gnom

„Was macht eigentlich … ?“ ist der Name einer Rubrik, die gefühlt jede Zeitung schon einmal bestückte, meist auf der letzten Seite. Auch das seppolog möchte ab sofort nicht mehr ohne diese Rubrik auskommen, zumal immer mehr Leser mit der Frage „Was macht eigentlich der Gnom?“ an mich herangetreten sind. Denn Hardcore-Fans erinnern sich des Türstopper-Gnoms aus dem vergangenen Jahr.

Nun sitzt er wieder bei uns in der Küche, da Weihnachten hier zum ersten Advent offiziell gestartet worden ist: Die Weihnachtsdeko wurde aus dem Keller geholt und auch meine Mitbewohnerin fragte irgendwann:

„Was macht eigentlich der Gnom außerhalb der Weihnachtszeit?“, also die elf Zwölftel des Jahres, wo er uns nicht im alltäglichen Treiben zusieht.

Auch in diesem Moment sitzt er hinter mir, schaut mir über die Schulter beim Tippen. Ich frage ihn:

Du weißt schon, dass du nichts siehst, weil du entweder gar keine Augen hast oder diese zumindest von deiner Mütze bedeckt sind?!

Ich bin ein Gnom. Ich sehe alles.

Du hast elf Monate lang in einer Kiste gesessen. In einem relativ feuchten Keller. Ohne Reize von außen. Wird man da nicht wahnsinnig?

Das stimmt so nicht. Es gab Reize von außen. Jeden Abend beispielsweise konnte ich hören, wie Euer Nachbar Herr Fahrgescheit zum Rauchen in den Keller kommt.

Er raucht im Keller?! 

Vermutlich darf er nicht in der Wohnung rauchen und wird von seiner Frau in den Keller geschickt.

Meine Mitbewohnerin klagte letztens über Uringeruch im Keller. Sie mutmaßte, ein Obdachloser habe dort Unterschlupf und Abort gesucht. Kannst du etwas darüber sagen?

Auch Gnome urinieren.

Du sitzt nun wieder seit drei Tagen wieder bei uns in der Küche. Was beobachtest du so?

Vor allem fällt mir auf, dass du nach dem Zubettgehen stets in die Küche zurückkommst, um etwas zu essen.

Sex macht mich hungrig. Es ist schlimm.

Das gehört zur Triebbefriedigung. Wenn der eine Trieb befriedigt ist, wollen dies auch andere Triebe, in deinem Fall Hunger, sein. Manch einer raucht nach dem Sex. Das ist vergleichbar mit dem Rauchen nach dem Essen. Das Suchtzentrum des menschlichen Gehirns will mehr. Das ist ein ganz einfacher Mechanismus, der aber nur schwer zu durchbrechen ist.

Was erlebst du noch?

Dass du permanent die Küche putzt. In dem Ausmaß, wie du sie putzt, verdreckst du sie aber auch wieder. Wenn du Milchtüten öffnest, landet ein Teil der Milch, bevor du sie überhaupt einschenkst, auf der Arbeitsplatte.

Das ist den nicht zuende gedachten Verschlüssen der Milchpackungen geschuldet. Treibt mich immer wieder in den Wahnsinn.

Wenn du Ei brätst, landet mindestens ein halbes von fünf Eiern neben der Pfanne, sodass es sich im Ceran-Feld einbrennt. Warum eigentlich gleich fünf Eier?!

Das kannst du nicht wissen: Während du im Keller warst, habe ich mit dem Kraftsport angefangen. Da ich keine Proteinshakes trinken will, mache ich es mit Eiern. Muskelaufbau und so.

Was spricht gegen Proteinshakes?

Nicht so einfach. Die bedürfen in Deutschland kaum einer Zulassung. Die meisten Produkte sind gestreckt. Es gibt Muskelaufbaupräparate, von denen eine Portion die Wirkung von 14 Tassen Kaffees hat! Die dürfen an Kinder verkauft werden. Das kann zu Herzrhythmusstörungen bis hin zum Tode führen. Da lasse ich die Finger von.

Ich als Gnom weiß: Du wirst sie irgendwann ausprobieren.

Das ist gut möglich. Weiter, was siehst du noch?

Ich sehe zum Beispiel keinen Rauchmelder in eurer Küche.

Ja. Das hat mich auch gewundert. Gestern wurden sie in unserer Wohnung montiert. Ich fragte den Handwerker, warum kein Rauchmelder in die Küche kommt, wo es doch dort am ehesten brennt. Er sagte mir, dass es bei den Rauchmeldern darum ginge, schlafende Bewohner im Brandfalle vor allem vor dem Erstickungstod zu bewahren. Es geht nicht primär darum, die Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Brennt es in unserer Küche, werden wir erst gewarnt, wenn der Rauch den Feuermelder im Flur erreicht hat, die Küche also schon nicht mehr zu retten ist.

Ich sitze also in einer Küche, die ihr schon aufgegeben habt. Da fühlte ich mich im Keller aber sicherer.

Sorg dich nicht, im Adventskalender meiner Mitbewohnerin ist am 1. Dezember ein Rauchmelder. 

Das verrätst du hier schon?

Sie weiß das bereits, da er gestern Abend zu piepen anfing. Frag mich nicht, warum. Es piepte plötzlich und meine Mitbewohnerin glaubte, es sei die erste Fehlfunktion unseres Feuermelders im Schlafzimmer. Dann bemerkte sie, dass das Fiepen aus der Küche kommt, wo ihr Adventskalender hängt. „Ist da etwa ein Feuermelder in meinem Kalender?!“, fragte sie mich. Ich verneinte, bat sie, die Küche zu verlassen und nahm die Batterien aus dem Teil. Sie versprach mir, am 1. Dezember überrascht zu tun, wenn sie den Feuermelder auspackt.

