Regenbögen sind auf dieser Insel caine Seltenheit, doch erst heute gelang uns die Ablichtung eines solchen, wobei ich Ihnen dessen linke Hälfte schuldig bleibe. Für mich war dieses Exemplar ein besonderes, da man draußen auf dem Meer genau die Stelle sehen konnte, wo sich der Topf voll Gold befinden musste. Bislang habe ich noch nie das Ende eines Regenbogens aus der Ferne so deutlich sehen können wie an diesem Tag, dem zehnten und letzten Urlaubstag.

Moment, ich muss noch einmal auf die fehlende linke Hälfte zurückkommen. Zehn Tage lang haben Sie mir in dieser Urlaubsdokumentaion die Treue gehalten – und wie danke ich es Ihnen? Mit einem halben Regenbogen! Ein Schlag in des Lesers Gesicht! Dabei habe ich noch nie so häufig die Panorama-Funktion meiner Canon 8D genutzt wie in diesem Urlaub. Geben Sie mir ein paar Sekunden, ich bastele Ihnen schnell mit ein paar Tricks und Effekten die linke Hälfte dazu … Sie werden gar nicht bemerken, dass es sich um eine Montage handelt:

Ein ganz besonderer Regenbogen als Dank an die Leser für ihre Treue.

Mit etwas Wehmut denke ich zurück an unseren Anreisetag, als wir den Autozug verließen und zehn Tage Urlaub noch vor uns hatten. Doch die Wehmut hält sich in Grenzen, da mich in der Heimat nichts erwartet, auf das ich mich nicht irgendwie freuen könnte. Das war auch mal anders. Und nach diesen zehn Tagen können meine Mitbewohnerin und ich behaupten, die komplette Insel bewandert und gesehen zu haben. Den letzten kleinen, blinden Flecken, den beschrieben wir heute – wandernd wider unseren Plan, da abermals das Wetter überraschend gut war. Angenehme zwölf Kilometer wurden es am Ende und somit sind wir insgesamt 150 Kilometer auf dieser Insel mit ihrem Umfang von 107 Kilometern gewandert.

Die letzten zwölf Kilometer nach Munkmarsch.

Wenn ich das richtig sehe, war Munkmarsch heute unser Ziel. „Munkmarsch“ klingt wie der Name eines Ortes, den es nur im seppolog gibt, doch es gibt ihn wirklich. Inzwischen komme ich allerdings mit den hiesigen Ortsnamen durcheinander, sodass ich teilweise nicht mehr wusste, wo wir gerade wanderten.

„Das ist jetzt also Keitum?“, frage ich.

„Nein. Das ist Morsum. Keitum waren wir gestern. Im ‚Brot und Bier‘.“, sagt sie dann.

„Wenn das hier Morsum ist, wo war dann dieses Kliff?!“

Welches Kliff?“

„Wie, welches?! Achso, es gibt mehrere. Das gestreifte meine ich.“

„Das gestreifte waren die gestreiften Galloways!“, erinnert sie mich dann.

„Aber irgendwo war doch was dreifarbiges?!“

„Ja, das ist das Kliff in Morsum, wo wir gerade hingehen. In Westerland ist das rote Kliff. Und das grüne Kliff ist in Keitum. Und das weiße ist vor der Braderuper Heide. Das ist das, das wir nicht gefunden hatten.“

Die Braderuper Heide. Hinter mir allerdings, denn ich stehe das Meer fotografierend mit dem Rücken zur Heide. Warum? Weil es nicht umsonst hier heißt: "Kehre dem Meer niemals deinen Rücken zu!" Aus diesem Grunde wurde die Braderuper Heide noch niemals fotografiert.

Es ist eigentlich ganz einfach: Im äußersten Norden ist List. Ganz unten, da wo die Insel durch Sturm Xaver einiges an Landmasse verloren hat, ist Hörnum. In der Mitte ist im Westen Westerland und im Osten irgendwie Keitum. Zwischen List und Keitum liegt Kampen, wo wiederum der Hund liegt, allerdings begraben. Was diese Anordnung nun ins Wanken brachte, war Rantum. Rantum liegt wie Keitum im Osten, was mein Hirn nicht auf die Kette kriegt, da ich sehr simpel gestrickt wie auch der Meinung bin, nur ein Ort kann den Osten besetzen. Seit wir also in Rantum waren, verwechsle ich Rantum mit Keitum und seit heute liegt auch noch Munkmarsch im Osten und über Wenningstedt denke ich erst gar nicht nach, liegt es doch dort, wo ich bereits Westerland verortet habe. Und in Tinnum war ich 1995 mit meinen Eltern – gedanklich liegt es für mich auf einer ganz anderen Insel.

Hier spiele ich meiner Mitbewohnerin auf meiner Piccolo-Flöte "Looking for Freedom".

