reihe

Es ist ein Unterschied, Herr Majowski, ob man zusammen bricht oder zusammenbricht. Wobei, im Dschungelcamp macht es keinen Unterschied …

Und damit sei der Leser bestens entkommen zu einem launigen Samstagabendartikel. An einem Samstagabend, den ich gewissermaßen als Strohwitwer und sehr bewusst zuhause verbringe. Ich verlebe selten derart gesunde Samstagabende; der Kontrast zum vergangenen Samstagabend könnte größer nicht sein.

Ein überschaubarer Teil der Menschheit nahm teil an meinem Brillenkauf im vergangenen Anfang Januars. Heute habe ich endlich meine reparierte Brille bei „Apollo“ abgeholt und traf abermals auf einen Brillenverkaufshandlanger, den ich einfach nicht verstehen konnte. Dabei fiel mir übrigens final auf, dass bei Apollo in Düsseldorf an der Ruinenmeile Schadowstraße ausschließlich junge Männer im Anzug arbeiten, die aussehen, als würden sie parallel nebenan im O2-„Shop“ aushelfen. Wobei die dort ja jetzt auf Hipster machen und keine Anzüge mehr tragen. Ich nehme alles zurück. Wie auch meine Brille.

Jener Verkäufer betrachtete die Dioptrien-Werte, die in meiner Apollo-Akte verzeichnet waren und wohl noch sind und er sagte:

„Sie sehen ja ohne Brille praktisch schlecht.“

Ich wusste gar nicht, was ich antworten sollte (war aber ja auch keine Frage). Zum einen sind minus 3,25 Dioptrien zwar nicht wenig, aber nun auch nicht ungewöhnlich viel. Zum anderen, was viel kurioser wiegt, wäre es doch ungewöhnlich, als Normalsehender eine Brille mit Stärke zu tragen. Wo, wenn nicht in einem Brilleng’schäfterl trifft man auf Menschen mit Sehbehinderung?!

„Darum trage ich ja die Brille“, parierte ich, worauf er allen Ernstes sagte:

„Achso.“

Habe ich womöglich seine feine Ironie nicht erkannt?! War ich einem Standardscherz von Brillenverkäufern aufgesessen?

Gestern Abend belauschte ich meine Mitbewohnerin beim Telefonieren. Sie reservierte in einem Restaurant einen Tisch und verbalisierte es so, wie ich es auch wider besseres Wissen gerne tue:

„Ich würde gerne für Mittwochabend einen Tisch bestellen …“

Ich ahnte schon, was ihr Telefongegenüber daraufhin gesagt hat. Das nämlich, was ich auch jedes Mal höre, bestelle ich einen Tisch:

„Gerne. Wohin dürfen wir ihn liefern?“

Ein Standardscherz, der aber gerne der Tischreservierungsannahmeangestellten vergönnt sei. Es ist ein Jammer, dass sowohl deren Job als auch ihr Gag im Zuge der zunehmenden Verbreitung von Online-Tischreservierungen bald wegfallen dürften.

An diesem „freien“ Abend stehe ich nun vor der Frage, wie ich ihn nutze. Bis vor einer halben Stunde war für mich klar, dass ich weder schreiben noch Sport treiben würde. Nun, das mit dem Schreiben hat sich offensichtlich anders entwickelt und sportbedingt rieche ich in diesem Moment nach Schweiß. Grundsätzlich nehme ich mir an Tagen wie diesen die Dinge vor, zu denen ich in der Woche nicht komme. Eskapismus steht dabei ganz oben auf der Liste und die modernen Medien, wie aber auch die alten, helfen dabei. Nur leider stehe ich wieder einmal vor einem Überangebot, was dazu führt, dass man letztlich vieles anfängt, nichts jedoch zu Ende bringt.

