Pavel hat sich massiv gefreut darüber, dass er Teil eines Artikels hier wurde. Darum trägt er hier als einziger einen Namen, den ich nicht abkürzen muss, während ich sonst immer sehr aufpasse, was ich über wen schreibe. Pavel gab mir Narrenfreiheit – auch mit dem Argument, dass es doch eh keiner liest. In dem Glauben lasse ich ihn gern. Er hat ja Recht.
Von uns beiden ist er der gut Aussehende, was ich schon vor Jahren realisieren musste, wenn wir zusammen feiern waren. Frauen in seiner Gegenwart kennenzulernen – für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Höhepunkt war ein Abend, als ich daneben saß, während eine Frau ihm den Schritt massierte und über Penislängen sinnierte. Kurioserweise kam ich mir dabei dezent überflüssig vor, allerdings interessierte mich ihre Meinung zur Relevanz der Länge. Das also der Höhepunkt, während der Tiefpunkt eigentlicher Anlass dieser Zeilen ist:
Ich bekam immer nur dann eine Frau ab, wenn Pavels jeweilige Eroberung – blond und heiß – in Begleitung einer nicht ganz so ansehnlichen Freundin die Bühne betrat. Für mich war somit immer nur die „hässliche Freundin“ übrig. Ich bin mir dabei des Umstandes bewusst, dass diese dasselbe über mich schreiben könnte, da ich ihr Pendant bin. Wir teilten das gleiche Schicksal, waren füreinander die Notlösung. Und so erinnere ich mich an einen Abend in meiner Heimat Münster im „Go-Go“, was es heute leider nicht mehr gibt. Mehr als angetrunken saßen wir an einem Tisch und es gesellten sich zwei Mädels zu uns, eine sehr ansehnlich, ihre Begleitung eher weniger. Die Rollenverteilung war schnell klar und auch Pavel hat die Fronten rasch geklärt, sodass ich nahm, was übrig blieb, die weniger ansehnliche. Und nochmal: Das galt auch umgekehrt!
Allerdings ging Pavel nie so weit, dass er mit seinen Eroberungen nach Hause fuhr. Schön blöd eigentlich, ich hätte es getan. Aber die Gelegenheit ergab sich nie. Bis auf jenen Abend. Und das war ein schwerer Fehler. Notgeilheit treibt seltsame Blüten… Wir verließen zusammen das Etablissement, wo sich unsere Wege an sich trennen sollten. Ich allerdings stieg (eher ungefragt) zu den Mädels ins Taxi und sah noch, wie Pavel mir einen grinsenden, aber auch warnenden Blick zuwarf, der mir wohl sagen sollte: „Du wirst es bitter bereuen“, womit er richtig liegen sollte.
Da saßen wir also nun zu dritt im Taxi. Das Mädel, das sich auf Pavel gestürzt hatte, würdigte mich keines Blickes, was mir aber latte war, da ich mir zurecht mehr Chancen bei ihrer Freundin ausgemalt hatte. Warum hohes Risiko eingehen? Ansprüche runterschrauben, dann klappt’s auch bei mir. Und so war’s. Ich halte es für möglich, dass wir uns noch unterhalten haben; meine nächste Erinnerung bezieht sich jedoch auf eine liegende Position, ich oben, sie unten und zwischen uns kein Kondom. Doch gottseidank hatte sie ein lustiges Scherzartikel-Kondom neben dem Bett liegen, das allerdings selbst für mich zu groß war. Aber es soll hier auch gar nicht um den gescheiterten Beischlafversuch gehen, sondern um das Erwachen am nächsten Morgen. Ich hatte mir erstmals gewünscht, nicht erwacht zu sein, als ich nüchternen Blickes die Dame sah, in deren 90-Zentimeter-Bett ich gerade lag, wovon sie etwa 70 Zentimeter beanspruchte, wenn sie sich denn schlank machte. Nun zählen ja innere Werte. Doch was nutzt innerer Reichtum, wenn es äußerlich Schwierigkeiten gibt, die einem mit schweren Kater unlösbar erscheinen, unabhängig jeglicher Kompromissbereitschaft Aber auch hier gilt wieder, dass es natürlich möglich ist, dass sie selbiges gedacht hat. Vielleicht hat sie geglaubt, der arme Hungerhaken brauche nur 20 Zentimeter des Bettes. Gesagt aber hat sie: „Ich will nichts überstürzen, aber ich denke schon, dass wir jetzt ein Paar sind.