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Dem seppolog ist ein beachtenswerter Coup gelungen. Bereits am Wochenende sickerte in der deutschen Medienlandschaft durch, dass das seppolog in Besitz der „Zontibur-Protokolle“ gelangt ist. Man möge mir verzeihen, dass ich mich bis zum heutigen Tage in dieser Frage bedeckt gehalten habe, da die Veröffentlichung der Zontibur-Protokolle eines sensiblen und geduldigen Händchens bedarf. Und damit ist sie bei mir in – naja, besten Händen eben.

Wir erinnern uns der Hitler-Tagebücher, in die indiskret der „Stern“ einen Blick geworfen hatte und damit seine Auflage in die Höhe trieb, langfristig sich jedoch eher geschadet hat, obwohl er einmal pro Sommer mit einem „Mallorca“-Titel am Kiosk punktet, wie es im Mediensprech zu heißen pflegt: Magazine „punkten“ oder „enttäuschen“ mit bestimmten Titeln stets „am Kiosk„. „Der Spiegel“ punktet gerne mit einem Adolf Hitler auf dem Cover am Kiosk, weil die Leute offenbar alles kaufen, auf dem Adolf Hitler abgebildet ist. Eine Studie hat ergeben, dass Hakenkreuz-Flaggen sich dreimal so gut verkaufen, sobald Adolf Hitler darauf abgebildet ist. Umgekehrt gilt jedoch nicht, dass sich Adolf Hitler-Banner dreimal so gut verkaufen, wenn ein Hakenkreuz darauf abgebildet ist.

Wir bleiben bei diesem Thema, denn inzwischen dürfte jeder Deutsche wissen, worum es in den Zontibur-Protokollen (auch) geht. Zontibur war Historiker, dessen Nachname nicht überliefert ist, womit Zontibur bewies, dass er in Sachen Ego-Historie ein Voll-Versager war. Oder: ein Genie in Sachen Selbstvermarktung. Etwa wie ich. Heiße ja auch nur „Seppo“. Und er eben nur „Zontibur“.

Zontibur war nach dem Zweiten Weltkrieg einer der bekanntesten Nazi-Jäger in Deutschland, der nicht einen Nazi aufgespürt hat. Doch es zählt ja der Gedanke. Ob der Nazi-Vergangenheit seines eigenen Nachbarn jedoch bleiben Zweifel an seiner Fähigkeit, Nazis aufspüren zu können.

Doch angesichts seiner Entdeckung, die hier erstmals an die Öffentlichkeit kommt, verblassen Zontiburs bisherige Leistungen. Bereits in den 1970er-Jahren gab es innerhalb der RAF-Szene erste Gerüchte darüber, dass Zontibur, der sich nicht immer eindeutig von der RAF distanziert hatte, über Wissen darüber verfüge, woher die Nazis stammten. Dieses habe er bereits 1951 niedergeschrieben, jedoch nie veröffentlicht. Nach seinem Tode 1993 wurde es zunächst laut, dann still um die Zontibur-Protokolle, die mir von den Zontibur-Erben zugespielt wurden und die ich im Folgenden häppchenweise veröffentliche, allerdings lediglich in kommentierter Form, weil das bei „Mein Kampf“ zuletzt schon so gut ankam.

 

Es ist der 12. März 1949, als Zontibur mit einem Universitätskollegen in einer Notunterkunft sein letztes Hemd verpokert. Zontibur ist jüdischer Abstammung und hat somit nicht das beste Verhältnis zu den Nazis, die wenige Jahre zuvor aufgrund einer unerträglichen Ideologie große Teile der Welt in Schutt und Asche gelegt hatten. Es scheint ein ganz normaler Nachkriegsabend für Zontibur zu sein, als sein Kollege Algon Albersloh, ebenfalls Professor an Zontiburs Institut, sich für einen Moment entschuldigt.

Albersloh tritt also kurz aus, denkt Zontibur, doch als dieser nach wenigen Minuten markerschütternde Schreie aus dem Waschraum vernimmt, wird er skeptisch:

Algon schreit in der Nasszelle. Großer Gott, denke ich, was ist da los?! Ich stürze ihn rufend in das Treppenhaus, hämmere an die Tür der Nasszelle und frage, was Anstoß der Schreie sei. Zu meiner Erleichterung antwortet Albersloh mir:

„Zontibur! Das musst du sehen! Ich dachte erst, ich hätte einen Darmverschluss! Aber es ist, ich weiß nicht … viel schlimmer!“

„Algon! Was zur Hölle …“

Algon gewährt mir Zutritt, steht da in heruntergelassener Hose und stiert in die Porzellanschüssel. Ungläubig. Gebannt.