Zunächst stürzte ich mich auf ein Computerspiel. Berufsbedingt kann ich nun jederzeit gegen Geld Videospiele (Kennt jemand einen besseren Begriff?!) spielen, zuhause nenne ich das dann „Hausaufgaben“. Kenner von Shootern werden ein Leuchten in ihren Augen feststellen, wenn ich erwähne, dass ich „Duke Nukem 3D: 20th anniversary world tour“ angefangen habe, nur um dann zu überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre, mal wieder „Der Pate“ I bis III inklusive zu gucken. Entschied mich dann für „Casino“, nachdem ich vor einigen Wochen „Good Fellas“ halb geguckt hatte, als ich mich mit einem ähnlichen Überangebot konfrontiert gesehen habe. Casino habe ich bis eben nun auch geguckt, zur Hälfte. Diese sechs Filme halte ich nebenbei erwähnt für die besten. Es sind fünf, Seppo. Doch sobald ich einen alten Film anfange, überlege ich, ob ich in derselben Zeit nicht besser einen neuen gucken könnte. Also sah ich „Trumbo“ mit Bryan Cranston. Dieser Film, ganz gesehen!, hat mich nachdenklich gemacht, was die Vernunft der Menschen angeht und mir wurde schlagartig bewusst: Wenn die Amerikaner allen Ernstes nach dem Zweiten Weltkrieg über die Einrichtung von Internierungslagern nachgedacht haben (wobei nicht die architektonische Inneneinrichtung gemeint ist), dann ist es hierzulande erst Recht möglich, dass die AfD noch in diesem Jahr eine unangenehm starke Fraktion im Bundestag werden kann. Ich rechne damit, dass sie 20 Prozent bekommt und damit der SPD sehr nahekommt. Wie sehr man doch plötzlich das „Establishment“ zu schätzen lernt. Sich zurücksehnt! Wie toll doch die FDP war! Und sogar die „REP“! Harmlos! Ein Witz! Immerhin, die Amerikaner haben einen Mustervertreter des Establishments zum Präsidenten gemacht. Man sagt hier so leicht, die Amis seien ziemlich doof, zumindest die, die Trump gewählt haben. Aber die Deutschen sind kein Stück besser. Niemand. Die Polen nicht, die Italiener nicht, die Franzosen nicht, die Ungarn … ach, es ist ein Jammer. In Goebbels Augen sah man geradezu den Wahnsinn. Und nun stellt sich da ein Höcke hin, redet … dann sieht man seine Augen und kommt um diesen Vergleich nicht herum. Aber naja, Nazi-Vergleiche sind immer unangemessen und fliegen einem gerne um die Ohren. Auch in diesem Fall?

Das seppolog distanziert sich von Nazivergleichen aller Art. Wobei, warum eigentlich?! Man vergleicht ja in der Regel, um Unterschiede festzustellen. Man vergleicht gerade Äpfel mit Birnen!

Die AfD will die Arbeitslosenversicherung privatisieren. Was das bedeutet, kann man an der Privatisierung der Bundesbahn ablesen. Es bedeutet großes Unglück für die „Kunden“. Das Grundrecht auf Asyl wird zum Gnadenrecht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk will sie zum Staatsfunk machen. Es gibt einige Verirrte, die ja glauben, das von mir hochgeschätzte Öffentlich-Rechtliche (bei all seiner Ineffizienz, die solch riesigen Apparaten leider inhärent ist) sei Staatsfernsehen. Das ist albern, das ist so ein nachgeplappertes Klischee und jeder Politiker (beispielsweise der CSU, deren Vertreter das gut können), der schon einmal nach einem ihm unliebsamen Nachrichtenbeitrag in der entsprechenden Redaktion wütend angerufen hat, musste danach stets Abbitte leisten. Wir haben keinen Staatsfunk. Wer möchte, kann sich mal „Russia Today Deutsch“ antun. Da ginge die Reise hin, käme die AfD einmal an die Macht. In Zeiten von „fake news“, die ja nichts anderes als gute, alte Enten sind mit einem neuen Namen, ist das Öffentlich-Rechtliche wichtiger denn je. Auch wenn Jan Hofer die Nachrichten liest …

Aus verschiedenen Gründen waren meine Mitbewohnerin und ich nach der Brillenabholung bei „H&M“. Ich bin ja Markenfetischist. Nun geht ein Raunen durch die nachhaltige Leserschaft, aber ich habe ja nicht gesagt, um welche Marken es sich handelt. Es könnten ja auch günstige Eigenmarken sein. Wobei, „günstig“? Das klingt wieder nach Kinderarbeit und Rohstoffverschwendung. Wie man es macht, man macht es falsch. Nun, bei mir sind es Marken der, ich würde mal sagen, Mittelklasse. Nichts Hochpreisiges, aber ich würde weißgott auch keine Hose für zehn Euro tragen. Da kann man sich nun fürstlich dran abarbeiten, ändern tut es nichts. Bei H&M kam ich allerdings auf die Idee, nachdem ich orientierungslos in der Damen-Unterwäscheabteilung über einem Ständer hing, mich nach einer Art Mantel umzusehen. Seit Wochen trage ich meine Übergangsjacke, da ich Angst hatte, wie immer den Übergang zu verpassen. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass der schon lange hinter uns liegt, da ich permanent friere. Meine Winterjacke allerdings ist für Temperaturen ab minus zehn Grad abwärts gemacht, also viel zu warm. So schlug ich meiner Mitbewohnerin vor:

