fliege

(Bildquelle: Promi-Fotograf Manuel Höttges)

Vor einiger Cait las ich einen Artikel in der „Cait“, der mir als Leser die Frage stellte, ob ich auch schon bemerkt hätte, dass man als Autofahrer vor 20 Jahren nach einer längeren Fahrt über die Autobahn

HITLER!!!!11!!!11

am Ende übersät war von Insekten. Nicht man selber, sondern die Windschutzscheibe, die ja vor so viel mehr schützt als nur vor dem Wind. Die Bezeichnung ist also völlig unzureichend. Die Scheibe schützt beispielsweise vor Vögeln, Salamandern und Einbrechern. Und eben vor Insekten. Inzwischen sei jedoch die Zahl der Insekten insgesamt spürbar zurückgegangen, woraufhin man nach längerer Fahrt eben nur noch vereinzelt aufgeplatzte Tierchen auf seiner Scheibe findet, sodass man sich jetzt ganz auf Steinschlag konzentrieren kann.

Ich hatte noch nie Steinschlag. Da ich das nun ausgeschrieben habe, werde ich noch heute dessen Opfer. Darum hatte ich auch lange nicht über den Tod zu schreiben gewagt, da ich mir einbildete, er würde mich sofort heimsuchen („magisches Denken“). Vielleicht geschieht das schon morgen in Verbindung mit Steinschlag.

Wie komme ich auf die Insektenfrage? Weil vor mir mein Handy liegt, auf dem eine Fliege auf den „Kontakten“ herumläuft. Doch selbst mein Flaggschiff-Handy („Samsung Galaxy S9 edge+“), das mir der Hersteller ungefragt als Test-Objekt zugesandt hat, damit ich es im Blog vorstelle und möglichst positiv bewerte, wie das leider sehr viele Blogger tun

Das Oberteil ist von S. Oliver und die Tasche von LeTäsch. Beide Firmen haben mir ihre Produkte freundlicherweise zu Testzwecken kostenlos zur Verfügung gestellt.

, die damit bereits jede Neutralität aufgegeben haben.

Das „S9“ ist der letzte Dreck. Das hat Samsung nun davon. Ich werde es auch zurückschicken. Samt Fliege. Denn das beobachte ich nun bereits den ganzen Tag: Die Fliege steuert permanent das Handy an, sobald das Display leuchtet. Das hat mein von mir bezahltes „S5“ nie provoziert.

Fliegen kann ich durchaus etwas abgewinnen. Daher töte ich sie in der Regel nicht. Wenn sie sich putzen, finde ich sie sogar süß. Nicht so süß wie einen treudoofen Hund, aber für insektuale Verhältnisse ist „süß“ bereits ein ganz ordentliches Kompliment. Sie scheint mir auch noch nicht ganz ausgewachsen zu sein. Und wer bin ich da, mittels Handschlag in ihr Wachstum recht hemmend einzugreifen?! Gut, ich werde heute vermutlich noch Fleisch essen, das eines Tieres, das zu diesem Zwecke hingerichtet worden ist. Aber Tiere essen ja auch Tiere und ich lehne die Vorstellung ab, mich fleischfrei zu ernähren. Ich weiß, viele halten mich nun für einen knastreifen Mörder.

Töten Veganer oder Vegetarier aus Überzeugung keine Insekten? Würde in diesem Moment frontal eine Spinne auf mich zukrabbeln, ich würde sie mit dem Laptop umgehend ins Jenseits befördern. Das hängt mit meiner irrationalen Angst vor Spinnen zusammen. Ich gebe ihr erst gar nicht die Chance, mir zu zeigen, dass sie mehr Angst vor mir als ich vor ihr hat/habe.

Dieser grammatikalische Konflikt übrigens ist gar keiner, er ist gelöst. Man darf das „hat“ durchaus weglassen, auch wenn es dann nicht mehr ganz stimmig ist. Das ist der Haken und gleichzeitig das Schöne am Deutschen, dass alles immer wieder gebrochen und gebeugt wird.

