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Sieben Wochen Körpertransformationsprogramm liegen hinter, fünf noch vor mir. Diese Woche war die härteste und vielleicht auch die ungesündeste.

Dorian Black ist mein persönlicher Trainer, der mir ein Zwölf-Wochen-Kraftausdauer-Training komponiert hat, welches ich durch ein Hanteltraining sowie das tägliche Laufen ergänze. Zu sagen, dass ich fünfmal pro Woche etwa vier Stunden Sport mache, wäre nicht übertrieben. Das Ganze geschieht unter professioneller Anleitung und den bisherigen Verlauf gibt es hier nachzulesen.

In 15 Jahren Sport war ich nicht ein einziges Mal ernsthaft verletzt, was viel mit Glück zu tun hat, vielleicht aber auch damit, dass ich einiges richtig mache, wobei für andere der Umkehrschluss nicht gelten soll, ich spreche hier lediglich für mich. Seit etwa sechs Wochen plagt mich allerdings eine schmerzende Ferse, was aberwitzig ist, da ich als Vorfußläufer den Boden mit der Ferse nicht einmal ansatzweyse berühre, sie hängt immer in der Luft, was automatisch zu einer vollständigen Entlastung der Knie sorgt.

Meine Therapie bei sportbedingten Schmerzen sieht stets so aus, dass ich die Malaisen ignoriere, bis sie verschwunden sind. Das funktioniert so gut wie immer, doch die rechte Ferse geht nun eigene Wege. Gestern war ich erstmals so weit, dass ich keinen Schritt mehr tun konnte.

Der ein oder andere Leser würde mir nun den Gang zum Orthopäden nahelegen. Nicht ganz unterheblich muss ich darüber schmunzeln, denn nichts wird mir weniger helfen als eine obligatorische Einlage, die er mir verschreiben würde. Nicht, weil sie nötig wäre, sondern weil er sich nicht zu helfen wüsste. Was ist das am häufigsten verschriebene Mittel gegen chronischen Tinnitus? Korrekt, Schuheinlagen.

Wenn ein Wegtrainieren von Schmerzen nicht mehr wirkt, greife ich zu meinem unerschütterlichen Plan B: neuen Schuhen. Mein altes Paar hat mich gerade einmal sechs Monate begleitet, was in etwa 1.000 gelaufenen Kilometern entspricht, von denen man sagt, sie seien das Maximum für einen Laufschuh. Mein persönliches Maximum, das ich meinen Schuhen immer zugemutet hatte, lag bislang bei dem doppelten Wert, was zu heftigem Kopfschütteln bei „Experten“ und „Runner’s World“-Lesern führt. Ich hingegen laufe einen Schuh so lange, bis irgendetwas wehtut. Und nun war es wohl soweit, heute Morgen suchte ich den Laufladen meines Vertrauens auf: „Bunert“. Denn da gibt es immer die tolle Laufband-Analyse!

Der Schuherwerb ist für mich eine zweischneidige Angelegenheit. Ich lehne die Beratung durch Verkäufer grundsätzlich und rigoros ab. Beim Schuhkauf ist das jedoch nicht möglich, hier muss ich mich dem Fachmann stellen, der in diesem Fall anders als in anderen Geschäften aber tatsächlich mal weiß, wovon er redet.

Auf der anderen Seite ist da die Videoanalyse, derer ich mich auf dem hiesigen Laufband unterziehe, um herauszufinden, ob ein Schuh der für mich passende ist, die einzige Möglichkeit, mich einmal laufend von hinten zu sehen. Ach, was sag ich?!, zu bewundern!

Um es kurz zu erläutern: Der Kunde läuft ein paar Minuten auf dem Laufband, wobei sein Rumpf gefilmt wird. Anhand des Bildmaterials kann der Verkäufer dann beurteilen, ob sich der Schuh für einen optimalen Halt eignet.

