Bis Folge drei oder vier habe ich auf RTL den „Der Bachelor“ gekneistert. Trotz des Wissens, dass es sich dabei nicht um ein Parade-Beispiel dessen handelt, was auch Fernsehen leisten kann, fand sogar ich es dermaßen langweilig, dass
Es steht in meinem Kerzenständer hier in der Küche immer eine Kerze schief. Ich richte sie jeden verdammten Morgen. Steckt meine Mitbewohnerin dahinter? Ich werde jetzt alle anderen vier auch schief stellen.
ich es nicht mehr weiter verfolgte. Und so bleibe ich bei meiner These, dass die Nummer mit normalen Menschen, die einen Querschnitt der Bevölkerung widerspiegeln, irgendwie interessanter und vor allem ehrlicher wäre. Mit Teil eins und zwei begann ich das Gedankenexperiment, mich als Vertreter des Durchschnittsmannes als Bachelor 2017 ins Spiel zu bringen. Fünf Kandidatinnen erwarten mich sehnlichst, zwei wurden bereits von mir vor der Villa, nein, vor einem Reihenhaus in Empfang genommen. Da wäre zum einen Mareike, brünett und 35 Jahre alt, die sich vorsichtig ausgedrückt einen ganz anderen Bachelor an meiner statt gewünscht hatte, sich dennoch siegessicher gibt, denn je mehr Rosen sie erhält, desto mehr Geld erhält sie vom Veranstalter.
Mareike: „Ich hatte an sich auf einen gut gebauten Model-Typen gehofft, wie ich ihn aus vergangenen Staffeln kenne, aber mich würde einfach jetzt mal interessieren, wie so ein Typ reagiert, wenn sich so ein Luxus-Girl wie ich an ihn ranmacht. Ich wette, er kollabiert vor lauter Nervosität. Und ich bin weißgott nicht hier, um Freundinnen zu finden. Die anderen Mädels sind nicht einmal wirkliche Konkurrenz für mich!“
Ein weiteres dieser Mädels ist allerdings bereits ausgeschieden, da sie sich in der Sendung „Vermisst“ wähnte. Freuen wir uns auf die drei weiteren Frauen, die möglicherweise aus meinem realen Leben gegriffen sind. Möglicherweise aber auch nicht.
Der VW Golf fährt vor, während der verantwortliche Redakteur, Thorsten, sich angeregt mit der Kabelhilfe unterhält.
„Ich kann dich zu einer ganz großen Nummer hier im Team machen.“
„Ich will mir aber doch nur ein bisschen was zum Studium dazu verdienen …“
„Du studierst?! Dann bist du überqualifiziert fürs Fernsehen.“
Das alles bekomme ich mit, da ich mit einem kleinen „Ohr“ in meinem Ohr mit Thorsten akustisch verbunden bin, damit er jederzeit in das natürliche Geschehen eingreifen kann.
Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die beiden Frauen im Auto. Dort sitzt M., 30 Jahre alt, die Mitbewohnerin eines tollen Typen ist, den ich mal kennen lernen durfte. Super Kerl, etwas zurückhaltend, leicht sarkastisch vielleicht und vor allem unfassbar gut aussehend. Und über den spricht sie gerade mit dem zweiten Mädel: Melanie Chorweiler aus Köln, 33 Jahre alt und eigentlich im Ausland lebend. Verheiratet. Thorsten hatte schlampig gecastet, doch das Script sieht vor, dass Melanie Chorweiler ohnehin nicht die Auserwählte von mir würde. Schade eigentlich. Lauschen wir M.!
„An sich wohne ich mit ’nem ganz passablen Typen zusammen. Da läuft nichts, weil er nicht kapiert, dass ich scharf auf ihn bin. Er denkt sich auch nichts dabei, dass wir im selben Bett schlafen. Er ist etwas anstrengend, man muss sich an ihn gewöhnen. Weil ich die Zeit dazu nicht habe, versuche ich es hier.“
„Sieht er gut aus?“
„Hammer! Du machst dir keine Vorstellungen … Aber er hat leider einen zu langen …“
Melanie: „Penis?“
M.: „Bart.“
Die beiden Kandidatinnen fahren auf Sichtweite vor und rasten angesichts meiner Person verständlicherweise aus.