Und wenn du nun den Feuermelder in ein späteres Türchen beziehungsweise Säckchen packst?

Das geht nicht. Stell dir vor, es brennt am 2. Dezember und wir bringen den Feuermelder erst am 3. in der Küche an! Das würde ich mir ewig vorwerfen!

Was ich hier nicht sehe, ist ein Adventskranz.

Der steht im Wohnzimmer.

Wie ich dich einschätze, ist es ein feuerfester.

Den hatten wir bis letztes Jahr. Er war feuerfest, aber auch sehr, sehr geschmacklos. Dieses Jahr sind es einfach nur vier Kerzen in einer Porzellanschale mit Deko drumherum, die leicht Feuer fängt. Ich bin also sehr nervös, seit die erste Kerze brennt. An sich lehne ich offenes Feuer in Wohnungen strikt ab. Es hat dort nichts zu suchen. Ich kenne Leute, die bestücken ihren Baum nach wie vor mit Wachskerzen! Wie leichtsinnig. Sobald ein Baum brennt, hat man keinerlei Chance mehr! Nebenbei: Bist du eigentlich Weihnachtsfan?

Ich bin ein Weihnachtsgnom. Somit ist Weihnachten mein Beruf. Was aber leider völlig untergeht, ist die Tatsache, dass ich ein Türstopper bin. An sich müsste ich hinter irgendeiner Tür stehen. Stattdessen setzt ihr mich auf eine Dekokiste.

Wir stoppen eben keine Türen. Ich verstehe den Zweck nicht.

Was geschieht eigentlich in dieser Küche, während ich hier nicht sitze?

In diesem Jahr hast du nicht viel verpasst. Ich saß oft an diesem Tisch und starrte ins Leere, weil ich in eine Situation geraten war, die ich ab Januar hier im Blog endlich breittreten kann. Ansonsten alles wie gehabt.

Du hast einen neuen Job, habe ich gehört.

Wer hat dir das verraten?

Der andere Gnom, der im Flur. Der hat Zugang zu der Post, die du dort immer ablegst.

Sind Gnome sehr neugierig?

Da wir nur so dasitzen können, saugen wir alles an Ablenkung auf. Ich habe auch mitbekommen, dass dir letzte Nacht die Galle hochgekommen ist.

Achja, das war ein erstaunliches Erlebnis. Ich wurde auf der Seite liegend wach. Plötzlich schoss etwas aus meinem Magen hoch in den Mundraum und ich war froh, es noch aufhalten zu können. Man nennt das irgendwie „Reflux“. Magensäure, die hochschießt, weil man entweder zu sauer gegessen  …

… oder ein Magengeschwür hat.

Ja. Ich will es nicht überbewerten. Ich esse vielleicht etwas rücksichtslos. Das ist womöglich schon eine erste Alterserscheinung. Ich war auf jeden Fall ziemlich erschrocken. Das war schon ’ne Nummer härter als übliches Sodbrennen.

Darum warst du auch hier in der Küche und hast Natron getrunken.

Ja. Das hilft immer und sofort. Aber ich warne: Zu viel Natron kann einen unangenehmen Effekt haben. Du kommst dann vom Klo nicht mehr runter. Ich weiß das, weil ich ja lebe nach dem Motto „Viel hilft viel“. Bei Natron stimmt das nicht.

Wirst du nun zum Arzt gehen?

Nein. Weil mir einmal die Suppe hochgekommen ist?! Man sagt ja, das habe auch viel mit Stress zu tun. Ich durchlebte durchaus eine dezente Extremsituation, die sich nun beruhigt hat. Vielleicht sind das noch Nachwehen dieser. Ich werde mir Weihnachten sicherlich nicht durch ein Loch in der Magenwand versauen lassen. Ich neige auch nicht unbedingt dazu, körperlich auf Stress zu reagieren.

Sieht man von deinem Hörsturz einmal ab.

Achja. Und vom Tinnitus.

Diese Besinnlichkeit zu Weihnachten bei dir, die ist schon etwas krampfhaft, oder?

Ja, natürlich. Aber sie ist echt. Beim Laufen höre ich seit gestern nur noch Weihnachtsmusik. Habe mir so ein kurioses Weihnachtsalbum aus dem Jahre 1978 runtergeladen. Ich erwische mich beim Laufen nun dabei, wie ich Weihnachtslieder mitsumme.

Du hast somit keinen Stress mehr?

Nicht mehr als andere Menschen auch. Das will ich nicht zu hoch hängen. Einige Aktivitäten werde ich aber demnächst herunterfahren. Beispielsweise habe ich mein Laufpensum kommende Woche für dieses Jahr erfüllt. Bis zum Rest des Jahres werde ich nicht mehr laufen müssen. Und den Blog lasse ich im Dezember ruhen, da ich es selbst nicht mehr ertrage, börsentäglich etwas schreiben zu müssen. Ich werde mich um andere Dinge kümmern, die bislang zu kurz gekommen sind.

Um Menschen?

Hahahahaa, ich bitte dich.

 


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Die UN hat den Begriff „Mensch“ neu definiert. Diese Definition, die am 5. Dezember in Kraft tritt, erläutere ich auf meiner Facebook-Seite.