„Algon, soll ich mir jetzt angucken, was du geleistet hast?! Bist du denn von Sinnen?!“

„Zontibur! Sieh, was aus meinem Darm kam!“

Also blicke ich in die Schüssel und kann es nicht fassen. Und ich weiß, dass es die Entdeckung des Jahrhunderts ist, die Entdeckung des gerade neu erwachenden Deutschlands.

Die jedoch erst jetzt, Jahrzehnte später, an die Öffentlichkeit gelangt, denn die britischen Besatzer verhinderten um jeden Preis, dass diese Entdeckung publik wurde. In den Zontibur-Protokollen findet sich ein Dialog zwischen Zontibur und Konrad Adenauer:

Ich berichte dem frisch gewählten Bundeskanzler von meiner Entdeckung. Doch er wiegelt ab: „Zontibur, Ihnen muss klar sein, dass viele Deutsche nach wie vor Nazis sind. Nur ist es etwas ungünstig, das derzeit zuzugeben. Aber diese Ihre Entdeckung kann die noch junge Bundesrepublik weit zurückwerfen! Und die Briten sind alles andere als begeistert davon. Wenn das rauskommt, war es das mit ihrem Plan der Deindustrialisierung!“

„Konny, noch in 70 Jahren wird dieses Land von Nazis bevölkert sein. Wenn die künftigen Menschen wissen, woher die Nazi-Brut kommt, bekommt diese ein massives Image-Problem. Niemand würde jemals noch zugeben wollen, Nazi zu sein!“

Es folgt ein fast 1.000-seitiger Briefwechsel zwischen dem Historiker und dem Bundeskanzler, der später einmal sagen wird: „Die Zontibur-Protokolle sind eine Erfindung der Kommunisten!“

Es ist dieser Ausspruch, der Zontibur als Historiker ins Grab befördern soll. Einst ein angesehener Wissenschaftler, nun ein in Ungnade gestürzter Scharlatan? Bloß ein Wichtigtuer?!

Zontibur selber schweigt seine Entdeckung jahrelang tot, bis er sie an seinem Lebensabend erneut aufschreibt: Es ist die „zweite Garnitur der Zontibur-Protokolle“, deren Original bislang bei der dritten Generation der RAF vermutet wurde, die sich aber ebenfalls in den Händen des seppologs befindet. Nicht die RAF, um Gottes willen, nein, die zweite Garnitur der Zontibur-Protokolle.

Ich bitte Albersloh, seine Hosen hochzuziehen und überwinde mich, in die Kloschüssel zu blicken. In Erwartungen eines braunen Haufens Scheiße sehe ich genau das nicht – oder exakt doch das: einen Nationalsozialisten, der mich umgehend begrüßt:

„Heil Hitler!“

Völlig überfordert und noch in alten Mustern gefangen, die ich mir während meiner Flucht vor den Nazis angeeignet hatte, antworte ich: „Sieg heil!“

Albersloh und ich sehen uns an. Ich frage das, was ein Wissenschaftler fragen muss:

„Nazis werden ausgeschissen?!“

Und tatsächlich kann Zontibur während seiner weiteren Forschung seine Beobachtung belegen: Nazis sind ein brauner Haufen Scheiße. Das wiederum stellte ihn vor ein Problem:

Bislang war ich immer der Meinung, dass ich lieber von einem Haufen Scheiße regiert werden würde als von Nazis. Jetzt stelle ich fest, dass Nazis und Scheiße dasselbe sind!

Das seppolog wird in den nächsten Tagen weitere Ausschnitte kommentiert aus den Zontibur-Protokollen veröffentlichen. Das mediale Sommerloch darf damit als geschlossen gelten, die Olympischen Spiele als in den Schatten gestellt.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster bedanken, die mir bei der Aufarbeitung der Zontibur-Protokolle mehr als ein Jahr lang hilfreich zur Seite stand. Mir zu Ehren, das darf ich verraten, wird das neue Audimax in Münster meinen Namen tragen. Das „Sebastian Flotho-Auditorium Maximum“. Vielen Dank dafür, verehrte Alma Mater.


SBAaufgepeppt

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