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„Hallo!“, sagt mein Gegenüber. Ist zunächst ja nur eine Höflichkeitsformel, aber er sagt es derart freundlich, dass er mich sofort hat.

„Moinsen!“, sage ich, um nicht einfach nur auf ein Hallo zurückzugreifen, das er ja schon vor mir hatte. Meine Form der Wertschätzung: stets anders zurückzugrüßen:

„Guten Tag!“ – „Nabend!“

„Ich grüße Sie!“ – „Fresse!“

Wie dem auch sei, so kam es eben zu dem „Moinsen“. Und ist noch nicht alles, denn ich bin noch nicht fertig und fahre daher fort mit:

„Sie sind also nun wohl der Endgegner?“

„Korrekt. Wir würden alsbald auch loslegen.“

Ich habe in meinem Leben schon viele Endgegner getroffen. Mein erster muss so 1993 gewesen sein. Es war Adolf Hitler. Er war der Endgegner im Spiel „Wolfenstein 3D“, dessen Namen man bis vor einigen Jahren nicht einmal schreiben durfte. Wegen der verfassungsfeindlichen Symbole, die das Spiel beinhaltet, ist es in Deutschland indiziert, obwohl man ja auf Nazi-Jagd geht. Ein irres Spiel, das ich auch heute immer mal wieder spiele (Was völlig unmöglich ist, da niemand dieses Spiel besitzen darf und kann. Wobei nein, der Privatbesitz ist offenbar erlaubt.). Und immer wieder stoße ich gerne auf den Endgegner: Adolf Hitler als eine Art Cyborg. In dem Moment, wo er stirbt, ruft er:

„Eva, Auf Wiedersehen!“

Nun gut. Das war mein erster Endgegner. Danach kamen die Endgegner aus Doom, gleich drei Stück, und es folgten unzählige weitere.

„Endgegner langweilen mich“, sage ich zu dem Endgegner, der sich nun bass erstaunt gibt:

„Welch Grundes?“

„Ich gebe zu, ein Endgegner kann die Krönung nach einer langen Reise sein, aber letztlich auch ihr Ende. Es ist dieser letzte Akt, den ich mir gerne auch mal schenke.“

„Du gibst unmittelbar im Angesicht des Endgegners auf?!“

„Ja. Blasphemisch, oder? Aber am Ende habe ich meist das Gefühl, alles erlebt zu haben, da ist mir ein Endgegner egal. Und meist seid ihr viel zu schwer.“

„Wir sind halt die Endgegner!“

„Ja, aber das heißt doch zunächst einmal nur, dass ihr die Gegner am Ende seid. Nirgendwo steht geschrieben, dass der Endgegner besonders zäh sein muss.“

„Das ist ungeschriebenes Gesetz, lieber Seppo.“

„Und ein Endgegner sollte nicht ‚lieber‘ sagen.“

„Stimmt. Verzeihung.“

„Und entschuldigen ist natürlich auch eher so gar nicht drin.“

Während er nun so schweigt, überlege ich, ob das bereits der Endkampf sei. Ob es sich vielleicht um einen Endgegner handele, den es mit Worten niederzuringen gilt. In dem Fall hat er keine Chance. Das kann ich. Ich wäre ein guter Demagoge. Aber Umschulen ist ja nicht mehr nötig … Wobei ich durchaus überlegt hatte …

„Sage mal, Endgegner, wie wird man eigentlich Endgegner? Für den Fall, dass ich mal umschulen muss.“

„Puh, also man lässt sich nicht einfach mal so zum Endgegner umschulen. Überlege mal, wie viele Gegner es generell gibt. Da wird im Grunde immer gesucht. Aber Endgegner! Da gibt es nur ganz wenige. Ein Endgegner kommt auf Tausende von Gegnern!“

„Du, nebenbei, sorry, dass ich so drauflos duze, ist aber doch okay, oder? Also du rätst mir, dass ich es erst einmal als Gegner versuche, mich dann praktisch hocharbeite?“

„Ja, das wäre der normale Weg. Jeder Endgegner hat mal als Gegner angefangen.“

„Der Endgegner von Doom tauchte aber plötzlich als Gegner bei Doom II auf.“

„Ja, siehst du. Weil das Endgegner-Leben nicht so einfach ist, wie man das gemeinhin immer so annimmt. Da stehen teilweise hammer Schicksale dahinter, die man ja nicht auf Anhieb so sieht. So blöd es klingt, aber auch Endgegner haben Gefühle.“

Hm. Ja. Natürlich. Männer haben ja auch Gefühle. Wäre nur schön, sie bünden es nicht jedem auf die Nase. Moment! Woher kommt eigentlich „auf die Nase binden“? Ich frage direkt meine Lektorin. Bei Facebook. Die Frau weiß alles. Glaubt sie selbst zwar nicht, wenn ich ihr das immer wieder sage, aber sie wird auch auf diese Frage eine Antwort wissen.

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Rot bin ich. Und ihre Antwort passt nur scheinbar nicht. (Gnasty Gnorc ist ein Endgegner, den sie auch schon besiegt hatte. Aus dem Spiel „Spyro the dragon“.) Denn ich schrieb ihr vorher:

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Die Frau ist so gütig mir gegenüber, der Leser macht sich keine Vorstellungen. Und sie hört sich den ganzen Tag lang so einen Müll an. Und derweil hat sie wirklich eine Antwort:

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Ob ihre Theorie stimmt, wissen wir nicht. Sie googelt es, während wir den Fortgang meiner Begegnung mit dem Endgegner weiter verfolgen, obwohl ich es viel lustiger finde, den Dialog mit meiner Lektorin, die ja auch eine sehr, sehr gute Freundin von mir ist, hier zu analysieren. Aber sie schweigt gerade ohnehin, ziehe ich mir also noch Weiteres zum Endgegner aus dem Arsch, wie man so vulgär dahinsagt. Ist das vulgär? Oder ist es ordinär? Frage ich das nun meine Lektorin? Ja, doch. Tue ich:

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Also ist das wie beim Quadarat, das immer ein Rechteck ist, aber nicht umgekehrt. Und das meinte ich: Die Frau weiß solche Dinge aus dem Effeff. Und sagt mir gerade, dass die Beziehung vulgär-ordinär eher kein Rechteck-Quadrat-Gedöns ist.

Woher kommt „Effeff“? Die Frage ist gemein. Denn man weiß offenbar nicht mehr um die genaue Herkunft. Aber ich schließe nicht aus, dass ausgerechnet meine Lektorin sie kennt – als einzige.

„Entschuldigung, Seppo?“, mischt sich gerade der Endgegner ein.

„Ja, bitte?“

„Wann geht es denn mit mir weiter? Also mit der eigentlichen Handlung?“

„Moment noch, ich muss hier noch was klären, geht gleich weiter.“

Also:

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Gut, das ist nicht die korrekte Antwort. Aber: Sie googelt nicht. Wenn ich sie etwas frage, antwortet auch sie – und nicht Google. Das gefällt mir sehr. Ich brauche kein Google. Ich frage sie.

So, es geht nun weiter mit der eigentlichen Geschichte. Wobei … Moooment … der Endgegner … wo isser hin?!

„Hallo?! Endgegner?! Wir könnten dann weitermachen!“

Nichts. Er ist weg. Blamabel für mich natürlich an dieser Stelle. Oder ist das schon so etwas wie ein Sieg über diesen Endgegner? Dass er einfach geht?! Kurios. Ist Frauke Petry ein Endgegner?

Update: Meine Lektorin lag durchaus richtig, was ihre Erklärung des „Effeffs“ angeht. 


Der Endgegner des Datenschutzes: Facebook