Und auch ich sah mir die Videosequenz an und feierte mich für meinen formvollendeten Vorfußlauf, was ich an dieser Stelle ausnahmesweise mal nicht wiederholen möchte. Ich lasse auch unerwähnt, dass selbst der Verkäufer ins Schwärmen geriet, was auch meiner mich begleitenden Mitbewohnerin nicht entging. Und ich wünschte, Dr. Froböse hätte mich gesehen, hält er sich selbst doch für den einzig wahren Könner auf diesem Gebiet.

Wenn ich Laufschuhe kaufe, verfolge ich nur ein Ziel: Laufschuhe zu kaufen. Mein heutiger Verkäufer war nicht nur sehr sympathisch und kompetent, sondern auch sehr redselig. Das werfe ich ihm nicht vor, fand es jedoch schwierig, als er andere Kunden mit in mein Beratungsgespräch einbezog. Nicht selten wird mir unterstellt, ich stünde gerne im Mittelpunkt und sicherlich gibt es solche Situationen, aber viel lieber falle ich erst gar nicht auf, was mir in diesem G’schäfterl dank meines Verkäufers nicht gelungen war. Zunächst ermahnte er mich ob der Tatsache, dass ich nicht zwei Paar Schuhe parallel nutze. Auf diesen Einlauf war ich gefasst, denn das höre ich mir jedesmal kleinlaut an und ändere es ja doch nicht. Eine andere Kundin anblickend sagte er:

„Das rächt sich im Alter. Noch ist er ja jung.“

Und die Kundin: „Ja, das sagt mein Mann inzwischen auch.“

Aus dieser Frau triefte geradezu eine Genugtuung; möglicherweise weil sie ihrem Mann bereits seit 20 Jahren prophezeit, dass er irgendwann einmal schwere Gelenkschmerzen vom Laufen bekomme. Und offenbar ist es endlich eingetreten. Und nun prophezeit sie es mir. Nahezu böse blickte sie mich an.

Ich verweise hier auf die Erkenntnis, dass häufiges Laufen die Gelenke mitnichten schädigt. Das Gegenteil ist der Fall.

Ich saß da auf einem Hocker mit nur einem Schuh, während sich zwei Erwachsene über meinen Leichtsinn unterhielten. Wie ein kleiner Junge kam ich mir vor, musste aber dann doch etwas schmunzeln, zumal ich mich innerlich bereits für einen Schuh entschieden hatte. Weitere Kunden kamen nun dazu, bildeten einen Kreis um mich und diskutierten meinen Leichtsinn, nur ein Paar Schuhe zum Laufsport zu benutzen. Sie haben die Rechnung allerdings ohne meine Sturheit gemacht, denn ich werde mein Verhalten keineswegs ändern – aus einem sehr simplen Grund: Ich fahre im 16. Jahr ausgesprochen gut damit.

Ein älterer Herr drängte sich in die Runde: „Entschuldigung, mein Name ist Abendfahl. Bekomme ich hier die Monatstickets?“

Die Kunden blickten den gut gekleideten Herrn, der etwas orientierungslos wirkte, ratlos an, um sich dann wieder meiner Person zu widmen. Eine blonde Mittvierzigerin übernahm das Verkaufsgespräch und bat mich, noch ein anderes Paar Schuhe anzuprobieren. Mein Verkäufer diskutierte derweil mit jenem verirrten Herrn und ich sagte zu meiner neuen Laien-Verkäuferin:

„Nein, ich nehme diese hier. Die passen ja. Warum sollte ich noch weitere probieren?!“

Das verstehe ich im Übrigen tatsächlich nicht. Wenn ich ein passendes Paar habe – und das erste mir Gezeigte passte -, dann wird das auch gekauft. Zumal dieses Modell einen erheblichen Vorteil so gut wie allen anderen Schuhen gegenüber hat: Es ist farblich akzeptabel. Ich stelle an die Optik von Sportschuhen keinerlei Ansprüche, denn durch die Dominanz asiatischer Hersteller beim Laufschuh orientiert sich dessen Design auch eher am asiatischen Geschmack. Darum sieht man überwiegend Läufer mit ausgesprochen farbenfrohen Schuhen. Mein neues Paar hingegen ist: grau. Es sieht ganz gut aus.