„So ein Mantel … also so ein moderner Mantel, der könnte mich doch optimal klimatisieren, oder?“

„Du willst hier nach einem Mantel suchen? Willst du mir das damit sagen?“

„Ja. Wo muss ich nun hin?“

Ich sah nur string tangas und überlegte, dass Männer vielleicht ganz oben im Obergeschoss bedient werden. Also suchte ich, nachdem ich „ladies this way“ gelesen hatte, nach „gentlemen this way“. So schildern sie den H&M aus. Die sind da ganz international. Gibt auch keine Umkleiden, es gibt „fitting rooms“. Die erkennt man aber auch ohne Beschilderung ganz einfach an den langen Schlangen vor ihnen.

Also fuhren wir mit der Rolltreppe, an der ich natürlich einen „gewischt“ bekam, nach ganz oben.

„Das wirkt alles sehr klein auf mich“, bemerkte ich, um im Abgang zu realisieren, dass wir uns in der „Kids“-Abteilung befanden.

„Mich dünkt, es gibt hier keine Männerecke“, deduzierte ich schlau wie Nick Knatterton und wieder einmal fühlte ich mich bestätigt, dass H&M einfach nichts für mich ist.

„Warum schreiben sie es nicht draußen dran, dass es nur für Euch ist?!“, fragte ich draußen, während ich die 14-jährigen Nachwuchsschlampen beoba … nein, das kann ich so nicht schreiben …, während ich die 14-jährigen Mädels beobachtete, die in den Ladies-Only-Laden strömten. Man erkennt sie heute daran, dass sie alle aussehen wie 17 und sich kleiden wie … naja. Das ist der Lauf der Dinge. Meine Eltern hatten sich vor 25 Jahren auch schon über die Wahl meiner Kleider beklagt … Ich klage hier über fehlamplatze Übergangsjacken, während die bauchfrei durch Düsseldorf flanieren … mit Hosen, die unterhalb des Knies und oberhalb des Knöchels haltmachen … Es soll mir egal sein. Es gibt ja genug Trends, die ich auch mitmache.

Der Bart. Der ist ja nach wie vor Trend, glaube ich. Ich muss aufpassen, dass ich den Gegentrend nicht verpasse und ihn zu lange trage. Wie sähe das denn aus!?

„Ich schneide ihn dir jederzeit gerne ab!“, sagte meine Mitbewohnerin. Sagt sie ja oft. Sie ist noch immer nicht ganz von ihm überzeugt. Wollte sie heute zärtlich küssen, als wir auf die Bahn warteten. Das wurde ein unromantischer Akt, da zwei Dinge sich ereigneten, eine Reihe betrüblicher Ereignisse, könnte man sagen. Zum einen verschmierte ich ihr Gesicht mit meiner Pomade. Das kennt und hasst sie ja schon. Nur war das Hängenbleiben eines herausstehenden Barthaares in ihrem Jackenreißverschluss heute ein Novum. Da wollte ich mich gerade routiniert von ihrem Gesicht wieder entfernen, da blieb ich bereits auf halben Wege hängen und jauchzte auf.

„Was machst du denn da?!“, fragte sie leicht gereizt.

„Ich hänge.“

„Wie, du hängst?!“

„Ich hänge an irgendetwas fest. An deinem Reißverschluss.“

„Die Leute gucken schon.“

„Wir sind sicher nicht die ersten, die in eine solche Lage geraten sind.“

„Da bin ich mir unsicher.“

„Was ist zu tun?“

„Du opferst jetzt einfach dieses eine Haar.“

„Nein. Wehret den Anfängen. Erst ist es nur ein Haar, morgen dann ist der ganze Bart … au!“

Meine Mitbewohnerin ist einen entschiedenen Schritt zurückgegangen und hat uns damit aus der misslichen Lage befreit.

Heute schläft sie auswärtig, was aber nicht im Zusammenhang mit dem betrüblichen Ereignis steht, was ja auch eine Überreaktion wäre. Es ist nun zehn Uhr, ich suche mir nun ein weiteres Überangebot. Würde ja gerne lesen. Aber Lesen tut zur Zeit weh, da die Presse gefühlt ausschließlich über Trump berichtet. Und dabei wird mir jedes Mal aufs Neue schlecht.


Dann lies halt nicht. Facebook-Seite.