Selbstverständlich habe ich bereits am heutigen Morgen zumindest den einen meiner Koffer gepackt, da ich solche Dinge gerne zügig erledige. Außerdem bestand Zweifel meinerseits darüber, ob sein Fassungsvermögen noch ausreichen würde, da nach zwei „Shopping“-Tagen doch einiges an Konsumgut dazugekommen ist. Für diesen Zweck allerdings nahm ich ohnehin noch einen unbefüllten Notfallkoffer mit in den Urlaub – nichts überlasse ich dem Zufall, auch wenn das physikalisch unmöglich ist, da es Zufälle tatsächlich nicht gibt. Wobei, doch. Ich glaube, in der Quantenphysik sind sie möglich, wenn man nicht beobachtet! Haben Sie schon einmal davon gehört? Dass sich Dinge in einer Weise ereignen, die davon abhängt, ob wir zugucken oder nicht? Googlen Sie mal, ziehen Sie sich eine entsprechende Doku mit Dings rein … Wie heißt er gleich … Der im ZDF … mit Bart und Brille … Lesch! Larry Lesch! Professor Larry Lesch! „Larry Leschs Kosmos“! Aber egal. Müssen Sie auch nicht.

Zurück zum Packen. Wenn wir morgen früh also unsere Strandhütte hier am Berg verlassen, werde ich nur noch die letzten Notwendigkeiten in den Notfallkoffer werfen und mich dann ins Auto setzen.

Allerdings nicht losfahren, da zu befürchten steht – und das bleibt unter uns in der Hoffnung, meine Mitbewohnerin liest dieses erst in ferner Zukunft -, dass sie erst morgen nach dem Frühstück überhaupt erst anfängt zu packen. Ginge es nach mir, wir führen fünf Uhr am Morgen los. Dann wären wir mittags zurück in Münster. Aber wie das so ist in einer gleichberechtigten Partnerschaft, geht es nicht nach mir.

Hier warten wir noch auf das Essen und ahnen nicht, dass ausgerechnet die letzte Mahlzeit nicht einmal Abendmahlqualität haben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis.

Ich esse ja nichts, das aus dem Meer kommt. Und auch auf Knoblauch verzichte ich weitgehend. Beides – Fisch und Knoblauch – hat für mich einen unangenehmen Geruch. Das ist keine bewusste Entscheidung von mir, sondern es verhält sich nun einmal so. Ich muss mich oft dafür entschuldigen, dass ich vieles nicht mag, was die Masse gerne isst: Zwiebeln beispielsweise; ist mir unverständlich, wie die jemand allen Ernstes gerne essen kann. Oder Pilze! Wer mir Pilze serviert, sollte mir direkt einen Eimer dazustellen.

Und sobald ich sehe, dass in einem Restaurant die Dinge übersichtlich angeordnet werden, gehe ich, da ich eben nicht der Meinung bin, dass das Auge mitisst. Wenn ein Teller Platz für zwei Stück Fleisch bietet (oder meinetwegen eine bestimmte Menge x an Gemüse), dann sollte dieser Platz auch entsprechend genutzt werden.

Meine Mitbewohnerin bestellte heute Penne rigate al salmone, was sie vermutlich nur deshalb getan hat, damit ich nicht fressneidisch auf ihren Teller blicken konnte, um noch etwas abzubekommen. Weil mein Srigatello al concolire ein monumentaler Flop war (insbesondere mengenmäßig), überlegte ich, ob ich aus der Not heraus das erste Mal Fisch essen würde. Meine Blicke schien sie zu bemerken, sodass sie vorauseilsam gehorsend fragte:

„Willst du ein paar Nudeln abhaben?“

„Wir kommen ins Geschäft.“

Kaum in die Nudel gebissen, überkam mich ein heftiger Würgereiz, da es offenbar schon genügt, dass eine Nudel überhaupt nur in die Nähe von Lachs kommt, um mich brechen zu machen. Wenn schon eine Nudel als Fischnachbarin derart fischig schmeckt: Wie muss dann erst der Fisch selbst schmecken?! Ich war nahe dran, meinen ersten Fisch zu essen und bin nun weiter davon entfernt denn je. Ganz so, wie wir schon morgen diesem Eiland wieder weit entfernt sein werden.

Die A7 bei Munkmarsch. Am Horizont, gaaanz hinten, sieht man List.

Das war unser Urlaub 2019. Ich hab noch zehn Urlaubstage für dieses Jahr übrig. Da kann also noch was kommen! Unser nächstes Ziel steht auch bereits fest. Und allerspätestens seit diesem Artikel sollte auch dem letzten Leser klar sein, wo meine Mitbewohnerin und ich uns noch bis morgen früh aufhalten. Richtig, in Rutztekostan. Vielen und demütigen Dank für das Lesen der diesjährigen Urlaubsgeschichten, die Sie ->hier<- zusammen mit den vorigen allesamt noch einmal gebündelt finden!