Melanie: „Nett.“
M.: „Beginnen unsere Namen alle mit ‚M‘?! Das bringt den Leser doch durcheinander. Aber ja, sieht ganz nett aus.“
Thorsten, der Redakteur, lässt von der Kabelhilfe ab, als diese ihm Pfefferspray ins Gesicht sprüht und gibt mir Infos aufs Ohr:
„Seppo, nach allem, was ich gerade sehen kann – und das ist gewürzbedingt derzeit nicht viel – rasten die Mädels aus! Du kommst gut an!“
Ich ahne, dass er übertreibt, damit ich möglichst nervös die Damen in Empfang nehme. Es entsteigt als erste Melanie Chorweiler, die krampfhaft an ihrem Finger zieht. Ich merke, es ist an mir, die Situation zu entspannen, doch angesichts dieser Erscheinung bin ich nun wirklich nervös und sage:
„Zieh‘ an meinem Finger!“
„Nein, nein. Ich muss nur …“
Thorsten mir aufs Ohr: „Sie versucht, ihren Ehering abzuziehen. Tu so, als würdest du das nicht sehen.“
Ich stelle mich also noch doofer, als ich eigentlich bin und blicke in den Himmel:
„Gibt gleich Regen. Und den Stern da oben, den habe ich nach dir benannt. Oder den hole ich für dich vom Himmel. Ach, keine Ahnung. Ich bin in sowas nicht gut.“
„Zumal du meinen Namen noch nicht kennst. Wie heißt also der Stern?“
„Äh, ja, Sonne.“
„Ich heiße allerdings Melanie!“
Melanie besticht durch strahlende Augen und wird rot, wenn sie dieses liest. Ob vor Empörung oder Verlegenheit, muss sich noch zeigen …
„Ja, also um reinen Tisch zu machen“, sagt sie, „ich bin glücklich verheiratet.“
In dem Moment löst sich doch noch der Ring von ihrem Finger … und fällt in einen Gulli.
Thorsten springt aus der Deckung: „Abbrechen! Stopp!“
Ich: „Was ist denn jetzt los?! Wegen des Rings?!“
Melanie: „Der Ring! Oh nein! Verdammt!“
Thorsten: „Ich brauche einen Arzt. Einen Augen-Spezialisten. Diese scheiß Schlampe am Kabel wollte sich partout nicht von mir belästigen lassen!“
Ich zur Kabelhilfe: „Ja, toll. Das geht natürlich gar nicht.“
Kabelhilfe: „Was denn?!“
Ich: „Nun lass‘ dich doch belästigen, damit wir hier fertig werden.“
Kabehilfe: „Ich lasse mich nicht von diesem Schwein belästigen!“
Thorsten: „Meint sie mich? Du weißt doch noch gar nicht, ob ich ein Schwein bin!“
Ich: „Naja, der erste Eindruck war vielleicht schon ein dezenter Hinweis … Von wem würdest du dich denn belästigen lassen? Wäre hier im Team irgendwer bereit, die Kabelhilfe zu belästigen?“
Zwei Kameramänner heben zunächst zögernd die Hand und streiten dann über die Belästigungsfrage.
Kabelhilfe: „Ich finde Belästigen insgesamt nicht gut. Sollten wir den Zuschauer nun nicht weiter belästigen? Also belustigen?“
Thorsten: „Okay, niemand belästigt hier irgend jemanden, solange Pfefferspray im Spiel ist. Namenlose Kabelhilfe: Du bist gefeuert. Seppo, du musst unauffällig die Kabel halten während des Drehs.“
„Muss ich dann auch belästigt werden?“
Die zwei Kameramänner heben abermals, nun deutlich weniger zögerlich, die Hände.
Thorsten: „Es wird nicht mehr belästigt. Wir setzen neu an. Seppo: Du heldenhaft wie immer kriechst in den Gulli und holst den Ring da raus.“
Seppo: „Ich soll die Kabel halten und mich gleichzeitig in den Gulli zwängen?! Das gerät hier doch alles aus dem Ruder!“
Ungeduldig sitzt M. im Auto und beobachtet schmunzelnd das Geschehen. Und entscheidet sich auszusteigen. Aus dem Auto. Nicht aus dem Format. Ihr Format hingegen sagt mir sofort zu. Perfekte Größe, Haarfarbe genau mein Ding, zartes Gesicht mit der Ausstrahlung von Entschlossenheit:
„Ich mach das!“
Sie ist heute die erste Kandidatin, die mal nicht hohe Schuhe trägt und ohnehin eher sportlich daherkommt. Die Hose, sie trägt kein Kleid, betont genau das, was ich so schätze an Frauen. Und dieses Mal meine ich mal nicht die Augen. Die sie auch hat. Beim Blick in ihre Augen ist es im Grunde bereits um mich geschehen, was ich mir keinesfalls anmerken lassen will und geschickt durch einen Hustenanfall überspiele, bei dem viel Schleim mit hochkommt, der sich unglücklich in meinen Stimmbändern verfängt, sodass ich für die nächsten Minuten mit der Stimme von Kermit, dem Frosch, spreche.
„Steigt die jetzt wirklich in den Gulli?!“
Thorsten brüllt: „Warum hört sich Seppo an wie ein Frosch?! Wo ist der Ton-Mann?! Was macht der da?!“
Ich: „Schleim. Ist nur Schleim. Ein Schleimbrocken hängt ungünstig fest. Sie kann ja in die Kanalisation steigen, während ich abhuste.“
Thorsten: „Okay, an alle: Sie steigt nun ins Erdreich und Seppo hustet ab.“
So geschieht es. M. ist ausgesprochen sportlich und verschwindet im Orkus. Melanie zückt ihr Handy und liest ellenlange Facebook-Nachrichten von mir:
„Meine Fresse, der schreibt immer soviel.“ Mit Blick zu mir: „Ich lese alles!“
M. entkriecht derweil dem Gulli mit dem Ring in der Hand, einem Personalausweis und weiteren persönlichen Dokumenten. Melanie begeistert:
„Stark! Die wurden mir beim letzten Besuch in Deutschland gestohlen! Nebenbei: Ich habe eine pelzige Zunge, was aber bei mir lediglich bedeutet, dass ich Durst habe. Die Zunge an sich sehr rein.“
Von den Kameramännern leider nicht eingefangen: die Szene, die sich im Hintergrund abspielt. Die Kabelhilfe hat sich beim Spiel mit dem Pfefferspray selber ins Auge getroffen und taumelt orientierungslos vor einen LKW. Ein großer Aufschrei erfolgt im Team aufgrund der Erleichterung, dass es sich um einen parkenden LKW handelt.