“ Ui, das war natürlich schwiiiierig für mich in der Sekunde; gerade das Ausbalancieren meiner Gesichtszüge wurde da zu einer großen Herausforderung. Dann dieses ohnehin flaue Gefühl im Magen. Die Erinnerung an Pavels eindringlichen Blick. Der gute Mann, der jetzt bei uns im Studentenwohnheim im Bett liegt. Im eigenen! Dessen größtes Problem nur der Nachdurst sein dürfte. Und ich wache auf und befinde mich selbstverschuldet in einer Beziehung wieder. „Wir sollten Telefonnummern austauschen“, reißt sie mich aus meinen verzweifelten Gedanken. Ja, auf jeden Fall. Auf jeden Fall musst du mich anrufen! Natürlich. Und nebenbei gefragt, wo in Münster bin ich eigentlich?! Ich notiere ihr eine selbstredend falsche Telefonnummer, das aber mit einer routinierten Selbstverständlichkeit. „Deine brauch‘ ich nicht, du hast ja jetzt meine. Kannst du mich übrigens zu meinem Fahrrad am ‚Go-Go‘ bringen?“ Sie hatte ein Auto und diesen Service wollte ich noch mitnehmen. Ich sage ja auch nicht, dass das mein charakterlich stärkster Moment war. Wie alt war ich da eigentlich? 20? Wollte jetzt gerne 17 schreiben, aber ich verriet ja schon, dass ich zu der Zeit im Studentenwohnheim lebte (Wo ich rausflog, dazu ein anderes Mal mehr!) Also gut, ich war unreife 20 und möglicherweise nicht ganz fair dem Mädel gegenüber. Aber mal ernsthaft: Wir seien ein Paar?! Nach einer Nacht mit einem zu großen Partyspaß-Kondom?! Wer weiß, ob da nicht schon andere Glieder drin waren. Der Gedanke kommt mir gerade zum ersten Mal, damals zum Glück gar nicht.
Es war eine Situation, wie sie vermutlich viele kennen. Ich wollte einfach nur weg. Sie setzte mich dann auch ab am „Go-Go“, was mal eine Art Bordell war und ich fuhr recht befreit nach Hause. Wo ich natürlich im Laufe des Tages mich mit Pavel auf dem Hof traf, was damals Tradition hatte. Ich erzählte ihm die Geschichte, übergab mich kurz und schloss mit der Geschichte ab. Bis das Telefon klingelte. Ich rechnete natürlich nicht damit, dass jene Kaline mich anrief, hatte ich ihr doch die falsche Nummer gegeben. Sie aber war so schlau, einfach ins Telefonbuch zu gucken (Hatte ich ihr meinen vollen Namen genannt?!), nachdem sie festgestellt hatte, dass die von mir notierte ins Nichts führte (Ich hätte ihr Pavels Nummer geben sollen!). Ich war peinlich berührt, sie aber hatte vollstes Verständnis für meinen Zahlendreher. Sie wollte mit mir über unsere gemeinsame Zukunft sprechen und ich musste ihr dann doch deutlich machen, dass wir zwar eine Zukunft haben würden, die sich aber auf zwei unterschiedlichen Zeitstrahlen abspielen würde müssen, da ich doch recht beschäfitgt sei. Eine super Ausrede, die zwar als solche sofort entlarvt, dennoch ihr Ziel nicht verfehlen dürfte. Hat sie aber, denn die mir namentlich übrigens unbekannte Nacht-Gesellin hatte mich offenbar so verstanden, dass unsere Zeitstrahlen sich mittelfristig wieder treffen würden, sie sich darum gerne bei mir regelmäßig melden würde. Ich willigte ein und speicherte ihre auf meinem Display angezeigte Nummer als „Nicht drangehen!“ ein. Und tatsächlich rief gelegentlich noch Nicht drangehen! bei mir an, allerdings ging ich nicht dran.
Und nun die Zeilen, die Pavel mir, wenn ich ihm dieses gleich zum Gegenlesen vorlege (da ich ja über ihn schreibe), vermutlich nicht durchgehen lassen wird: Pavel, das Blatt hat sich gewendet, treffen wir jetzt auf zwei Mädels in sagen wir mal der Altstadt, besteht zumindest Chancengleichheit. Und bei – wir wissen schon, wen ich meine – hast Du den Kürzeren gezogen!
(Wider Erwarten musste ich auf Pavels Geheiß hin nur einige Dinge streichen. Zum Beispiel die Szene, in der er mir seinen Fetisch offenbart, den ich gar nicht so schlimm finde. Nur pervers und abstoßend. Und noch ein Wort zu obigen Foto. Das ist nicht Pavel, das bin ich. Kindergarten. Den Pullover trug ich von meiner Schwester auf. So war das damals.)
Warum sollte ich zensieren lassen? Ich komme besser weg als du!
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Und die Überschrift passt nicht zum Text!
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Ja. Irgendwie bleibe ich mir treu.
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Grandioso!!!!
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So macht lesen Spass
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Ich hätte gern gelacht. Es blieb mir aber angesichts einer eigenen schmerzlichen Erfahrung im Halse stecken. Und da wusste ich lange im Voraus, wie sie aussah.
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