ein Mann.

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