Thorsten: „Sind wir sicher, dass der LKW parkt?“
Ich: „Wir müssen feststellen, ob er sich bewegt. Ob er fährt.“
Thorsten: „Wir sollten nun alle auf den LKW starren, um eventuelles Fahren festzustellen.“
Das gesamte Team blickt gebannt auf den parkenden LKW, der auch dem zweiten Anschein nach parkt. Die Kabelhilfe liegt vor dem LKW und winkt an: „Alles in Ordnung! Parkt!“
Thorsten: „Da wir nun uns alle wieder gesammelt haben und der LKW parkt, können wir ja weiter drehen.“
Und das tun wir. So stellt sich Melanie mir also vor.
„Ich hab‘ ein Jahr in Irland studiert. Dann brach das Lügengebäude zusammen. Dann waren wir in der Altstadt. Du kennst die Geschichte ja.“
Wir kommen überein, dass wir uns also bereits kennen. Ich geleite sie in das Reihenhaus, wo uns Kandidatin eins, Mareike, empfängt:
„Ich bin nicht hier, um Freundinnen zu finden.“
Melanie: „Ach? Schade. Ich bin nicht hier, um einen Mann zu finden.“
Für mich wird es spannend, denn nun kommt M. auf mich zu. Und die Spannung löst sich völlig. Es ist, als würden wir uns bereits elf Jahre kennen.
Ich schlage Thorsten nach dem Dreh vor, auf Kandidatin fünf zu verzichten, weil es hier sonst in eine unerträgliche Länge ausartet. Er ist einverstanden und geht Arm in Arm mit der Kabelhilfe nach Hause. Denn morgen steht der nächste Dreh an.
Mit Fortsetzungsreihen ist das immer so eine Sache in Blogs. Freue mich über Eure Reaktionen, die über Wohl und Wehe des weiteren Verlaufs bestimmen! Besucht mich gerne bei Facebook!
Das ist doch mal ein geiles Konzept für ne Fernsehshow. Überdurchschnittliche Unterhaltung zu unterdurchschnittlichem Budget. Wieso will Dein Sender die nicht mal produzieren? Verlangst Du wieder Genie-Preise für die Rechte?
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ich bin zu teuer.
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Ich habe immer schon gesagt, dass diese Panik-Hamsterkäufe von Pfefferspray zu Beginn des Jahres viel mehr zu Unfällen führen, als dass sie Nutzen haben! ;-)
Ich freue mich auf die Fortsetzung! Hat die Kabelhilfe ihren Beinahe-Zusammenstoß mit dem parkenden LKW auch mental gut überstanden? Wird Thorstens Augenlicht nachhaltig geschädigt sein? Und wird das Kandidatinnen-Feld doch noch auf fünf aufgestockt, sobald Seppo ein weiterer weiblicher Vorname mit „M“ eingefallen ist?
Fragen über Fragen…
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miranda.
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Miranda? Was das nicht ´ne Brause? ;-)
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Sehr lustig. Ich hoffe auf eine Fortsetzung 😄
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Ich weiß jetzt nicht, ob ich mich beim Autor unbeliebt oder beliebt mache, aber dieser Artikel ist der erste, bei dem ich wirklich schallend lachen musste! Fortsetzung wird dringend erbeten!
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Beliebt.
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Also wenn wir jetzt bei Wünsch dir was sind, dann möchte ich bitte zwei Videos.
1. Seppo unter der Dusche auf Haarbüschel, ne Spinnenjagd. Bitte, bitte. Das ist ganz bestimmt, total genial. (Könnte dann in Serie gehe, so Python-Mäßig …) ;-)
2. Seppo, der dem Geist auflauert, der die Kerzen schiefstellt. Sollte ja wohl kein Problem sein, wer Dates mit Gott hat, sich selbst tot sieht und interviewt, der hat ja keine Angst vor Geistern …
Und dann würde ich die Stümper alle davon jagen …
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Ich erwarte gespannt die Fortsetzung und dass HappyEnd. Was ich letztes Mal schon sagen wollte, aber keine Zeit hatte: wieso in dieser angesagten, aus dem Leben gegriffenen Location so ödes Blubberwasser? Wie wärs mit nem schönen handgeschütteltem Eierlikör oder ner schwarzen Sau zum Warmwerden?
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ich trinke keinen alkohol.
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Ist nicht schlimm…. Aber die Mädels- vielleicht
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um mich schön zu saufen.
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Natürlich nicht! Aber um – vielleicht – neue Freundinnen zu finden
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