Im laufenden Jahr muss ich noch 45 Läufe bestreiten, was durchaus möglich ist, selbst wenn mich noch eine Grippe heimsuchen sollte. Große Hoffnung setze ich den neuen Schuh, der einen Effekt ganz sicherlich haben wird. Dass nämlich anders als im alten, bereits sichtbar ausgelaufenem Schuh, mein Fuß wieder kontrollierter auf den Boden auftritt. Allein eine andersartige Belastung kann meiner schmerzenden Ferse zugute kommen, sodass ich im Laufe der kommenden Woche schmerzfrei sein dürfte. So manch Achillessehnenproblem hat sich auf diese Weise bereits erledigt und der Jungfernlauf meiner neuen Schuhe liegt bereits hinter mir und scheint meine Hoffnung zu bestätigen.

„Sport ist Mord“ ist ein unerträglicher, weil unwahrer Spruch. Vor allem ist er abgedroschen und ich sehe mir die Menschen immer sehr genau an, die ihn von sich geben. Oftmals erübrigt sich jegliche Replik, der Kommentierende kommentiert sich bereits selbst auf entlarvende Weise. Sport ist natürlich kein Mord – die Heimtücke fehlt. Doch diese Woche hat mein persönlicher Trainer das Niveau empfindlich angehoben, wenn es um das Sportprogramm geht, das ich die vergangenen 60 Einheiten immer etwas belächelt habe. Auch er liest das seppolog und hat sich möglicherweise gedacht, es wird Zeit, mir zu zeigen, wo irgendein Hammer hängt. Der Hammer traf mich am Montag in einer Mischung aus 400 (!) „Jumping Jacks“, 60 „Flat Out Burpees“, „80 Jump Squats“ sowie acht Minuten „Low“ und „High Planks“. Es war nicht mehr lustig, denn das Ganze zog sich über vier Runden. Ohne Pause. Ich halte es nach wie vor für übertrieben und ich habe es auch nicht geschafft. Ich musste Pausen einlegen. Welch‘ Schmach! Das sind Momente, in denen ein Trainer mir niemals zurufen sollte:

„Komm schon, nicht schlappmachen. Weichei oder was?!“

Denn das schürt meine Aggression nur noch ins Unermessliche. Nicht nur das eigene Versagen muss ich verkraften, sondern auch noch das Dummgeschwätz eines unfasslich muskulösen Trainers, der die Ikone der Düsseldorfer Schwulenszene ist. Tatsache bleibt, dass mich das Training in dieser Woche die Grenzen sehr deutlich spüren ließ, was mich jedoch nur bestärkt, denn was nützt mir ein Training, das nicht an die Heinz-Harald Grentzen geht?!

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Und weil es so Spaß macht, steige ich nun in etwas ein, das ich „Pratzentraining“ nenne, möglicherweise, weil es exakt so heißt. Da mir die Zeit fehlt, nun auch noch groß ins Kickboxen einzusteigen, wie meine Mitbewohnerin es betreibt, begnüge ich mich mit einem Pratzentraining, bei der sie die Pratzen hält und ich mit Boxhandschuhen auf diese eindresche. Mir fällt es bedenklich leicht, auf meine Mitbewohnerin einzuschlagen, fiel mir dabei auf. Hemmungen hatte ich keine. Im Gegenteil; es ist ein ausgesprochen männlicher Sport, der massiv die Arme fordert und dabei natürlich an die Ausdauer appelliert. Die Nummer werde ich weiter verfolgen und meine Mitbewohnerin durch einen Boxsack ersetzen.


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