Die Fliege hingegen scheint mir harmlos zu sein. Ihr Vorteil ist der, dass ihre Beine in einem erträglichen Verhältnis zum Körper stehen und nicht zehnmal so lang sind, was den Ekel möglicherweise in mir auslöst, der wie allen Menschen anerzogen ist. Letztlich ist also die Gesellschaft schuld, dass ich Spinnen töte beziehungsweise von meiner Mitbewohnerin töten lasse. Wüsste ich zum Beispiel, dass sich in diesem Moment eine Spinne ungeahnten Ausmaßes im Wohnzimmer aufhielte, aber nicht, wo genau, könnte ich das Wohnzimmer nicht mehr betreten; ich müsste zunächst meine Mitbewohnerin vorschicken, die ja Erfahrung in Selbstverteidigung hat. Da sie die typischen Spinnenlaute, die ein Mann jenseits der 30 nicht mehr hört, da hochfrequentiv, imitieren kann (eine Art keuchendes Bellen), könnte sie das Tier hervorlocken und dann unter Zuhilfenahme eines Schuhs in einen für sie bislang unbekannten Aggregatzustand versetzen, sodass ich wieder beruhigt bar jeder Männlichkeit den Raum betreten könnte.

Meine Mitbewohnerin hasst Fliegen und anders als ich klatscht sie häufig in die Hände, meist jedoch für die jeweilige Fliege nicht schnell genug. Insgeheim freue ich mich dann immer für die Fliegen, denen ich Namen gebe.

„Das war Fotzek. Er ist zu Besuch.“

Kommt dann eine weitere Fliege dazu:

„Das ist Fotzi, Fotzeks Cousin.“

Es wird zu Herausforderung, für eine zunehmende Anzahl von Fliegen entsprechende Namen zu finden, die alle mit „F“ beginnen. Gestern Abend kam sie stolz zu mir und sagte:

„Ich habe Fotzi getötet!“

„Woher weißt du, dass es nicht Fotzek war?“

„Ich habe beide erwischt.“

Ich hatte mal einen Marienkäfer in meinem 40-Quadratmeter-Zimmer, als ich noch Volontär war. Es war eine Cait, als ich neu war in dieser Slumsiedlung, die allen Ernstes die Landeshauptstadt NRWs ist. Ich war einsam und erfreute mich dieser Gesellschaft, sodass ich die Fenster schloss und ihn in meinem goldenen Käfig gefangen hielt. Aber ich fütterte ihn. Ich servierte Laub und Zucker, weil ich keine Ahnung hatte, was er gerne bei mir essen würde. Und Blattläuse kommen mir nicht in die Wohnung. Ich habe sein kleines von mir errichtetes Nest damals offenbar fotografiert:

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Sehe ich da ein Maiskorn? Da hatte der kleine Räuber aber ordentlich etwas zu knabbern!

Ich googelte gerade „Was fressen Marienkäfer?“. Natürlich Blattläuse. Das war mir klar. Was aber darüber hinaus? Und dann kommt man auf Seiten, wie „gute-frage.de“. Diesen Seiten eigen ist, dass zunächst einmal niemand konkret auf Fragen antwortet. Dort fragt jemand:

„Habe im Winter einen Marienkäfer in meiner Wohnung gefunden. Was gebe ich ihm zum Fressen?“

Der Kern der Frage wird ignoriert. Stattdessen melden sich die Besserwisser:

„Das ist kein Marienkäfer, wenn du ihn im Winter gefunden hast. Das ist dann ein asiatischer Marienkäfer.“

Danach hatte er nicht gefragt. Und auch diese Antwort hilft ihm nicht weiter, bei der ich ebenfalls brechen muss:

„Google ist dein Freund.“

Natürlich, wir können jede Frage dieser Welt googeln, um nicht mehr in Kommunikation treten zu müssen. Daher schreibt der nächste:

„Don’t feed the trolls!“

Was jedem Troll, und ich habe auch getrollt!, natürlich eine willkommene Einladung ist, erst recht rumzutrollen.

Der Marienkäfer war nach drei Tagen fort. Oder lag vertrocknet hinter irgendeinem Schrank. Auch die Wassertropfen, die ich ihm reichte, waren ihm wohl nicht gut genug. Und sowieso unterschätzt der Mensch, dass Marienkäfer wahre Raubtiere sind.

Inzwischen ist die Welt der Insekten dezimiert. Jener eingangs erwähnte Artikel sieht die Verantwortlichkeiten beim Landbau. Nicht Landbau. Wie heißt denn das? Bei der Landwirtschaft! Die Bauern spritzen zuviel.


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